Rz. 106

Ist im Rahmen einer Betriebsaufspaltung die Besitzgesellschaft eine Personengesellschaft und überlässt sie der Betriebs-GmbH ihre Gebäude nebst Einrichtung, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor, sodass die Vergünstigung nach § 9 Nr. 1 S. 2, 3 GewStG nicht in Betracht kommt. Die Besitzgesellschaft beschränkt sich hier nicht auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, sondern nimmt über die Weitergabe der Betriebseinrichtungen an die von ihr beherrschte Betriebs-GmbH am wirtschaftlichen Verkehr teil.[1] Scheitert die Annahme einer Betriebsaufspaltung z. B. wegen fehlender personeller Verflechtung, ist die erweiterte Kürzung möglich.[2] Auch z. B. ein Besitz-Einzelunternehmen, welches im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Grundbesitz an eine Kapitalgesellschaft verpachtet, kann die erweiterte Kürzung nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft lediglich vermögensverwaltend tätig ist.[3]

 

Rz. 106a

Die Besitz-Personengesellschaft kann hinsichtlich des Ertrags aus der Vermietung und Verpachtung des Grundbesitzes an die Betriebs-GmbH die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2, 3 GewStG auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn sie ausschließlich ihren Grundbesitz überlässt und daneben keine andere Tätigkeit oder nur solche Tätigkeiten entfaltet, die nach § 9 Nr. 1 S. 2, 3 GewStG gestattet sind. Auch hier liegt keine reine Vermögensverwaltung vor, da der Zweck der Besitz-Personengesellschaft in erster Linie darauf ausgerichtet ist, der von ihr beherrschten Betriebs-GmbH den Grundbesitz als wesentliche Betriebsgrundlage zur überlassen.[4]

 

Rz. 106b

Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erfüllt.[5] Bei der erweiterten Kürzung handelt es sich nicht um eine Steuerbefreiung, sondern um einen bloßen Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags. Von daher kann auch ein Besitz-Einzelunternehmen, das im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Grundbesitz an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft verpachtet, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2, 3 GewStG nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen hierfür erfüllt. Eine Anwendung der Kürzungsvorschrift auf das Besitz-Einzelunternehmen im Wege einer "Merkmalsübertragung" kommt nicht in Betracht.[6]

 

Rz. 107

Diese Grundsätze gelten nicht für Kapitalgesellschaften als Besitzunternehmen. Der Besitz-Kapitalgesellschaft können weder die von ihren Gesellschaftern gehaltenen Anteile an der Betriebs-Kapitalgesellschaft noch die Beherrschungsfunktion, die mit diesem Anteilsbesitz verbunden ist, zugerechnet werden. Dies wäre, da es sich um verschiedene Rechtsträger handelt, ein unzulässiger Durchgriff auf die hinter der Besitz-Kapitalgesellschaft stehenden Personen.[7] Folglich kann die auf die Vermietung von Grundbesitz beschränkte Besitz-Kapitalgesellschaft die erweiterte Kürzung auch dann in Anspruch nehmen, wenn ihre Gesellschafter zugleich die beherrschenden Gesellschafter der Betriebs-Kapitalgesellschaft sind.[8] Ist die Besitzgesellschaft zwar eine Personengesellschaft, kann der beherrschende Gesellschafter der Betriebsgesellschaft aber auf die Besitzgesellschaft nur über eine Kapitalgesellschaft Einfluss nehmen, gilt das Durchgriffsverbot ebenfalls.[9]

 

Rz. 108

In den Fällen der kapitalistischen Betriebsaufspaltung, bei der die Besitz-Kapitalgesellschaft kraft eigenen Anteilsbesitzes die Betriebs-Kapitalgesellschaft beherrscht, gilt das Durchgriffsverbot nicht. Eine erweiterte Kürzung kommt nicht in Betracht.[10]

 

Rz. 109

Auch im Fall der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung fehlt es an der ausschließlich vermögensverwaltenden Tätigkeit der Besitzgesellschaft.[11] Die von der Betriebsgesellschaft gezahlten Mieten gehören zum Gewerbeertrag der Besitz-Personengesellschaft. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG findet keine Anwendung. Es gelten die Grundsätze der Betriebsaufspaltung. Im Übrigen betätigt sich das Besitzunternehmen bei Erfüllung der Verflechtungsvoraussetzungen auch eigengewerblich.

[1] RFH v. 16.5.1939, I 106/39, RStBI 1939, 790.
[2] Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 26.
[5] BFH v. 22.6.2016, X R 54/14, BStBl II 2017, 529, BFH/NV 2016, 989; vgl. Kuhr, Ubg 2016, 683.
[8] BFH v. 1.8.1979, I R 111/78, BStB II 1980, 77.
[11] Gosch, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 9 GewStG...

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