Rz. 8

Eine handelsrechtliche Regelung zu den Ausgleichszahlungen ist nur in § 304 AktG enthalten. Diese Regelung gilt unmittelbar nur, wenn die Organgesellschaft eine AG, KGaA oder SE ist.[1] Nach § 304 Abs. 1 AktG muss ein Ergebnisabführungsvertrag für die außenstehenden Gesellschafter der abhängigen Gesellschaft eine Ausgleichszahlung vorsehen. Das gilt auch für ein ausländisches herrschendes Unternehmen, wenn also die steuerliche Organschaft zu der inländischen Betriebsstätte eines beschr. stpfl. Unternehmens besteht. Diese Ausgleichszahlung ist ihrem Wesen nach keine Beteiligung am Gewinn der Organgesellschaft, da ein Handelsbilanzgewinn der Organgesellschaft wegen des Ergebnisabführungsvertrags nicht mehr entstehen kann, sondern ein Ausgleich dafür, dass die Organgesellschaft keinen Gewinn mehr erzielt. Allerdings ist sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich eine Ausgleichszahlung, die sich am Gewinn der Organgesellschaft vor Ergebnisabführung orientiert, zulässig. Der Ausgleich muss angesichts der Verhältnisse des Einzelfalls angemessen sein.

 

Rz. 8a

Gläubiger des Ausgleichsanspruchs ist der Gesellschafter der abhängigen Gesellschaft. Dagegen genügt das Innehaben von schuldrechtlichen Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn der abhängigen Gesellschaft repräsentieren, nicht. Keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen haben daher die Inhaber von Genussrechten, auch wenn sie steuerlich als beteiligungsähnlich behandelt werden, atypische und typische stille Gesellschafter und Inhaber von Gewinnobligationen und Wandel- bzw. Optionsanleihen, solange das Wandlungsrecht bzw. die Option nicht ausgeübt worden ist. Es kommen nur Kündigung, Wegfall der Geschäftsgrundlage und ggf. Schadensersatzansprüche in Betracht.[2]

 

Rz. 9

§ 304 AktG bestimmt nicht, wer Schuldner der Ausgleichszahlung ist. Da der Berechtigte des Gewinnabführungsvertrags das herrschende Unternehmen ist, ist davon auszugehen, dass dieses der Verpflichtete ist. Dafür spricht auch der Gleichklang mit der Verpflichtung zur Abfindung, die nach § 305 Abs. 1 AktG den "anderen Vertragsteil", also das herrschende Unternehmen, trifft. Eine Verpflichtung des abhängigen Unternehmens, die Ausgleichszahlung zu leisten, würde auch gegen das Verbot der Einlagenrückzahlung verstoßen.[3]

Zulässig ist aber, dass die abhängige Gesellschaft die Ausgleichszahlung auf Rechnung des herrschenden Unternehmens zahlt. Da bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags die Ausgleichszahlung den Betrag des abzuführenden Gewinns mindert bzw. den auszugleichenden Verlust erhöht, erfolgt in diesen Fällen die Ausgleichszahlung auf Rechnung des herrschenden Unternehmens, sodass die Leistung durch die abhängige Gesellschaft zulässig ist. Unabhängig hiervon ist die steuerliche Regelung, dass die Ausgleichszahlung als Einkommen durch die abhängige Gesellschaft zu versteuern ist.[4]

 

Rz. 10

Ist die abhängige Gesellschaft chronisch defizitär und daher auch in Zukunft kein Ertrag zu erwarten, kann auch ein "Nullausgleich", d. h. eine Ausgleichszahlung von 0 angemessen sein. Es besteht dann auch kein Anspruch auf eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals.[5] Ein solcher Nullausgleich ist einem völlig fehlenden Ausgleich nicht gleichzustellen.

 

Rz. 11

Bei den Ertragsaussichten sind nur die geschäftlichen Aussichten der abhängigen Gesellschaft zu berücksichtigen. Es ist nicht erforderlich, den Ausgleich so zu bemessen, dass der außenstehende Gesellschafter eine feste Verzinsung auf den Liquidationswert seiner Beteiligung erhält. Daher sind auch andere, steuerliche Vorteile, die die Muttergesellschaft aus dem Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags ziehen wird, etwa die Übertragung der Verluste, bei der Bemessung des angemessenen Ausgleichs außer Betracht zu lassen.[6]

 

Rz. 12

Ist die Organgesellschaft eine AG, KGaA oder SE, so ist § 304 Abs. 1 AktG unmittelbar anzuwenden und die Ausgleichszahlung grundsätzlich im Ergebnisabführungsvertrag selbst zu vereinbaren. Die Gewährung von Ausgleichszahlungen ist dann zwingend; ein Verstoß hiergegen macht den Ergebnisabführungsvertrag nichtig.[7] Diese Regelung kann nicht abbedungen werden. Sieht der Ergebnisabführungsvertrag daher keine Ausgleichszahlungen vor, besteht steuerlich wegen des handelsrechtlich nichtigen Ergebnisabführungsvertrags keine Organschaft. Das gilt jedoch nur, wenn überhaupt keine Ausgleichszahlung vorgesehen ist. Entspricht die Ausgleichszahlung nicht § 304 Abs. 1 AktG, bildet sie also keinen angemessenen Ausgleich, kann nach § 304 Abs. 3 S. 3 AktG lediglich eine höhere Ausgleichszahlung verlangt werden. Der Ergebnisabführungsvertrag ist dann handelsrechtlich wirksam, die Organschaft ist steuerlich anzuerkennen. Dieser Fall liegt auch dann vor, wenn ein angemessener Ausgleich der abhängigen Gesellschaft ermittelt wurde, dieser wegen der negativen Ertragsaussichten aber 0 beträgt ("Nullausgleich", Rz. 10). Ist diese Annahme irrig, hat der Vertrag trotzdem das Recht der außenstehenden Anteilseigner auf Ausgleichszahlungen berücksichti...

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