1 Einleitung

1.1 Zur Systematik der Vorschrift

 

Rz. 1

Nach seiner Überschrift behandelt § 19 KStG den Steuerabzug. Das ist insofern ungenau, als die Abs. 1 – 4 die besonderen Tarifvorschriften erfasst. Diese bestehen zwar überwiegend, aber nicht ausschließlich, in der Anrechnung ausländischer Steuer. Es sind darüber hinaus aber auch andere Tarifvorschriften möglich, die kein Steuerabzug sind, und für die § 19 Abs. 1 – 4 KStG ebenfalls gilt. Beispiel ist etwa § 35 EStG, der ebenfalls eine besondere Tarifvorschrift ist. Ausschließlich der Steuerabzug ist nur in § 19 Abs. 5 KStG angesprochen. Abs. 5 regelt die Anrechnung von Abzugsteuern, die bei dem Organträger vorzunehmen ist.

 

Rz. 2

Die besonderen Tarifvorschriften, die § 19 Abs. 14 KStG behandelt, bestehen überwiegend in der Anrechnung ausländischer Steuern[1]

Dem Wortlaut nach würden diese Fälle auch unter Abs. 5 fallen. Um insoweit eine unsystematische Überschneidung des Regelungsbereichs der einzelnen Absätze zu vermeiden, kann man annehmen, dass § 19 Abs. 5 KStG nur diejenige Steueranrechnung betrifft, die nicht auf einer besonderen Tarifvorschrift beruhen. Es ist dies die Anrechnung inländischer Steuern, die nicht zu einer Minderung der festzusetzenden Steuer führt, sondern erst bei der Abrechnung der Steuerschuld zu berücksichtigen ist.

 

Rz. 3

Anders als für die Steuerbetragsermäßigungen enthält § 19 KStG keine Regelung für die Steuersatzermäßigungen. Dabei kommt die Steuersatzermäßigung bei Pauschalierung ausländischer Einkünfte nicht mehr in Betracht, da der Tarifsteuersatz von 15 % deutlich unter dem Pauschalierungssteuersatz von 25 % liegt. Daher ist insoweit keine besondere Regelung erforderlich. Als Steuersatzermäßigungen bleibt danach nur noch die Ermäßigung für Einkünfte aus Kalamitätsnutzung nach § 34b EStG, die auch auf Körperschaften anwendbar ist, sowie § 34a EStG für die Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns, wenn Organträger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist, an der natürliche Personen beteiligt sind.[2]

§ 19 KStG enthält auch keine Regelung über die Anrechnung von Vorauszahlungen. Da die Organgesellschaft, abgesehen von Sonderfällen, wie Ausgleichszahlungen, kein Einkommen zu versteuern hat, hat sie auch keine Vorauszahlungen zu leisten, sodass eine Regelung überflüssig ist. Soweit sie Vorauszahlungen auf ihr eigenes Einkommen leistet, sind sie auf die von der Organgesellschaft zu leistende Steuer anzurechnen.

 

Rz. 4

Da die Steuersätze sich unmittelbar auf das Einkommen beziehen, sind sie bei dem Steuersubjekt anzuwenden, dem das Einkommen zuzurechnen und bei dem es zu versteuern ist. Das ist im Regelfall der Organträger, sodass sich im Ergebnis für Steuersatzermäßigungen die gleiche Regelung ergibt wie nach § 19 KStG. Hat die Organgesellschaft aber selbst einen Teil des Einkommens zu versteuern (Ausgleichszahlungen), können bei ihr auch die Steuersatzermäßigungen anzuwenden sein.[3]

[1] Zum Begriff der besonderen Tarifvorschriften Rz. 6.
[2] Zu diesen Steuersätzen § 23 KStG Rz. 14.

1.2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 5

Die Vorschrift ist durch das KSt-Reformgesetz v. 31.8.1976[1] mit Wirkung für Vz, die ab dem 1.1.1977 beginnen, eingeführt worden. Eine Änderung der Vorschrift erfolgte erst durch Gesetz v. 25.7.2014[2] in Zusammenhang mit der Neufassung der Regeln über die Begrenzung der Organschaft auf das Inland. Dabei wurde klargestellt, dass die Abs. 1, 2 nur bei unbeschränkter KSt- oder ESt-Pflicht anzuwenden sind. Die Regelung für nicht unbeschränkt steuerpflichtige Organträger wurde neu gefasst und aus Abs. 4 in Abs. 3 übernommen. Entsprechend wurde der bisherige Abs. 3 zu Abs. 4. Die Änderung der Vorschrift gilt ab Vz 2012.[3]

[1] BStBl I 1976, 445.
[2] BStBl I 2014, 1126.

2 Besondere Tarifvorschriften, Abs. 1-4

2.1 Grundsätzliche Fragen

2.1.1 Begriff der besonderen Tarifvorschriften

 

Rz. 6

§ 19 Abs. 14 KStG regelt die Anwendung der besonderen Tarifvorschriften im Organkreis. Die besonderen Tarifvorschriften führen zu einer Ermäßigung der festzusetzenden Steuer. Sie wirken sich also bereits bei der Steuerfestsetzung aus, nicht erst im Rahmen der Abrechnung wie der Steuerabzug inländischer Steuern. Es wird also nicht eine entstandene und festgesetzte Steuerschuld gemindert, sondern die Steuerschuld entsteht in der durch die besondere Tarifvorschrift bestimmten geringeren Höhe und wird dementsprechend von Anfang an niedriger festgesetzt. Sind die Voraussetzungen der besonderen Tarifvorschriften in der Person der Organgesellschaft erfüllt, bietet sich an sich die Minderung der KSt auf das eigene Einkommen der Organgesellschaft (Ausgleichszahlungen) an. § 19 KStG entscheidet sich jedoch dafür, dass diese Tarifvorschriften bei dem Organträger anzuwenden sind. Die wichtigsten besondere Tarifvorschriften sind:

  • § 26 KStG, i. V. m. § 34c EStG: Anrechnung ausl. Steuer;
  • Anrechnung ausl. Steuer nach § 12 AStG;
  • fiktive Anrechnung nach einem DBA;
  • eine besondere Tarifvorschrift ist auch § 35 EStG (Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb), wenn Organträger eine natürliche Person oder eine Personengesellschaft ist, an der natürliche Personen beteiligt sind.

2.1.2 Maßgebende Verhältnisse von Organträger und Organgesellschaft

 

Rz...

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