Rz. 92

Jede Tätigkeit der unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft ist originär ihr zuzurechnen. Sie gehört zu ihrer betrieblichen Sphäre, da eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft keine außerbetriebliche Sphäre haben kann. Soweit eine solche Kapitalgesellschaft im eigenen Interesse handelt, d. h. ihre Zwecke durch diese Tätigkeit erfüllen will, sind ihr die Ergebnisse steuerlich zuzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob diese Tätigkeit Gewinne oder Verluste abwirft. Auch stark risikobehaftete Geschäfte sind daher i. d. S. der Kapitalgesellschaft zuzurechnen.[1] Es ist aber auch möglich, dass die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben handelt, sondern im Interesse ihrer Gesellschafter. Indizien hierfür sind Tätigkeiten der Kapitalgesellschaft in einem Bereich, der enge Berührungspunkte zu privaten Interessen des Gesellschafters aufweist (z. B. Gestüt, Segel- oder Motoryacht, Jagd), die Übernahme von Risiken durch diese Kapitalgesellschaften, die in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zu den möglichen Gewinnen stehen, und die Fortführung von Tätigkeiten, obwohl objektiv feststellbar ist, dass diese auch in Zukunft keine Gewinne abwerfen werden.[2] Betreibt die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft eine Tätigkeit im Interesse des Gesellschafters, aus der strukturell bedingt keine Gewinne erzielt werden können, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.[3] Da unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften keinen außerbetrieblichen Bereich haben, den es für die Annahme einer Liebhaberei bräuchte, ersetzt das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung für diese und andere Körperschaften das Institut der Liebhaberei. Indizien für ein Handeln im Interesse des Gesellschafters liegen vor, wenn die fragliche Tätigkeit nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen betrieben wird und die Erzielung eines Totalgewinns nicht möglich ist.[4] Besondere praktische Bedeutung erlangt diese Frage bei dauerdefizitären Betrieben gewerblicher Art. Da dauerdefizitäre Tätigkeiten oder Betriebe bei gewerblicher Tätigkeit der öffentlichen Hand häufig sind, wurden in Abs. 1 S. 2 sowie in den Abs. 7 und 8 Sonderregelungen geschaffen (Rz. 580ff.). Da für beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften § 8 Abs. 2 KStG nicht gilt und sie deshalb eine außerbetriebliche Sphäre haben können (Rz. 56f.), können für sie hingegen die Liebhabereigrundsätze Anwendung finden; ihre Einkünfte sind nach den allgemeinen Regeln des EStG zu ermitteln.[5] Für Vereine und andere nicht unter § 8 Abs. 2 KStG fallende KSt-Subjekte dürfte Entsprechendes gelten, da auch sie eine außerbetriebliche Sphäre haben können.[6]

Rz. 93 – 94 einstweilen frei

[1] Anh. vGA zu § 8 KStG ABC "Risikogeschäfte".
[2] Frotscher, GmbHR 1998, 23, 26.
[3] BFH v. 4.12.1996, I R 54/95, BFH/NV 1997, 190 Rz. 22 f.; siehe grundsätzlich zum strukturell dauerdefizitären Betrieb auch BFH v. 22.8.2007, I R 32/06, BStBl II 2007, 961, BFH/NV 2007, 2424.
[6] Ohne ausdrückliche Inbezugnahme von § 8 Abs. 2 KStG BFH v. 19.8.1998, I R 21/98, BStBl II 1999, 99 Rz. 13ff., BFH/NV 1999, 563; Hüttemann, in Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 5. Aufl. 2021 Rz. 7.70ff. für eine Einordnung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Bereich der steuerbegünstigten Körperschaften. In diesem Bereich wird zusätzlich noch die Besonderheit zu beachten sein, dass nach § 14 S. 2 AO die Gewinnerzielungsabsicht gerade kein konstitutierendes Merkmal des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist; Rz. 56f.

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