Rz. 206

Entsprechend der Frage, ob eine Kapitalgesellschaft, an der eine atypische stille Gesellschaft besteht, Organgesellschaft sein kann, ist die Frage zu beantworten, ob eine Kapitalgesellschaft, an der Genussrechte bestehen, Organgesellschaft sein kann. Handelt es sich um nicht beteiligungsähnliche Genussrechte, werden diese steuerlich als darlehensähnlich behandelt. Die Gewinnbeteiligung des Genussrechtsinhabers ist daher zinsähnlich, und die Fähigkeit der genussrechtsverpflichteten Kapitalgesellschaft, Organträger sein zu können, wird nicht berührt. Die Leistung an den Genussrechtsinhaber ändert daher nichts daran, dass die Kapitalgesellschaft ihren "ganzen" Gewinn aufgrund des Gewinnabführungsvertrags abführt.[1]

 

Rz. 207

Handelt es sich um beteiligungsähnliche Genussrechte[2], wird die Gewinnbeteiligung des Genussrechtsinhabers als Gewinnausschüttung behandelt. Aus steuerrechtlicher Sicht führt die Organgesellschaft dann nicht mehr den "ganzen" Gewinn ab, sodass sie bisher nicht Organgesellschaft sein konnte[3] Als Ausgleichszahlung nach § 16 KStG konnte der Gewinnanteil des Genussrechtsinhabers nicht qualifiziert werden, da Ausgleichszahlungen keine Beteiligung am Gewinn der Organgesellschaft darstellen durften.[4]

Die Rechtslage hat sich durch das Gesetz v. 11.12.2018[5] durch die Einführung des § 14 Abs. 2 KStG geändert.[6] Da durch diese Vorschrift in gewissem Rahmen gewinnabhängige Ausgleichszahlungen zugelassen worden sind, können die Zahlungen an den Inhaber eines beteiligungsähnlichen Genussrechts als solche Ausgleichszahlungen eingestuft werden. Wenn beteiligungsähnliche Genussrechte dem Nennkapital und die Auskehrungen hierauf den Gewinnausschüttungen gleich gestellt werden, muss dies auch für den Begriff der Ausgleichszahlungen gelten. Die Auskehrung auf ein beteiligungsähnliches Genussrecht an eine außenstehende Person muss daher genauso behandelt werden wie die Ausgleichszahlung an einen Minderheitsgesellschafter. Ab Inkrafttreten des § 14 Abs. 2 KStG schadet die Auskehrung auf beteiligungsähnliche Genussrechte daher nicht mehr. Da § 14 Abs. 2 KStG nach § 34 Abs. 6b KStG rückwirkend für alle offenen Veranlagungen gilt, entfällt die Organschaftsschädlichkeit der Genussrechtsauskehrungen rückwirkend.

 

Rz. 207a

Naturgemäß kann die Auskehrung auf beteiligungsähnliche Genussrechte nicht als Ausgleichszahlung anerkannt werden, wenn der Genussrechtsinhaber gleichzeitig der Organträger ist. In diesem Fall ist die Auskehrung an den Genussrechtsinhaber aber als vorweggenommene Gewinnabführung einzuordnen, die ebenso wie eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Organträger nicht organschaftsschädlich ist.

[3] Walter, in Bott/Walter (früher: Ernst & Young), KStG, § 14 KStG Rz. 586; a. A. Schmich, GmbHR 2008, 464, 471; Neumann, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 14 KStG Rz. 316c; Dötsch, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz. 433.
[4] § 16 KStG Rz. 31.
[5] BStBl I 2018, 1377.
[6] Hierzu Rz. 365c ff.

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