Rz. 945

Die gesonderte Feststellung ist nach § 14 Abs. 5 S. 4 KStG von dem für die Besteuerung der Organgesellschaft zuständigen FA vorzunehmen. Dies stellt eine Änderung gegenüber der bisherigen Regelung dar, wonach die die Organgesellschaft betreffenden Fragen in dem KSt-Bescheid des Organträgers behandelt wurden. Die Neuregelung bedeutet also eine Verlagerung der Zuständigkeit auf die für die Organgesellschaften zuständigen Finanzbehörden und damit eine "Dezentralisierung" der Besteuerungsverfahren der Konzerne.[1]

 

Rz. 945a

Für die gesonderte Feststellung ist nach § 181 Abs. 2 S. 1 AO eine Feststellungserklärung abzugeben; diese Vorschrift ist allgemein gefasst und bezieht sich daher nicht nur auf die Feststellungen nach der AO. Abgabepflichtig ist derjenige Stpfl., dem der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist. Zwar ist das Einkommen nur dem Organträger zuzurechnen, sodass insoweit nur eine Pflicht zur Abgabe der Feststellungserklärung für den Organträger bestünde. Die incidente Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Organschaft betrifft jedoch auch die Organgesellschaft, sodass auch diese abgabepflichtig ist. Die Steuererklärungspflicht trifft also beide Gesellschaften.[2] Es liegt regelmäßig im Ermessen der Finanzbehörde, welchen von mehreren Verpflichteten sie in Anspruch nimmt. Die Erklärung soll nach § 14 Abs. 5 S. 5 KStG jedoch mit der KSt-Erklärung der Organgesellschaft verbunden werden. Damit ist das Ermessen der Finanzbehörde eingeschränkt, sodass in erster Linie die Organgesellschaft die Feststellungserklärung abzugeben hat. Nur wenn diese dazu nicht in der Lage ist, z. B. weil sie zwischenzeitlich liquidiert wurde, kann die Finanzverwaltung von dem Organträger die Abgabe der Feststellungserklärung verlangen. Wird die Erklärung von der Organgesellschaft oder dem Organträger abgegeben, wird damit der jeweils andere Stpfl. von seiner Steuererklärungspflicht nach § 181 Abs. 1 S. 2 AO befreit.[3] Die Feststellungserklärung ist nach § 31 Abs. 1a KStG grundsätzlich in elektronischer Form abzugeben.[4]

 

Rz. 946

Da sowohl Organträger als auch Organgesellschaft von der gesonderten Feststellung betroffen sind, ist der Feststellungsbescheid an beide zu adressieren und beiden bekanntzugeben. § 183 AO ist nicht anzuwenden, da Organträger und Organgesellschaft nicht als "Gesellschafter oder Gemeinschafter" an dem Gegenstand der Feststellung beteiligt sind.[5] Die Finanzbehörde kann also nicht verlangen, dass ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter bestellt wird, Organträger und Organgesellschaft können dies jedoch freiwillig tun. Gegen den Feststellungsbescheid kann sowohl der Organträger als auch die Organgesellschaft entsprechend § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO, § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO Einspruch einlegen und Klage erheben. Die Anerkennung oder Nichtanerkennung der Organschaft beschwert beide Rechtsträger. Das gilt auch für die Organgesellschaft, obwohl bei ihr regelmäßig ein Einkommen von 0 angesetzt wird und dementsprechend keine KSt entsteht.[6] Die einschränkenden Regelungen der Rechtsbehelfsbefugnis in § 352 Abs. 1 Nr. 1–4 AO, § 48 Abs. 1 Nr. 1–4 FGO beziehen sich nur auf Gesellschaften und Gemeinschaften und passen daher auf den Feststellungsbescheid nach § 14 Abs. 5 KStG nicht. Die Rechtsbehelfsbefugnis von Organträger und Organgesellschaft ist daher nicht eingeschränkt. Die Rechtsbehelfsbefugnis der Organgesellschaft bezieht sich auf den ganzen Inhalt des Feststellungsbescheids, also sowohl der Feststellung, dass Organschaft besteht oder nicht besteht, als auch auf die Höhe des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens. Auch hinsichtlich des Einkommens ist die Organgesellschaft Feststellungsbeteiligte und daher rechtsbehelfsbefugt. Legt nur einer von beiden Einspruch ein oder erhebt Klage, tritt auch gegenüber der anderen Gesellschaft keine Bestandskraft ein. Die andere Gesellschaft ist notwendig beizuladen.

Jedenfalls rechtsbehelfsbefugt ist die Organgesellschaft, wenn ein negativer Feststellungsbescheid ergangen ist. Da dann die Organgesellschaft ihr Einkommen selbst zu versteuern hat, ist sie beschwert.[7]

[1] Hierzu sowie zu den damit verbundenen verwaltungstechnischen Schwierigkeiten Teiche, DStR 2013, 2197, 2201.
[2] Drüen, Der Konzern 2013, 433, 442, auch zu den hieran anknüpfenden Folgen für die Pflicht zur Berichtigung nach § 153 AO; zweifelnd Brink, in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2. Aufl. 2018, § 14 KStG Rz. 684m; unklar Dötsch, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz. 1151.
[3] BT-Drs. 17/10774, 33
[5] Ebenso Drüen, Der Konzern 2013, 433, 443.
[6] BFH v. 1.7.2020, XI R 20/18, BStBl II 2021, 296, BFH/NV 2021, 395, Rz. 16ff., Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az. beim BVerfG 2 BvR 926/21; BFH v. 18.8.2021, XI R 43/20, BFH/NV 2022, 459, Rz. 17; Dötsch, in Döltsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz. 1143; a. A. wegen fehlender Beschwer der Organgesellschaft Teiche, DStR 2013, 2197, 2204; Neumann, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 14...

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