Rz. 274

§ 27 Abs. 8 KStG erweitert den Anwendungsbereich der Vorschrift auf ausl. Körperschaften und Personenvereinigungen, die im Inland nicht der unbeschränkten Stpfl. unterliegen und Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG erbringen können. Damit bezieht sich die Vorschrift insbes. auf die Behandlung inl. Anteilseigner, da die betroffenen Körperschaften im Inland nicht der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegen müssen. Die Vorschrift wurde zunächst durch Gesetz v. 7.12.2006[1] in das KStG aufgenommen und ist erstmals auf den Vz 2006 anzuwenden, erstreckte sich insoweit aber nicht auf sämtliche ausl. Gesellschaften, sondern nur solche, die in einem Mitgliedsstaat der EU der unbeschränkten Stpfl. unterlagen. Die Regelung wurde durch Gesetz v. 16.12.2022[2] auf sämtliche, nicht im Inland der unbeschränkten Stpfl. unterliegende Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG erbringen können, erweitert. Die Regelung ist gem. § 34 Abs. 10 KStG erstmal auf Leistungen und Nennkapitalrückzahlungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 erbracht werden. Für sämtliche Leistungen vor diesem Datum gilt insoweit noch die alte Fassung der Regelung.

 

Rz. 275

Die Erweiterung des Anwendungsbereichs kam erst im Zuge des Vermittlungsverfahrens durch den Finanzausschuss in das Gesetzgebungsverfahren.[3]

Zuvor hatte der BFH wiederholt entschieden, dass auch Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten Leistungen erbringen können, die als Einlagenrückgewähr zu erfassen sind.[4]

 

Rz. 275a

Der Gesetzgeber hatte aufgrund europarechtlicher Bedenken die Rspr. des BFH zur Rechtslage vor 2006[5] in Abs. 8 a. F. festgeschrieben und die Voraussetzungen für die Einlagenrückgewähr an die Behandlung nach inl. Grundsätze angepasst.[6] Dabei wurden zusätzliche Anforderungen für die Nachweispflichten geschaffen und, sofern es sich nicht um eine Kapitalherabsetzung im Ausland handelt, die Beachtung der allgemeinen Verwendungsreihenfolge des § 27 Abs. 1 S. 3 KStG festgeschrieben. Mit Ausweitung der Regelung im Zuge des JStG 2022 erfolgte erneut eine Umsetzung der BFH-Rechtsprechung, um die Vorschrift entsprechend anzupassen und mithin auch Drittstaatengesellschaften eine Nachweispflicht aufzuerlegen.[7]

 

Rz. 276

Nach Neufassung der Regelung ist nunmehr zu differenzieren. Soweit EU- und EWR-Kapitalgesellschaften als leistende Körperschaften oder Personenvereinigungen betroffen sind, spricht m. E. nichts dagegen, § 27 Abs. 8 KStG bereits für frühere Vz als 2006 anzuwenden. Die EU-rechtlichen Grundfreiheiten galten bereits für Vz vor 2006, sodass eine europarechtskonforme Auslegung des § 27 KStG bereits für diese Vz geboten ist. Insoweit wären ausl. Körperschaften, die in einem anderen EU-Staat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, zumindest mit inl. Körperschaften gleichzustellen. Dies erfolgt durch vollständige analoge Anwendung des § 27 KStG, sodass eine derartige Vorgehensweise m. E. EU-rechtlich geboten ist. Die BFH-Rechtsprechung kann allerdings von Vorteil sein, sofern das ausl. Recht eine Einlagenrückgewähr schneller zulässt. In Bezug auf Drittstaatenkapitalgesellschaften gilt, dass für Vz vor 2023 auf die Rechtsprechung des BFH abzustellen ist. Demnach kann eine Einlagenrückgewähr auch ohne Einhaltung des Verfahrens gem.§ 27 Abs. 8 KStG vorliegen. Für Vz ab 2023 gilt nunmehr die Neufassung des § 27 Abs. 8 KStG.

 

Rz. 276a

Die Regelung des § 27 Abs. 8 KStG soll insoweit die "Europarechtstauglichkeit" des § 27 KStG sicherstellen. In Bezug auf die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 ff. AEUV dürfte dem Gesetzgeber dies auch gelungen sein, d. h. für EU-/EWR-Körperschaften, die in den Anwendungsbereich der Regelung fallen, da der Stpfl. eine wesentliche Beteiligung hält, besteht mit der Regelung eine Möglichkeit zur Vereinnahmung einer steuerfreien Einlagenrückgewähr, die den Grundfreiheiten hinreichend Rechnung trägt.[8] Da der BFH weder an der Ausschlussfrist der Antragsstellung[9] noch an generell der Vorschrift europarechtliche Bedenken geäußert hat, kann davon ausgegangen werden, dass der Regelung nach Auffassung des BFH derzeit keine weiteren europarechtlichen Bedenken entgegenstehen.[10]

 

Rz. 276b

Bezüglich der Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV, d. h. in Bezug auf Körperschaftsteuersubjekten mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Drittstaaten sowie bei Beteiligungen aus der EU/dem EWR unterhalb der Wesentlichkeitsschwelle hat der BFH demgegenüber Bedenken geäußert, ob die umfangreichen Nachweispflichten sowie der Umstand, dass die Feststellung der steuerfreien Einlagenrückgewähr nur durch die Gesellschaft selbst beantragt werden kann, nicht doch Stpfl. davon abhalten könnten, Investitionen in ebensolche Gesellschaften vorzunehmen.[11]

Diesbezüglich darf die Unionsrechtskonformität der Regelung bezweifelt werden, da ein Nachweis über das Vorliegen von Einlagen nach Auffassung des BFH dem Anteilseigner auch durch Vorlage eines vereinfachten Nachweises möglich sein...

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