3.3.4.5.1 Grundlagen

 

Rz. 417

Grundsätzlich folgt das Steuerrecht dem Handelsrecht. Das bedeutet, dass ein Ergebnisabführungsvertrag keine steuerliche Wirkung entfalten kann, wenn er tatsächlich nicht durchgeführt oder der Betrag des handelsrechtlich höchstens abführungsfähigen Jahresüberschusses überschritten wurde. Steuerlich kann ein solcher Fehler allerdings nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4-6 KStG geheilt werden.[1] Ist die Heilung erfolgt, wird fingiert, dass der Ergebnisabführungsvertrag abweichend von der handelsrechtlichen Regelung tatsächlich durchgeführt worden ist. Die Organschaft ist dann anzuerkennen.

 

Rz. 417a

Andererseits ist der Ergebnisabführungsvertrag grds. dann anzuerkennen, wenn er sich im Rahmen des handelsrechtlich Zulässigen bewegt. So schadet es steuerrechtlich nicht, wenn die Ergebnisabführung, wie handelsrechtlich zwingend vorgeschrieben[2], um einen vorhandenen Verlustvortrag gekürzt wird.[3] Da jedoch das Handelsrecht andere Ziele verfolgt als das Steuerrecht, z. B. den Schutz der Gläubiger und der außenstehenden Aktionäre, und daher z. B. keinen Mindestbetrag für den abzuführenden Jahresüberschuss festlegt, stellt das KStG bestimmte zusätzliche Anforderungen, die erfüllt sein müssen, wenn der Ergebnisabführungsvertrag nicht nur handelsrechtlich, sondern auch steuerrechtlich als voll durchgeführt angesehen werden soll.

[1] Hierzu Rz. 445ff.
[3] Zur steuerrechtlichen Behandlung des Verlustvortrags § 15 KStG Rz. 8ff.

3.3.4.5.2 Abführung von vorvertraglichen Rücklagen

 

Rz. 418

Für vorvertragliche Rücklagen gelten bei Organgesellschaften, die keine eingegliederten Gesellschaften sind, gegenüber der handelsrechtlichen Regelung[1] keine Besonderheiten. Da die Abführung vorvertraglicher Rücklagen schon handelsrechtlich zur Nichtdurchführung des Ergebnisabführungsvertrags führt, zerstört sie auch die steuerrechtliche Wirksamkeit der Organschaft, wenn der darin liegende Bilanzierungsfehler nicht nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4-6 KStG geheilt wird. Entsprechend der handelsrechtlichen Regelung gehören zu den vorvertraglichen Rücklagen auch vorvertragliche Gewinne, die vorgetragen worden sind.

 

Rz. 419

Gegen das Verbot der Abführung vorvertraglicher Rücklagen verstößt es auch, wenn der an den Organträger abzuführende Jahresüberschuss auf sonstige Weise zulasten der vorvertraglichen Rücklagen erhöht wird, z. B. dadurch, dass den Jahresüberschuss mindernder Aufwand, einschließlich der steuerlich nicht abzugsfähigen Ausgaben, über die vorvertraglichen Rücklagen verrechnet wird. Gleiches gilt, wenn vorvertragliche Kapital- oder Gewinnrücklagen mit einem von dem Organträger zu übernehmenden Verlust verrechnet werden; vgl. Rz. 376. Vorvertragliche Rücklagen können aber während der Organschaft aufgelöst und aufgrund eines Gewinnausschüttungsbeschlusses an den oder die Gesellschafter ausgeschüttet werden.[2]

 

Rz. 420

Stille vorvertragliche Rücklagen der Organgesellschaft fallen weder unter das handelsrechtliche noch unter das steuerrechtliche Abführungsverbot. Nach § 301 AktG kann der Jahresüberschuss abgeführt werden. Eine Auflösung vorvertraglicher stiller Reserven erhöht, anders als die Auflösung offener Rücklagen, nicht nur den Jahresgewinn, sondern bereits den Jahresüberschuss, und kann daher abgeführt werden.

 

Rz. 421

Bei Gesellschaften, die nach den §§ 319ff. AktG eingegliedert sind, ist die Abführung vorvertraglicher Rücklagen handelsrechtlich möglich.[3] Nach R 14.6 Abs. 3 S. 4 KStR fällt die Abführung des Bilanzgewinns insoweit nicht unter § 14 KStG, sondern unterliegt den allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften. Das bedeutet, dass in diesem Fall die handelsrechtliche Gewinnabführung von der steuerrechtlichen Einkommenszurechnung streng zu trennen ist. Handelsrechtlich vollzieht sich die Abführung der vorvertraglichen Rücklagen im Rahmen des Ergebnisabführungsvertrags. Steuerrechtlich ist die vorvertragliche Rücklage bei ihrer Bildung vor Wirksamwerden des Ergebnisabführungsvertrags bereits versteuert worden, sie erhöht daher nicht das Einkommen der Organgesellschaft und gehört nicht zu dem dem Organträger zuzurechnenden Einkommen. Der Vorgang verlässt damit den Bereich der Organschaft und unterliegt den allgemeinen Vorschriften. Das bedeutet, dass diese Vermögensübertragung von der Organgesellschaft auf den Organträger wie jede andere Vermögensübertragung außerhalb der Organschaft zu beurteilen ist, d. h. als Ausschüttung. Ein den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechender Gewinnausschüttungsbeschluss kann nicht vorliegen, da bei der Organgesellschaft wegen des Ergebnisabführungsvertrags kein Gewinnverteilungsbeschluss gefasst werden kann. Die Organgesellschaft hat handelsrechtlich keinen ausschüttungsfähigen Gewinn. Die Abführung der vorvertraglichen Rücklage ist also steuerlich wie eine verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln und unterliegt § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG.[4]

3.3.4.5.3 Bildung und Abführung nachvertraglicher Rücklagen (Abs. 1 S. 1 Nr. 4)

 

Rz. 422

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