Rz. 197

Eine stille Gesellschaft kann nicht Organgesellschaft sein. Sowohl typische als auch atypische stille Gesellschaft sind reine Innengesellschaften, die selbst keinen Gewerbebetrieb unterhalten. Die Organschaft als Außenbeziehung kann aber nicht zu einer reinen Innengesellschaft bestehen. Hinzu kommt, dass die atypische stille Gesellschaft, soweit sie überhaupt als solche fassbar ist, eine Personengesellschaft ist, daher schon aus diesem Grund keine Organgesellschaft sein kann.[1]

 

Rz. 198

Fraglich ist, ob eine Kapitalgesellschaft, an der eine stille Beteiligung besteht, z. B. die GmbH einer GmbH & Still, noch Organgesellschaft sein kann. Aktienrechtlich ist der Vertrag über eine stille Gesellschaft als Teilgewinnabführungsvertrag nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG einzuordnen.[2] Daraus könnte geschlossen werden, dass dadurch der Gewinnabführungsvertrag mit dem Organträger ebenfalls zu einem Teilgewinnabführungsvertrag wird, sodass 2 Teilgewinnabführungsverträge mit verschiedenen Personen bestehen. Da ein Teilgewinnabführungsvertrag zur Bildung einer Organschaft nicht ausreicht, würde der Abschluss eines Vertrags über eine stille Gesellschaft mit der Organgesellschaft die Organschaft verhindern. Dies würde sowohl für die typische als auch für die atypische stille Gesellschaft gelten.[3] Dieses Ergebnis ist aber deshalb nicht überzeugend, weil unklar ist, ob die Gleichstellung einer stillen Gesellschaft mit einem Teilgewinnabführungsvertrag auch für die GmbH gilt[4]; der BGH[5] hat dies nur für eine AG entschieden. Außerdem ist m. E. zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft zu unterscheiden.

 

Rz. 199

Für die Organschaft muss nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG ein Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG vorliegen. Damit wäre bereits zur Voraussetzung gemacht, dass der "ganze" Gewinn abzuführen ist, da ein Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG nur ein solcher ist, der zur Abführung des "ganzen" Gewinns verpflichtet. Trotzdem enthält § 14 Abs. 1 S. 1 KStG zusätzlich die Voraussetzung, dass der Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG den "ganzen" Gewinn erfassen muss. M. E. lässt dies die Interpretation zu, dass die gesellschaftsrechtliche Voraussetzung erfüllt ist, wenn es sich um einen Gewinnabführungsvertrag nach § 291 AktG handelt, unabhängig von der Frage, welchen Charakter ein solcher Vertrag dadurch erlangt, dass eine stille Gesellschaft abgeschlossen wird, die jedenfalls aktienrechtlich den Charakter eines Teilgewinnabführungsvertrags hat. Zumindest für die GmbH verändert ein Gewinnabführungsvertrag entsprechend § 291 Abs. 1 AktG seinen Charakter durch Abschluss einer stillen Gesellschaft nicht. Auch für die AG kann die Auffassung vertreten werden, dass der Gewinnabführungsvertrag trotz Bestehens der stillen Gesellschaft ein solcher nach § 291 Abs. 1 AktG ist. Hierbei ist auch der Zweck der Regelung zu beachten, der darin besteht, den Abschluss einer stillen Gesellschaft bei einer AG an die strengen Voraussetzungen für Unternehmensverträge zu binden.[6] Dieser Zweck wird aber handelsrechtlich nicht gefährdet, wenn man daneben einen Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG annimmt. Aus dem Charakter des Vertrags über die stille Gesellschaft die "Unvereinbarkeit" von stiller Gesellschaft und Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG abzuleiten, beruht lediglich auf formalen Konstruktionen, die durch den materiellen Gehalt beider Verträge nicht erzwungen werden.[7]

 

Rz. 200

Dann erlangt jedoch das Merkmal der "Abführung des ganzen Gewinns" in § 14 Abs. 1 S. 1 KStG bzw. § 17 Abs. 1 S. 1 KStG entscheidende Bedeutung. Dieses Tatbestandsmerkmal ist kein gesellschaftsrechtliches, sondern ein steuerrechtliches Merkmal und unabhängig davon auszulegen, wie der Vertrag über die stille Gesellschaft gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren ist. Die steuerliche Wertung wird dadurch unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Rechtslage.

 

Rz. 201

Handelt es sich um eine typische stille Gesellschaft, ist der Gewinnanteil des Stillen steuerlich als Betriebsausgabe zu behandeln. Der Gewinn der Kapitalgesellschaft, an der die stille Gesellschaft besteht, entsteht also von vornherein gemindert um den Gewinnanteil des Stillen. Damit wird steuerlich der "ganze Gewinn" auch dann abgeführt, wenn nur der Gewinnanteil der GmbH abgeführt wird. Der Abzug des Gewinnanteils des Stillen hindert dies ebenso wenig wie der Abzug anderer Betriebsausgaben. Die typische stille Gesellschaft ist steuerlich darlehensähnlich, sodass sie, wie andere Darlehen auch, die Organschaft zur GmbH nicht hindert. Entsprechendes gilt für partiarische Darlehen.[8]

Der Umstand, dass handelsrechtlich die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft, auch einer typischen stillen Gesellschaft, als Teilgewinnabführungsvertrag einzuordnen ist[9], ändert an diesem Ergebnis nichts. Diese Einordnung verfolgt gesellschaftsrechtliche Zwecke, wie den Schutz der Gesellschaft und der anderen Gesellschafter; steuerlich ist dies ohne Bedeutung. Die...

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