Rz. 74

§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG bestimmt, dass die Bruttomethode in bestimmten Fällen nicht anwendbar ist, bei der Organgesellschaft also die Nettomethode greift. Daher wird in diesen Fällen auf der Ebene der Organgesellschaft, nicht auf der des Organträgers, und damit nur nach den Verhältnissen der Organgesellschaft entschieden, ob die jeweiligen steuerlichen Regelungen anwendbar sind oder nicht. Es handelt sich um Fälle der Steuerfreistellung nach § 8b KStG, bei denen § 8b Abs. 13 KStG nicht anwendbar ist und daher die Frage der Rechtsform keine Rolle spielt:

  • § 8b Abs. 7 KStG: Nichtanwendung der Steuerfreistellung des § 8b Abs. 16 KStG bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, bei denen die Anteile dem Handelsbuch zuzurechnen sind, sowie Finanzunternehmen, die die Anteile mit dem Ziel eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs halten;
  • § 8b Abs. 8 KStG: Nichtanwendung der Steuerfreistellung des § 8b Abs. 17 KStG auf Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen, bei denen die Anteile den Kapitalanlagen zuzurechnen sind;
  • § 8b Abs. 10 KStG: besondere steuerliche Regelungen bei Wertpapierleihe und Wertpapierpensionsgeschäft.
 

Rz. 75

Diese Regelung stellt sicher, dass die Einkünfte in den genannten Fällen steuerpflichtig sind, auch wenn der Organträger die Voraussetzungen der Steuerfreistellung erfüllen würde. Die Anwendung der Vorschriften über die Steuerfreistellung richtet sich daher ausschließlich nach der "Tätigkeit" der Organgesellschaft.

 

Rz. 76

Nicht erfasst werden die Fälle des § 8b Abs. 9 KStG. Diese Vorschrift stellt nur die Geltung des § 8b Abs. 1-6 KStG für Finanz- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen wieder her, soweit sie der Mutter-Tochter-Richtlinie unterliegen. In diesen Fällen dürfte eine Organschaft, und damit die Anwendung der Bruttomethode, ohnehin nicht in Betracht kommen. Wenn dies doch der Fall ist, gilt insoweit § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG uneingeschränkt, d. h., die Bruttomethode ist anzuwenden.

 

Rz. 77

Zu § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 KStG gibt es keine besondere Regelung zum Inkrafttreten. Nach dem Bericht des Finanzausschusses[1] soll es sich nur um eine Klarstellung handeln, da § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG nur die Anwendung der Abs. 1-6, nicht aber die der Abs. 7, 8 oder 10 ausschließt, diese Absätze also auch schon bisher auf der Ebene der Organgesellschaft anwendbar waren.

 

Rz. 78

Es kann bezweifelt werden, ob dies richtig ist. Der Finanzausschuss übersieht nämlich Nr. 2 Satz 2. Danach ist § 8b KStG insgesamt (also nicht nur die Abs. 1–6) auf der Ebene des Organträgers anzuwenden. Werden auf der Ebene der Organgesellschaft die Abs. 7, 8 oder 10 angewandt, sind die Beteiligungserträge in ihrem, dem Organträger zugerechneten Einkommen enthalten, also (wie es Nr. 2 Satz 2 voraussetzt) "Bezüge, Gewinne oder Gewinnminderungen i. S. d. § 8b Abs. 1 bis 3 KStG". Dann ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG auf der Ebene des Organträgers "§ 8b KStG … anzuwenden". Damit wird § 8b KStG in vollem Umfang in Bezug genommen, also auch die Abs. 7, 8 oder 10. Daher ist die Auffassung zumindest vertretbar, dass ohne die Gesetzesänderung in Satz 3 in jedem Fall auf der Ebene des Organträgers eine (erneute) Prüfung der Anwendbarkeit des § 8b KStG zu erfolgen hätte. Hinsichtlich des § 8b Abs. 7 KStG würde dies etwa bedeuten, dass auf der Ebene des Organträgers zu prüfen ist, ob dieser ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut oder ein Finanzunternehmen ist. Ist das nicht der Fall, wäre § 8b Abs. 7 KStG nicht anwendbar, selbst wenn die Organgesellschaft diese Voraussetzungen erfüllen würde.

 

Rz. 79

Für die genannten Fälle wirkt die Anfügung des Satz 3 also konstitutiv, nicht nur klarstellend. Nach § 34 Abs. 1 KStG kann die Neuregelung daher erst ab Vz 2009 angewandt werden; eine Anwendung für davor liegende Zeiträume wäre eine verfassungswidrige echte Rückwirkung.

 

Rz. 80

Die Bruttomethode ist nicht anzuwenden, wenn die Organgesellschaft unter § 8b Abs. 7 KStG fällt, d. h. für sie als Finanz- oder Finanzdienstleistungsinstitut bei Anteilen, die dem Handelsbuch zuzurechnen sind, die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1, 2 KStG bzw. das Abzugsverbot von Aufwendungen und Vermögensminderungen nach § 8b Abs. 3-5 KStG und des § 8b Abs. 6 KStG nicht gelten.[2] Entsprechendes gilt für Finanzunternehmen, die die Anteile zum Zweck der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolgs erworben haben.[3]

 

Rz. 81

Die Nichtanwendung der Bruttomethode in diesen Fällen bedeutet, dass die Nettomethode anzuwenden ist, d. h., dass auf der Ebene der Organgesellschaft, und damit nur unter Berücksichtigung der Besteuerungsgrundlagen, die die Organgesellschaft verwirklicht hat, endgültig zu entscheiden ist, ob die Steuerfreistellung entfällt. Besteuerungsgrundlagen, die auf der Ebene des Organträgers verwirklicht wurden, sind insoweit ohne Bedeutung.

 

Rz. 82

Das bedeutet weiterhin, dass die Steuerfreistellung des § 8b KStG keine Anwendung finde...

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