Rz. 78

§ 8c Abs. 1 KStG beschränkt die Rechtsfolgen nicht auf das Verbot des Verlustabzugs gem. § 10d EStG, sondern umfasst auch das Verbot, vom Beginn des Wirtschaftsjahrs bis zum Zeitpunkt des schädlichen Anteilserwerbs (d. h. des Zeitpunkts, zu dem derjenige Anteil übergeht, mit dem die 50-%-Grenze überschritten wird) entstandene Verluste mit von diesem Zeitpunkt bis zum Schluss des Wirtschaftsjahrs entstandenen Gewinnen auszugleichen.[1] Damit wird der horizontale Verlustausgleich bei Körperschaften eingeschränkt.[2]

 

Rz. 78a

Dagegen bleiben nach diesem Zeitpunkt entstandene Verluste ausgleichsfähig, da § 8c Abs. 1 KStG nur Verluste betrifft, die vor dem schädlichen Beteiligungserwerb angefallen sind, nicht später entstandene Verluste. Nach dem schädlichen Anteilserwerb entstandene Verluste können also mit bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Gewinnen ausgeglichen werden.

 

Rz. 78b

Fraglich ist, ob ein bis zum schädlichen Beteiligungserwerb entstandener Verlust nach § 10d EStG auf das Vorjahr zurückgetragen werden kann. Die Finanzverwaltung macht in ihrem BMF-Schreiben anders als in dem vorherigen Schreiben nunmehr keine Aussage zu diesem Thema.[3] Bei einer formalen Auslegung des Gesetzes wäre dieser Ansicht zuzustimmen. Der Verlust entsteht nicht im Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs, sondern erst mit Ende des Wirtschaftsjahrs. In diesem Zeitpunkt, der nach dem schädlichen Beteiligungserwerb liegt, ist der Verlust unabziehbar geworden, der Verlustabzug nach § 10d EStG, und damit auch der Verlustrücktrag, ausgeschlossen. Das Gesetz sagt, insoweit eindeutig, dass bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgenutzte Verluste unabziehbar werden, also auch nicht mehr zurückgetragen werden können. Möglich wäre es nur, das Wirtschaftsjahr auf den Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs enden zu lassen ("Mitternachtsfälle").[4]

 

Rz. 78c

Nach dem Zweck des Gesetzes ist der Ausschluss der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Verluste vom Verlustrücktrag nicht erforderlich. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Veräußerer die Verluste getragen; werden sie zurückgetragen, tritt kein Wechsel in der Berechtigung zur Verlustnutzung ein. M. E. ist es daher gerechtfertigt, den Verlustrücktrag im Wege der teleologischen Reduktion insoweit zuzulassen.[5]

 

Rz. 78d

Fraglich war, ob bis zum schädlichen Beteiligungserwerb entstandene Gewinne mit den zum Schluss des vorgegangenen Wirtschaftsjahrs festgestellten Verlusten ausgeglichen werden können. Der BFH hat dies bejaht[6]; er hat es dabei nicht für entscheidend erachtet, dass unterjährig kein "Gewinn" entstanden ist, da dieser erst zum Ende des Wirtschaftsjahrs entsteht. Zu diesem Zeitpunkt wäre der Tatbestand des § 8c Abs. 1 KStG aber bereits verwirklicht. Entscheidend war, dass das Gesetz den unterjährig entstandenen Verlust in die Abzugsbeschränkung einbezogen hat.[7] Die Rspr. geht hier über die gesetzliche Regelung hinaus, da § 8c Abs. 1 KStG für den unterjährig erzielten Verlust eine Rechtsgrundlage enthält, für den unterjährig erzielten Gewinn aber nicht. Das Gesetz bestimmt ausdrücklich, dass bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste ganz oder anteilig untergehen. Die Verlustnutzung kann aber nur am Ende des Wirtschaftsjahrs durch einen dann entstandenen Gewinn erfolgen. Die Sonderregelung für bis zur unterjährigen Tatbestandsverwirklichung entstandene Verluste kann m. E. mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht auf Gewinne ausgedehnt werden. Der BFH sieht hier jedoch eine Lücke, die er nach dem Zweck der Vorschrift ausfüllt. Der Zweck bestehe darin, den Wechsel der wirtschaftlichen Identität durch den Beteiligungserwerb zu berücksichtigen. Unterjährig bis zur Anteilsübertragung erzielte Gewinne seien aber dem bis zum Beteiligungserwerb bestehenden wirtschaftlichen Engagement zuzuordnen. Daher seien diese in die Bemessung der bis zu dem schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste einzubeziehen. Daraus ergeben sich folgende Fallgestaltungen:

 
Praxis-Beispiel

Der schädliche Beteiligungserwerb von mehr als 50 % ist zum 1.7.18 eingetreten (Wirtschaftsjahr gleich Kj.).

(1) In dem Zeitraum 1.1.18-30.6.18 ist ein Verlust entstanden, in dem Zeitraum 1.7.18-31.12.18 dagegen ein Gewinn. Der Verlust verfällt; eine Verrechnung mit dem ab 1.7.18 entstandenen Gewinn ist nicht möglich.[8]

(2) In dem Zeitraum 1.1.18–30.6.18 ist ein Gewinn entstanden, in dem Zeitraum 1.7.18–31.12.18 dagegen ein Verlust. Der Verlust kann in vollem Umfang mit dem im Zeitraum 1.1.18–30.6.18 angefallenen Gewinn ausgeglichen werden, da die Verlustabzugsbeschränkung für einen nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandenen Verlust nicht gilt.

(3) In dem Zeitraum 1.1.18–30.6.18 ist ein Gewinn entstanden. Zum 31.12.17 war ein Verlustvortrag vorhanden. Der Verlustvortrag kann nach der Rspr.[9] mit dem bis zur schädlichen Anteilsübertragung entstandenen Gewinn ausgeglichen werden.

 

Rz. 78e

Die Ansicht des BFH[10] macht Gestaltungen, die darin bes...

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