Rz. 86

§ 8c Abs. 1 S. 2 KStG dehnt den Tatbestand der Vorschrift auf den Fall aus, dass nicht eine einzelne Person (einschließlich der ihr nahestehenden Personen) als Erwerber an dem schädlichen Anteilserwerb beteiligt ist, sondern eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen. Dadurch sollen Umgehungen der Vorschrift verhindert werden, bei denen mehrere Personen gemeinsam Anteile von z. B. jeweils 50 % oder weniger erwerben und somit einzeln den Tatbestand des § 8c KStG nicht auslösen würden.

 

Rz. 86a

Nach dem Wortlaut der Vorschrift gelten Personen mit gleichgerichteten Interessen als "ein" Erwerber. Das Gesetz lässt offen, wer dann Erwerber ist, die Gruppe als Ganzes (die aber als solche kein Rechtssubjekt ist) oder ein Mitglied der Gruppe, dem die anderen Erwerbe zuzurechnen sind. Beide Konstruktionen sind m. E. rechtlich nicht möglich. Allerdings ist eine Bestimmung, wer im Rechtssinne "Erwerber" ist, auch nicht notwendig, da die Rechtsfolgen auf der Ebene der Gesellschaft, nicht der Erwerber, eintreten.

 

Rz. 86b

Aus der Einordnung der Erwerbergruppe als "ein" Erwerber folgt, dass Verschiebungen der Beteiligungsverhältnisse innerhalb dieser Personengruppe nicht zur Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG führen können.[1] Wenn es sich nur um "einen" Erwerber handelt, können Anteilsübertragungen innerhalb dieses "einen" Erwerbers nicht schädlich sein. Es ist also vorab die grundlegende Entscheidung zu treffen, ob jede der Personen als "ein" Erwerber angesehen wird, mit der Folge, dass Erwerbe anderer Personen nicht hinzugerechnet werden können, oder ob die Personengruppe als "ein" Erwerber angesehen wird, sodass die Anteilsübertragungen auf diese Personen zusammengefasst werden, aber Anteilsübertragungen innerhalb der Personengruppe nicht zählen.[2] Jedenfalls dann, wenn § 8c Abs. 1 KStG auf eine "Erwerbergruppe" angewandt wurde, kann in Zukunft eine Übertragung von Anteilen innerhalb dieser Erwerbergruppe nicht erneut zur Anwendung der Vorschrift führen, z. B. wegen seit dem Erwerb neu entstandener Verluste.[3] Die Finanzverwaltung wird dies aber voraussichtlich anders sehen.

 

Rz. 86c

Da eine Erwerbergruppe als "ein" Erwerber angesehen wird, kann derselbe Erwerb innerhalb einer Erwerbergruppe sowohl zu einem unmittelbaren als auch einem mittelbaren Erwerb führen.

 
Praxis-Beispiel

(1) Die A-AG ist zu 80 % an der X-GmbH beteiligt. Die X-GmbH erwirbt 60 % an der Verluste ausweisenden Y-GmbH. Für die X-GmbH liegt ein unmittelbarer Erwerb, für die A-AG ein mittelbarer Erwerb vor, wenn beide Gesellschaften eine Erwerbergruppe bilden.

(2) Die A-AG spaltet 30 % der Verlustgesellschaft X-GmbH auf die B-GmbH ab und erhält dafür 84 % der Anteile an der B-GmbH.[4] In diesem Fall hat die B-GmbH unmittelbar 30 % der Anteile an der X-GmbH erworben, die A-AG über die Beteiligung an der B-GmbH mittelbar rd. 25 %. Da auch die Umwandlung einer unmittelbaren Beteiligung in eine mittelbare unter § 8c Abs. 1 KStG fällt, läge ein Erwerb von rd. 55 % vor, wenn die A-AG und die B-GmbH eine Erwerbergruppe bildeten und ein unmittelbarer mit einem mittelbaren Erwerb zusammenzurechnen wäre.

 

Rz. 86d

Führt der gleiche Vorgang zu einem unmittelbaren und zu einem mittelbaren Erwerb, ist sowohl für den unmittelbaren als auch für den mittelbaren Erwerb zu prüfen, ob der Tatbestand des § 8c Abs. 1 KStG erfüllt ist; danach sind die am weitesten gehenden Rechtsfolgen zu ziehen. Da es sich jedoch um einen einzigen Vorgang handelt, dürfen die beiden Erwerbe nicht zusammengerechnet werden, da sonst der gleiche Vorgang doppelt berücksichtigt wird. Im Ergebnis wird sich dann der Untergang der Verlustvorträge nach dem unmittelbaren Erwerb richten[5], da der Beteiligungsprozentsatz für den mittelbaren Erwerb nur niedriger oder gleich hoch, nicht aber höher als der des unmittelbaren Erwerbs sein kann.

In Beispiel 2 in Rz. 86c liegt daher nur ein schädlicher unmittelbarer Beteiligungserwerb von 30 % vor, nicht ein solcher (zusammengefasst) von 55 %. Das Ergebnis ist auch deshalb richtig, weil die Übertragung von 30 % der Anteile nicht zu einem Beteiligungserwerb von 55 % führen kann. Es ist vielmehr nur auf den unmittelbaren Beteiligungserwerb abzustellen.

 

Rz. 86e

Aus den gleichen Gründen können mehrere Erwerbe innerhalb der Erwerbergruppe, die innerhalb der 5-Jahres-Frist erfolgen, nicht zusammengerechnet werden, wenn dieselben Anteile betroffen sind.[6]

 
Praxis-Beispiel

Die X-GmbH und die Y-GmbH, die jeweils zu 95 % Organgesellschaften der A-AG sind, erwerben im Jahr 01 jeweils 25 % der Anteile an der Verluste ausweisenden Z-GmbH. Im Jahr 04 übertragen beide Organgesellschaften die Beteiligungen auf die A-AG.

Da die 3 Gesellschaften eine "Erwerbergruppe" bilden, liegt im Jahr 01 ein schädlicher Beteiligungserwerb von 45 % vor. Fraglich können aber die Folgen der Übertragung im Jahr 04 sein. Nach Ansicht der Finanzverwaltung[7] liegt ein weiterer schädlicher Beteiligungserwerb i. H. v. 45 % vor, sodass keine Verluste untergehen würden (nach der hier vertrete...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge