Rz. 519

Sind die Einkünfte aus einer Beteiligung nicht im Einkommen enthalten, fragt sich, wie damit zusammenhängende Betriebsausgaben steuerlich zu behandeln sind. Grundsätzlich regelt § 3c EStG, dass Betriebsausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, steuerlich nicht abgezogen werden dürfen. Diese Regelung wirft aber mehr Fragen auf als sie beantwortet; insbesondere fragt sich, was ein "unmittelbarer wirtschaftlicher" Zusammenhang ist, und wann die Ausgaben in einem solchen Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen stehen. Dieser Bereich war daher eine Quelle ständigen Streits bei Außenprüfungen. Dieses Streitthema wurde durch Abs. 5 beseitigt, soweit keine Streubesitzbeteiligung gem. § 8b Abs. 4 KStG vorliegt. Im Rahmen des § 8b Abs. 4 KStG ist § 8b Abs. 5 KStG nicht anwendbar, da die Dividenden nicht steuerfrei sind.

 

Rz. 520

Die Regelung in Abs. 5 ist als Hinzurechnung nicht abzugsfähiger Ausgaben ausgestaltet, nicht als Einschränkung der Steuerfreistellung der Dividendeneinkünfte. Auch wenn die Regelung wirtschaftlich dazu führt, dass nur 95 % der Dividenden von der Steuer freigestellt werden, ist daran festzuhalten, dass es sich rechtlich nicht um eine Einschränkung der Steuerfreistellung handelt, die Dividendeneinkünfte rechtlich also weiterhin – vorbehaltlich § 8b Abs. 4 KStG – zu 100 % von der Steuer freigestellt sind.[1] Dies hat Bedeutung z. B. für die Anrechnung ausl. KapESt und die Frage, ob ein Treaty Override vorliegt.[2] Würde die Steuerfreistellung auf 95 % der Dividenden beschränkt, wäre die KapESt auf die Steuerbelastung auf die übrigen 5 % anrechenbar. Da es sich aber nicht um eine Beschränkung der Steuerfreistellung handelt, sondern um die Hinzurechnung nicht abziehbarer Ausgaben, ist die Anrechnung nicht möglich. Die Dividenden sind weiterhin in vollem Umfang steuerfrei, auf sie entfällt keine inl. Steuer, sodass die Steueranrechnung ausscheidet. Außerdem vermeidet die Regelung einen Verstoß gegen das internationale Schachtelprivileg der DBA. Für nichtabziehbare Aufwendungen enthalten die DBA keine Regelungen; die Entscheidung hierüber fällt in die Zuständigkeit der nationalen Gesetzgeber. § 8b Abs. 5 KStG stellt daher keinen Treaty Override dar.

 

Rz. 521

Für inl. Konzerne bedeutet dies eine erhebliche Steuerbelastung, da eine Ausschüttung durch eine Kette von Beteiligungen auf jeder Stufe einen Betrag i. H. v. 5 % der Dividende als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe auslöst, selbst wenn keine Streubesitzbeteiligung nach Abs. 4 vorliegt. Dies kann nur durch eine Verkürzung der Beteiligungskette (z. B. Verschmelzung von Zwischenholdings auf das Mutterunternehmen; breiterer Aufbau des Konzerns; Organschaftsstrukturen) verhindert werden.[3]

 

Rz. 522

Vorteilhaft ist diese Regelung jedoch, da selbst unmittelbar zuzurechnende Betriebsausgaben abzugsfähig werden, z. B. Zinsen aus einem finanzierten Beteiligungskauf.

 

Rz. 523

Rechtspolitisch, systematisch und in seinen Auswirkungen ist Abs. 5 kritisch zu beurteilen. Wenn Verwaltungs- und Finanzierungskosten als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben abgegolten werden sollen, ist das Anknüpfen an die Gewinnausschüttung unsachgemäß. Verwaltungskosten hängen nicht von der Höhe der (jährlichen) Gewinnausschüttung ab, sie haben Fixkostencharakter. Finanzierungskosten haben nur insofern eine mittelbare Verbindung zu Gewinnausschüttungen, als der Preis, der für eine Beteiligung gezahlt werden muss, umso höher ist, je ertragstärker die Gesellschaft ist und daher höhere Dividenden ausschütten kann. Die wirtschaftliche Wirkung der Vorschrift als Einschränkung der Steuerfreistellung beeinträchtigt den Holdingstandort Deutschland und konterkariert dessen steuerliche Förderung. Es handelt sich um ein Musterbeispiel für eine inkonsequente Steuerpolitik. Wenn Deutschland als Holdingstandort gefördert werden soll, dann macht es keinen Sinn, die Förderung punktuell wieder einzuschränken.

 

Rz. 524

Die Vorschrift hat Wirkungen, die wohl nicht gewollt und nicht zu begründen sind. Die Pauschalierung führt dazu, dass einerseits offenkundig nicht angefallene Betriebsausgaben fingiert werden, andererseits in Fällen, in denen die Betriebsausgaben offenkundig höher sind (z. B. hohe Finanzierungskosten), die Abzugsfähigkeit hergestellt wird, soweit die Aufwendungen 5 % der Gewinnausschüttungen übersteigen.[4]

 

Rz. 525

Soweit die Regelung nicht abzugsfähige Betriebsausgaben fingiert, die in dieser Höhe tatsächlich nicht angefallen sind, verletzt sie das objektive Nettoprinzip. Stpfl. mit Dividendeneinkünften werden insoweit höher besteuert als Stpfl. mit anderen steuerfreien Einkünften, bei denen nach § 3c EStG nur die tatsächlichen Betriebsausgaben nichtabzugsfähig sind.[5] Eine Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung kann in der Verwaltungsvereinfachung gesehen werden, die eine Typisierung der nicht abzugsfähigen Aufwendungen als zweckmäßig erscheinen lässt. Einerseits entstehen i. d. R. jedem Gesellschafter Aufwendungen in Bez...

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