Rz. 497

Unklar ist nach dem Wortlaut der Vorschrift, welcher Organträger bzw. welche Organgesellschaft von der Vorschrift betroffen ist. Der zeitliche Zusammenhang der Einführung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG durch das Gesetz v. 20.12.2001[1] mit der Zulassung der doppelt ansässigen Gesellschaft als Organträger könnte darauf hindeuten, dass die Vorschrift nur für doppelt ansässige Organträger gelten soll.[2] Ebenso ist die Erweiterung durch das Gesetz v. 20.2.2013[3] mit der Zulassung einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft begründet worden.[4] Daraus könnte geschlossen werden, dass das Gesetz nur anwendbar ist, wenn der Organträger und/oder eine der Organgesellschaften doppelt ansässig ist. Der Gesetzestext bringt eine solche Beschränkung auf einen doppelt ansässigen Organträger und/oder eine doppelt ansässige Organgesellschaft aber in keiner Weise zum Ausdruck. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Finanzausschuss des Bundestags eine ausdrückliche Beschränkung der Vorschrift auf doppelt ansässige Gesellschaften vorgeschlagen hatte.[5] Im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat wurde diese Einschränkung jedoch verworfen, sodass die jetzt geltende Fassung Gesetz wurde. Sowohl nach dem Wortlaut der Vorschrift als auch nach der Historie des Gesetzgebungsverfahrens muss daher davon ausgegangen werden, dass die Vorschrift alle Organträger bzw. Organgesellschaften betrifft, wenn negative Einkünfte vorliegen. Eine Beschränkung auf doppelt ansässige Organträger oder Organgesellschaften lässt sich aus dem Gesetz daher nicht ableiten.[6] Erfasst werden daher die Fallgruppen 2, 6 und 7 in den Rz. 487ff. Fallgruppe 4 in Rz. 490 müsste aus systematischen Gründen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen werden[7], der Wortlaut der Vorschrift gibt dies aber nicht her.

 

Rz. 498

Als Organträger betroffen sind inl. und doppelt ansässige Körperschaften, beschränkt Stpfl., die nach  § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG Organträger sind, und Personengesellschaften[8] sowie natürliche Personen, da die Vorschrift nur von "Organträger", nicht von "Gesellschaften" spricht.[9] Ab Vz 2012 werden auch Organgesellschaften erfasst. Es kann sich um Organgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland und um solche mit Geschäftsleitung im Inland, aber Sitz in einem EU- oder EWR-Staat handeln. Es werden daher die Fälle 2, 4, 6 und 7 in den Rz. 487ff.erfasst.

 

Rz. 499

Gegen die Einbeziehung der Personengesellschaften spricht allerdings, dass das Gesetz ursprünglich das Tatbestandsmerkmal "Besteuerung des Organträgers" enthielt, während Personengesellschaften selbst nicht besteuert werden.[10] Allerdings war dieses Argument nicht zwingend, weil § 14 Abs. 1 S. 1 KStG auch von der "Zurechnung des Einkommens bei dem Organträger" spricht, Personengesellschaften aber kein Einkommen haben, also Personengesellschaften bei strenger Auslegung des Wortlauts keine Organträger sein könnten. In der Neufassung der Vorschrift wird jedoch nicht mehr auf das "Einkommen" Bezug genommen, sondern auf "Einkünfte". Eine Personengesellschaft ist Subjekt der Einkünfteermittlung, sodass es jedenfalls nicht als systemwidrig angesehen werden kann, wenn von "Einkünften der Personengesellschaft" gesprochen wird.[11] Des Weiteren spricht das Gesetz nicht mehr von der "Besteuerung des Organträgers", sondern von der "Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person". Als "andere Person" kann auch der Gesellschafter der Personengesellschaft angesehen werden. Der Wortlaut der Vorschrift bietet daher keinen Anhaltspunkt mehr dafür, Personengesellschaften von ihrem Geltungsbereich auszuschließen. Auch die ursprüngliche Fassung der Vorschrift konnte sinngemäß so verstanden werden, dass die Formulierung "Besteuerung des Organträgers" die "Zurechnung der Besteuerungsgrundlagen bei der Personengesellschaft zur Versteuerung bei dem Gesellschafter"bedeutete, da begriffliche Überspitzungen bei der teleologischen Auslegung fehl am Platz sind. Auch bei Personalgesellschaften als Organträgern ist eine doppelte Verlustnutzung denkbar, da der Gesellschafter die Verluste u. U. im Rahmen der unbeschränkten und der beschränkten Stpfl. abziehen kann.[12] Im Übrigen wäre die Einbeziehung von Körperschaften und natürlichen Personen, nicht jedoch von Personengesellschaften wohl verfassungsrechtlich nicht haltbar; eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift erfordert daher die Einbeziehung der Personengesellschaften, was auch, wie oben dargestellt, dem möglichen Wortsinn bei einer sinngemäßen Anwendung nicht widerspricht. Man muss jedoch feststellen, dass der Gesetzgeber der Frage, ob auch Personengesellschaften und natürliche Personen von der Vorschrift betroffen sein sollen, offensichtlich keine Beachtung geschenkt hat.

[1] BStBl I 2002, 35.
[2] Fallgruppe 6 in Rz. 492; so Hey, BB 2002, 915; Löwenstein/Maier, IStR 2002, 188; kritisch Endres/Thies, RIW 2002, 275.
[3] BStBl I 2013, 188.
[4] BT-Drs. 17/10774,...

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