7.2.1 Verschmelzung

 

Rz. 948

Wird ein Organträger nach den Vorschriften des UmwG auf ein anderes Unternehmen verschmolzen, so tritt handelsrechtlich Gesamtrechtsnachfolge ein. Die Gesamtrechtsnachfolge, d. h. der kraft Gesetzes eintretende Übergang der Rechtsstellung der untergehenden auf die aufnehmende Gesellschaft, ist auch für die Organträgereigenschaft zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die Organträgereigenschaft für ein bestehendes Organschaftsverhältnis auf das übernehmende Unternehmen übergeht. Die Wirkungen der Umwandlung erstrecken sich sowohl auf die Zurechnung der Beteiligung und damit auf die finanzielle Eingliederung als auch auf den Übergang des Ergebnisabführungsvertrags.[1] Diese Rechtsfolge tritt unabhängig davon ein, ob der übertragende Organträger eine Kapital- oder eine Personengesellschaft ist[2]; insoweit liegt eine Einbringung vor.[3]

 

Rz. 949

Die Beteiligung an der Organgesellschaft, die die finanzielle Eingliederung vermittelt, gehört zu dem übergehenden Vermögen und geht daher auf den übernehmenden Rechtsträger über. Dieser Übergang entfaltet Rückwirkung auf den steuerlichen Übertragungsstichtag, sodass die finanzielle Eingliederung rückwirkend ab diesem Zeitpunkt hergestellt wird. Die finanzielle Eingliederung zu dem übernehmenden Rechtsträger besteht damit während des Rückwirkungszeitraums.[4] Zusätzlich ist der Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers zu beachten. Da die übernehmende Gesellschaft nach § 12 Abs. 3 UmwStG in die Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft eintritt, ist sie steuerlich so zu behandeln, also ob ihr die Beteiligung an der Organgesellschaft während des gesamten Zeitraums, für den die Beteiligung dem übertragenden Rechtsträger zuzurechnen war, zuzurechnen gewesen wäre.[5] Die Besitzzeit der Vorgängerin kommt ihr also zugute. Dies hat Bedeutung, wenn der steuerliche Übertragungszeitpunkt nicht mit dem Ende des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft zusammenfällt. Dann führt die steuerliche Rückwirkung nicht dazu, dass die finanzielle Eingliederung bei dem übernehmenden Rechtsträger seit dem Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft bestanden hat. Die steuerliche Rückwirkung führt dann nur dazu, dass die Beteiligung dem Organträger ab dem steuerlichen Übertragungszeitpunkt zugerechnet wird. Da dieser aber nicht mit dem Beginn des Wirtschaftsjahres zusammenfällt, besteht die finanzielle Eingliederung, wenn man nur die steuerliche Rückwirkung betrachtet, nicht seit Beginn des Wirtschaftsjahres. Diese Lücke schließt die Regelung zum Eintritt in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft (umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge; "Fußstapfentheorie"). Die umwandlungssteuerliche Rückbeziehung und die umwandlungssteuerliche Rechtsnachfolge sind jeweils selbstständige Rechtsinstitute, die nebeneinander anwendbar sind und einander nicht bedingen. Da die übertragende Körperschaft seit Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an dieser beteiligt war, ist dies dem übernehmenden Rechtsträger zuzurechnen. Damit gilt die Organgesellschaft unabhängig davon, ob der steuerliche Übertragungsstichtag unterjährig oder zum Ende eines Wirtschaftsjahrs gewählt wurde, als ununterbrochen in den übernehmenden Rechtsträger eingegliedert. Die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung kann also in doppelter Weise erfüllt werden, nämlich aufgrund der Rückwirkungsfunktion oder aufgrund des Eintritts in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers. Das Erfüllen eines der beiden Tatbestände genügt. Wenn die steuerliche Rückwirkung wegen des unterjährigen Übertragungsstichtags nicht zu einer finanziellen Eingliederung ab Beginn des Wirtschaftsjahres führt, kann diese aufgrund des Eintritts in die Rechtsstellung ("Fußstapfentheorie") bestehen. Dies entspricht der h. M. in der Rechtsprechung und in der Literatur.[6] Maßgebend ist, ob die Besitzzeit von übertragendem und übernehmendem Rechtsträger zusammengenommen zu einer ununterbrochenen finanziellen Eingliederung führt. Problematisch kann dies sein, wenn Organträger und Organgesellschaft unterschiedliche Wirtschaftsjahre haben.

 
Praxis-Beispiel

Die A-AG hat ein Wirtschaftsjahr, das dem Kj. entspricht, die X-GmbH ein Wirtschaftsjahr v. 1.7.–30.6. Zum 1.1.02 erwirbt die A-AG 100 % der Anteile an der X-GmbH. Außerdem wird die A-AG rückwirkend zum 1.1.02 auf die B-AG verschmolzen.

Für das Wirtschaftsjahr 01/02 der X-GmbH kann weder eine Organschaft zu der A-AG noch zu der B-AG begründet werden, weil die Beteiligung sowohl der A-AG als auch der B-AG erst ab 1.1.02 zugerechnet werden kann, und damit nicht für das ganze Wirtschaftsjahr 01/02 der X-GmbH.

Im Umwandlungssteuererlass[7] vertritt die Finanzverwaltung jedoch eine andere Auffassung, indem sie nur auf den steuerlichen Übertragungsstichtag abstellt.

Dem Vernehmen nach vertritt die Finanzverwaltung daher zusätzlich die Auffassung, dass die finanzielle Eingliederung ein tatsächliches Merkmal sei, das sich der Rück...

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