Rz. 21

Anders als zur handelsrechtlichen Wirksamkeit des Ergebnisabführungsvertrags gibt es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Abführung von vorvertraglichen Rücklagen bei einer GmbH als Organgesellschaft; diese ist für Aktiengesellschaften nach § 301 AktG unzulässig. Aus diesem Grund bestimmt § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG für die steuerrechtliche Anerkennung der Organschaft zu einer GmbH, dass die (handelsrechtliche) Gewinnabführung den in § 301 AktG bestimmten Betrag nicht überschreiten darf. Wird ein höherer Betrag abgeführt, wird der Ergebnisabführungsvertrag, und damit die Organschaft, steuerlich nicht anerkannt. Damit unterliegen die vorvertraglichen, d. h. vor Wirksamwerden der Organschaft gebildeten Rücklagen einem Abführungsverbot, und zwar sowohl Gewinnrücklagen nach § 272 Abs. 3 HGB als auch die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Die Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 13 HGB dürfen schon nach der handelsrechtlichen Regelung unzweifelhaft nicht abgeführt werden. Ebenfalls nicht abgeführt werden darf ein vorvertraglicher Gewinnvortrag.

Eine verbotene Abführung von vorvertraglichen Kapital- und Gewinnrücklagen liegt auch vor, wenn ein Verlust der Organgesellschaft durch Auflösung dieser vorvertraglichen Rücklagen ausgeglichen und damit die Verlustausgleichsverpflichtung des Organträgers umgangen wird. Dabei ist es schon schädlich, wenn der Gewinnabführungsvertrag eine solche Ausgleichsmöglichkeit vorsieht, auch wenn es mangels Verlusten der Organgesellschaft tatsächlich nicht zu einem solchen Ausgleich kommt.[1]

 

Rz. 21a

Anders als für AG und KGaA gibt es für GmbH keine Ausnahme vom Abführungsverbot. Eine GmbH kann keine "eingegliederte Gesellschaft" i. S. d. §§ 319ff. AktG sein, da diese Regeln für die GmbH nicht gelten. Damit gilt für die GmbH die aus der Eingliederung abgeleitete Ausnahme von dem Abführungsverbot nicht.

 

Rz. 22

Gewinnrücklagen, die während des Bestehens der Organschaft gebildet werden, dürfen dagegen aufgelöst und an den Organträger abgeführt werden.[2]

Dagegen dürfen nachvertragliche Kapitalrücklagen nicht abgeführt werden. Sie dürfen auch nicht aufgelöst und zum Ausgleich von Verlusten verwendet werden, die während der Organschaft entstanden sind. Geschieht dies doch, ist der Gewinnabführungsvertrag nicht durchgeführt, sodass die Organschaft nicht anzuerkennen ist.[3]

 

Rz. 23

§ 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KStG fordert nur, dass das Verbot der Abführung vorvertraglicher Rücklagen (tatsächlich) eingehalten wird. Es braucht, anders als die Verlustübernahmeverpflichtung des § 302 AktG, nicht im Ergebnisabführungsvertrag vereinbart zu sein.[4] Dies entspricht § 301 AktG, nach dem ebenfalls die tatsächliche Beachtung des Abführungsverbots genügt, eine vertragliche Vereinbarung dagegen nicht erforderlich ist. Schädlich ist es aber, wenn in dem Gewinnabführungsvertrag eine Abführung vorvertraglicher Rücklagen oder nachvertraglicher Kapitalrücklagen ausdrücklich zugelassen ist.

 

Rz. 24

Das bedeutet, dass der Ergebnisabführungsvertrag bei einer Änderung des § 301 AktG nicht geändert zu werden braucht. Soweit der Ergebnisabführungsvertrag eine dynamische Verweisung auf § 301 AktG enthält, ist damit die Änderung des § 301 AktG automatisch in den Ergebnisabführungsvertrag integriert. Enthält der Vertrag dagegen keine dynamische Verweisung, sondern z. B. den Wortlaut des (bisherigen) § 301 AktG, ist eine Änderung des Vertrags ebenfalls nicht erforderlich. Es genügt, wenn die Grenze der Ergebnisabführung nach der Neufassung des § 301 AktG tatsächlich eingehalten wird.[5]

 

Rz. 25

Entsprechend gilt dies für Abführungsverbote nach anderen Vorschriften. Bedeutung hat dies insbesondere für die Abführungsverbote für bestimmte Vermögensmehrungen aufgrund des durch das BilMoG v. 25.5.2009[6] eingeführten § 268 Abs. 8 HGB. Nach dieser Vorschrift darf eine Kapitalgesellschaft, die selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens aktiviert hat, einen Gewinn nur insoweit ausschütten, als die frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags dem aktivierten Betrag abzüglich der hierfür passivierten latenten Steuern entsprechen. Dieses Ausschüttungsverbot führt auch zu einem Gewinnabführungsverbot; was nicht ausgeschüttet werden darf, darf auch nicht abgeführt werden. Die Berücksichtigung des § 268 Abs. 8 HGB führt also nicht zur Nichtdurchführung des Ergebnisabführungsvertrags. Entsprechend den Ausführungen in Rz. 23 braucht die Nichtabführung im Ergebnisabführungsvertrag nicht vereinbart zu sein. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften über die Nichtabführbarkeit genügt auch steuerrechtlich. Andererseits ist die Beachtung des § 268 Abs. 8 HGB bei der Gewinnabführung zwingend erforderlich, und zwar auch dann, wenn der Ergebnisabführungsvertrag aufgrund der anderen Rechtslage in der Vergangenheit gegenteilige Bestimmungen enthält.[7] Geschieht dies nicht, wird also Gewinn entgegen § 268 Abs. 8 HGB abgeführt, ist der Ergebnisabführungsve...

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