Rz. 23

Da die Kapitalherabsetzungsfiktion nach Abs. 1 in allen Fällen des § 1 UmwG gilt, bezieht sich diese auf

  • Verschmelzungen,
  • Spaltungen (Aufspaltungen, Abspaltungen, Ausgliederungen),
  • Vermögensübertragungen,
  • Formwewchsel,

also bei allen Formen der Umwandlung. Nach Auffassung der Finanzverwaltung[1] sowie zahlreicher Stimmen in der Literatur[2] ist die Vorschrift nicht auf die Ausgliederung anzuwenden.

 

Rz. 24

Die Ausgliederung fällt ertragsteuerlich unter die Anwendung des § 20 UmwStG und stellt mithin eine "Besonderheit" dar, da diese von den Vorschriften über die übrigen Umwandlungsarten von Kapitalgesellschaften (Verschmelzung, Auf- oder Abspaltung, Formwechsel) ausgenommen ist.[3]

In Abweichung zum Umwandlungsrecht gleicht die Ausgliederung einer Sachgründung oder Sacheinlage. Dem Wortlaut nach ist § 29 KStG auch auf die Ausgliederung anzuwenden, da dem Wortlaut keine anders lautende Einschränkung diesbezüglich entnommen werden kann. Wird eine Anwendung des § 29 KStG auf die Ausgliederung verneint, kann dies mithin nur im Wege einer die Norm einschränkenden Auslegung erfolgen.[4]

 

Rz. 25

Im "Normalfall", in dem eine Kapitalgesellschaft über einen Sonderausweis oder keinen oder einen positiven Bestand auf dem steuerlichen Einlagekonto verfügt, dürften sich durch die Anwendung des § 29 KStG auf die Ausgliederung indessen keine Unterschiede zu dem Fall ergeben, in dem keine Anwendung erfolgt. Das Nennkapital des übertragenden Rechtsträgers würde zunächst fiktiv auf 0 herabgesetzt und später wieder auf den ursprünglichen Betrag heraufgesetzt werden. Eine Zurechnung des Bestands auf dem steuerlichen Einlagekonto auf die übernehmende Kapitalgesellschaft würde ohnehin unterbleiben, da es an einer entsprechenden Rechtsfolgenanordnung fehlt. Insoweit sollte sich dieselbe Situation ergeben, wie vor der Ausgliederung, da die Ausgliederung keinerlei Änderung am handelsrechtlichen Nennkapital des übertragenden Rechtsträgers bedingt. Eine Auswirkung kann sich lediglich in dem Fall ergeben, in dem der übertragende Rechtsträger über ein negatives steuerliches Einlagekonto verfügt.[5] In einem derartigen Fall wird das steuerliche Einlagekonto zunächst durch die fiktive Kapitalherabsetzung um den Betrag des Nennkapitals erhöht, d. h. der negative Bestand wird entsprechend vermindert oder – sofern das Nennkapital den Negativbestand übersteigt – ins Positive verkehrt. Bei der anschließenden fiktiven Kapitalerhöhung würde der Bestand des steuerlichen Einlagekontos dann nicht mehr ausreichen, um den Betrag des Nennkapitals zu dotieren, sodass nach § 28 Abs. 1 KStG ein Sonderausweis zu bilden wäre. Mit anderen Worten würde ein etwaiger Negativbestand des steuerlichen Einlagekontos in einen Sonderausweis "umgewandelt".

 

Rz. 26

Ob eine solche Umwandlung eines Negativbestands des steuerlichen Einlagekontos in einen Sonderausweis bei der Ausgliederung nicht vom Anwendungsbereich des § 29 KStG gedeckt ist oder gar eine Regelungslücke besteht, die der Gesetzgeber nicht erkannt hat und anders geregelt hätte, sofern diese offenbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Insbesondere sollten die Rechtsfolgen im Hinblick auf einen negativen Bestand des steuerlichen Einlagekontos oder einen Sonderausweis dieselben sein, mit dem Unterschied, dass ein Sonderausweis durch Ausschüttungen gemindert werden kann, wohingegen ein negativer Bestand des steuerlichen Einlagekontos "eingesperrt" ist, bis Einlagen in die Gesellschaft erbracht werden, die den Bestand "auffüllen". Dies wäre aber spätestens bei einer Liquidation der Fall, bei der das Nennkapital ebenfalls als entsprechend herabgesetzt gilt.[6]

Insoweit sollte es in der Praxis nur geringfügige Verwerfungen hierdurch geben, die insbesondere aber nicht aus dem Umstand resultieren, dass § 29 KStG zur Anwendung gekommen ist, sondern durch die entsprechend unterschiedliche Behandlung eines Sonderausweises gem. § 28 KStG im Vergleich zu einem negativen Bestand auf dem steuerlichen Einlagekonto gem. § 27 KStG. Eine einschränkende Auslegung müsste dann entsprechend bezogen auf diese Regelungen erfolgen, nicht aber mit Blick auf § 29 KStG. Darüber hinaus ist fraglich, welchen steuerlichen Vorteil ein Stpfl. aus der Umwandlung eines Negativbestands aus dem steuerlichen Einlagekonto in einen Sonderausweis ziehen sollte. Abgesehen von einer zeitlichen Verschiebung der Einlagenrückgewähr ist kein steuerlicher Vorteil ersichtlich.

 

Rz. 27

Für eine einschränkende Auslegung des § 29 KStG und einer damit verbundenen Nichtanwendung im Falle der Ausgliederung sprechen m. E. aber sowohl systematische als auch vereinfachende Aspekte. Aus Vereinfachungsgründen sollte eine Anwendung des § 29 KStG unterbleiben, da im o. g. "Normalfall" keine Änderung des positiven Bestands auf dem steuerlichen Einlagekonto oder eines Sonderausweises ergeben sollte. Insoweit ist es m. E. aus Vereinfachungsgründen zulässig, wenn nicht geboten, die Regelung des § 29 KStG auf Ausgliederungen nicht anzuwenden. Auch aus systematischen Gründen i...

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