Rz. 303

Der BGH[1] hat grundsätzlich zu den Voraussetzungen der zivilrechtlichen Wirksamkeit eines Gewinnabführungsvertrags Stellung genommen. Steuerlich bedeutet dies, dass der Ergebnisabführungsvertrag nur anerkannt werden kann, wenn er diesen Voraussetzungen entspricht.[2] Zusätzlich müssen die Voraussetzungen des § 14 KStG erfüllt sein, um einem zivilrechtlich wirksamen Gewinnabführungsvertrag auch steuerliche Wirksamkeit zu verleihen.

 

Rz. 304

Die Voraussetzung des wirksamen Zustandekommens gilt auch für eine Änderung des Gewinnabführungsvertrags. Diese Änderung kann steuerlich nur anerkannt werden, wenn die zivilrechtlichen Gültigkeitserfordernisse wie Zustimmung der Gesellschafterversammlungen und Eintragung in das Handelsregister erfüllt worden sind. Eine Änderung des Vertrags liegt immer dann vor, wenn die Rechte oder Pflichten der Vertragsparteien materiell geändert werden. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Änderungen Haupt- oder Nebenpflichten erfassen und ob diese Änderungen wesentlich sind oder nicht. Ob die Änderung Haupt- oder Nebenpflichten erfasst, ist steuerlich jedoch dafür bedeutsam, ob eine bloße Änderung des Vertrags oder ein Neuabschluss vorliegt, weil davon wiederum abhängt, ob die Mindestlaufzeit von 5 Jahren eingehalten worden ist oder ob eine neue 5-Jahres-Frist beginnt. M. E. liegt ein Neuabschluss vor, wenn Hauptpflichten der Vertragsparteien von der Änderung betroffen sind. Dies sind die Verpflichtung zur Gewinnabführung und zur Verlustübernahme sowie Regelungen, die die steuerlich notwendige Mindestlaufzeit des Vertrags betreffen. Wurde die Mindestlaufzeit eingehalten, ist eine bloße Änderung der Bestimmungen über die Laufzeit des Vertrags, z. B. die Umstellung von einer unbestimmten in eine feste Laufzeit oder umgekehrt, steuerlich unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung nicht als Neuabschluss zu werten[3], sodass die Mindestlaufzeit von 5 Jahren nicht erneut gilt. Eine solche Änderung schafft nicht die Möglichkeit, beliebig zwischen Organschaft und Nicht-Organschaft zu wechseln, sodass eine erneute Mindestlaufzeit nicht erforderlich ist.[4] In jedem Fall sind die zivilrechtlichen Gültigkeitsvoraussetzungen einzuhalten.[5]

 

Rz. 305

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Möglichkeit des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrags in der Satzung der abhängigen Gesellschaft vorgesehen sein muss oder ob, wenn dies nicht der Fall ist, der Abschluss des Gewinnabführungsvertrags eine Satzungsänderung voraussetzt. Der BGH[6] musste zu dieser Frage nicht Stellung nehmen, weil die Satzung der abhängigen Gesellschaft im entschiedenen Fall den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags ausdrücklich zuließ.

 

Rz. 306

Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags setze eine Ermächtigung in der Satzung voraus, wird dies damit begründet, dass ein Gewinnabführungsvertrag so tief in die gewöhnliche, auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit der Kapitalgesellschaft eingreife, dass die Vornahme einer solchen Maßnahme nicht mehr in den Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer falle, wenn die Satzung hierüber keine Bestimmungen enthalte.[7] Richtig ist hieran, dass die gewöhnliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer zum Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags nicht ausreicht. Der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags hat materiell satzungsändernden Charakter und eine vergleichbare Wirkung. Daraus folgt aber nicht, dass er auch formell eine Satzungsänderung darstellt. Dagegen sprechen schon die Regelungen der §§ 291ff. AktG, die die Unternehmensverträge als Verträge ausgestalten, die zwar ungewöhnlich sind und daher besonderer Voraussetzungen bedürfen, formell aber nicht in die Satzung eingreifen. Dem "materiell satzungsändernden Charakter" des Gewinnabführungsvertrags wird durch das Erfordernis der Zustimmung der Gesellschaftsversammlung der abhängigen Gesellschaft Rechnung getragen.[8]

 

Rz. 307

Der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags bedarf der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der abhängigen Gesellschaft. Die Vertretungsmacht des oder der Geschäftsführer allein reicht nicht aus, um den Gewinnabführungsvertrag wirksam abzuschließen.[9] Der Gewinnabführungsvertrag als Unternehmensvertrag i. S. d. § 291 AktG ist ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag, kein schuldrechtlicher Vertrag. Er ändert satzungsgleich den rechtlichen Status der abhängigen Gesellschaft und stellt daher eine "materielle Satzungsänderung" dar. Bei einem Gewinnabführungsvertrag wird in das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter eingegriffen. Außerdem wird der Gesellschaftszweck unter Aufhebung der unabhängigen erwerbswirtschaftlichen Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr bei einem i. d. R. gleichbleibenden Unternehmensgegenstand am Konzerninteresse ausgerichtet.[10] Wegen dieser materiell satzungsändernden Kraft des Unternehmensvertrags liegt sein Abschluss ebenso wie eine formelle Satzungsänderung außerhalb der Vertretungsmacht des Vorstands...

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