Rz. 50

Sinn von Abs. 1 Nr. 6 ist, die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand zu besteuern, soweit sie außerhalb des Bereichs der Ausübung öffentlicher Gewalt liegt und von einigem Gewicht ist, d. h. in merklichem Wettbewerb zu den Unternehmen der Privatwirtschaft steht. Die partielle Besteuerung der öffentlichen Hand dient der Wettbewerbsneutralität. Die Besteuerung der Betriebe gewerblicher Art (kurz: BgA) von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erfasst nur einen Teilbereich der Betätigung dieser Personen, nicht dagegen diese selbst in ihrer Gesamtfunktion (s. Rz. 9).[1] Gleichwohl und trotz des Wortlauts ist nach h. M. die juristische Person des öffentlichen Rechts und nicht etwa der von ihr unterhaltene Betrieb gewerblicher Art Steuerrechtssubjekt i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG.[2] Sie ist jedoch Steuersubjekt wegen jedes einzelnen Betriebs gewerblicher Art[3]; mehrere Betriebe derselben juristischen Person des öffentlichen Rechts sind grds. nicht zusammenzufassen.[4] Das Einkommen für jeden einzelnen Betrieb gewerblicher Art ist gesondert zu ermitteln. Steuerliches Gewinnermittlungssubjekt ist jeweils der einzelne Betrieb gewerblicher Art.[5] Die Festsetzung der Körperschaftsteuerschuld richtet sich jedoch gegen die juristische Person des öffentlichen Rechts. Der Betrieb gewerblicher Art bleibt steuerrechtlich unselbstständiger Teil der juristischen Person des öffentlichen Rechts.[6] Die Beziehungen zwischen juristischer Person (Träger-Körperschaft) und Betrieb gewerblicher Art werden steuerlich jedoch weitgehend wie die Beziehungen zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft behandelt. Insoweit wird der Betrieb gewerblicher Art wie eine "virtuelle Körperschaft"[7] behandelt. Darum kann der Betrieb gewerblicher Art eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Träger-Körperschaft vornehmen (vgl. Anh. vGA zu § 8 Rz. 49). Gewinnabführungen und verdeckte Gewinnausschüttungen von dem Betrieb gewerblicher Art an die Trägerkörperschaft gelten bei der Trägerkörperschaft als Einkünfte aus Kapitalvermögen[8] und unterliegen der KapESt[9] mit 15 %.[10] In Einzelfällen können Betriebe gewerblicher Art und juristische Person des öffentlichen Rechts denselben Umfang haben.[11]

 

Rz. 51

Bedient sich die juristische Person des öffentlichen Rechts für ihre Tätigkeit einer Rechtsform des privaten Rechts, so richtet sich die Besteuerung nicht nach den für die Betriebe gewerblicher Art i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG geltenden Bestimmungen, sondern nach den für die jeweils gewählte Rechtsform geltenden Vorschriften. So fällt z. B. eine Versorgungs-AG unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG.

 

Rz. 52

Für die Besteuerung der Aktivitäten, die juristische Personen des öffentlichen Rechts außerhalb des von § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG erfassten Bereichs – aber nicht in einer Rechtsform des privaten Rechts – entwickeln, kommt neben einer etwaigen unbeschränkten auch die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht nach § 2 Nr. 2 KStG in Betracht. Umfang und Ermittlung der Einkünfte, Steuersätze und Veranlagungsregelungen ergeben sich aus den Erläuterungen zu § 2 Rz. 28ff.

[1] BFH v. 17.5.2022, VIII R 2/18, BStBl II 2022, 685, BFH/NV 2022, 1128 spricht von der "eingeschränkten persönlichen Steuerpflicht der juristischen Personen des öffentlichen Rechts".
[2] Alvermann, in Streck, KStG, 10. Aufl. 2022, § 4 KStG Rz. 5; Hinder, in Musil/Küffner, Besteuerung der öffentlichen Hand, 2022, Rz. 4.7 f. m. w. N.; zur vorzugswürdigen Gegenansicht Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 65 m. w. N.; näher und auch krit. Jürgens, in Hidien/Jürgens, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 2017, § 5 Rz. 7 ff.; zu den Besonderheiten der Steuerrechtssubjektseigenschaft Kahsnitz, DStR 2019, 1017.
[4] Oellerich, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 1 KStG Rz. 87.
[7] R. Wallenhorst, in Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger und öffentlich-rechtlicher Körperschaften, 7. Aufl. 2017, Rz. H 5.
[11] § 4 Abs. 2 KStG; zur Besteuerung des Betriebs gewerblicher Art § 4 KStG Rz. 12ff.

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