Rz. 279

Ausgenommen von der Hinzurechnung sind Aufwendungen für Vertriebslizenzen. Unter Vertriebslizenzen sind nach § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG Lizenzen zu verstehen, die ausschließlich dazu berechtigen, aus ihnen abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen. Der Lizenznehmer nutzt in diesen Fällen die Lizenz nicht für seinen Gewerbebetrieb. Sie dient nicht der Stärkung seines Betriebskapitals.[1] Daher hat der Lizenznehmer wirtschaftlich nur eine mit einem Handelsvertreter vergleichbare Stellung, sodass eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG nicht in Betracht kommt.

 

Rz. 280

Nicht anwendbar ist die Ausnahmeregelung auf der letzten Stufe der Überlassungskette, da das letzte Unternehmen in der Kette die überlassenen Rechte nicht mehr nur durchleitet.[2] Dies gilt z. B. für Buchverlage, die auf der Grundlage eines mit einem Rechteverwerter über ein Werk abgeschlossenen Lizenzvertrags Bücher oder vergleichbare Sachen produzieren und verkaufen. Erstreckt sich der mit dem Rechteverwerter abgeschlossene Lizenzvertrag dagegen ausschließlich auf das Vortragen, Aufführen oder Vorführen i. S. d. § 19 UrhG, gilt dies nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht als in der letzten Stufe der Überlassungskette erbracht, sodass eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG ausscheidet.[3] Hierbei handelt es sich um eine Billigkeitsregelung. An sich dürfte die Auffassung der Finanzverwaltung insoweit unzutreffend sein. In den genannten Fällen ist Endnutzer der Rechte nicht das Publikum, sondern der jeweils Vortragende bzw. Auf- oder Vorführende.[4]

 

Rz. 281

Erfasst werden nur Lizenzen, die ausschließlich zur Überlassung an Dritte – also nur zum Vertrieb – berechtigen. Der Gegenstand des Rechts darf vor dem Hintergrund des Ausschließlichkeitsgebots nicht bearbeitet, verändert oder sonst verwertet werden.[5] Dagegen sind Aktivitäten, die unmittelbar mit dem Vertrieb der Rechte zusammenhängen, z. B. die Installation der überlassenen Software auf dem Computer, unschädlich.[6] Räumt z. B. ein Theaterverlag, dem ein Autor ein Manuskript über ein Theaterstück überlassen hat, verschiedenen Theatern das Recht ein, dieses Stück aufzuführen, und übermittelt er diesen Theatern hierzu auch eine Druckversion des Stücks, ist dieses Drucken nicht schädlich i. S. d. Ausschließlichkeitsgebots. Auch Lizenzzahlungen an Filmproduzenten sind nach § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG dem Gewinn eines Filmverleihers nicht hinzuzurechnen, wenn die Filme vor dem Verleih an die Kinos von dem Filmverleiher synchronisiert oder untertitelt werden. Völlig untergeordnete Veränderungen zu Vertriebszwecken, die den Gegenstand der Lizenz im Kern unverändert lassen – wie die Synchronisation und die Untertitelung von Filmen – stehen der Erfüllung des Ausschließlichkeitsgebots nicht entgegen.[7]

 

Rz. 282

Nicht mit dem Ausschließlichkeitsgebot vereinbar sind gemischte Lizenzverträge, die für dasselbe überlassene Recht sowohl eine eigene Nutzung als auch eine Überlassung zulassen. Hier kommt auch eine teilweise Begünstigung – eine Aufteilung der Entgelte scheidet aus – nicht in Betracht.[8] Gleiches gilt, wenn für dasselbe überlassene Recht Vertriebs- mit Herstellungslizenzen verbunden sind. Um die Vergünstigung für Vertriebslizenzen in diesen Fällen zu erhalten, empfehlen sich getrennte Überlassungen durch eigenständige Verträge.[9] Werden im Rahmen eines gemischten Lizenzvertrags mehrere verschiedene Rechte überlassen, von denen einige auf eine eigene Nutzung und andere auf eine Überlassung gerichtet sind, ist ein etwaiges einheitliches Entgelt aufzuteilen.[10] Soweit das Entgelt auf Vertriebslizenzen entfällt, erfolgt keine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG.

 

Rz. 283

Diese Grundsätze gelten – über den Wortlaut von § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG hinaus – nicht nur für überlassene Lizenzen, sondern auch für jedes andere überlassene Recht i. S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.[11]

[1] BT-Drs. 16/4841/80.
[2] Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl I 2012, 654, Rz. 40.
[3] Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl I 2012, 654, Rz. 40.
[4] Keß, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11; Neumann, Ubg 2008, 585.
[5] Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl I 2012, 654, Rz. 42.
[6] Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStBl I 2012, 654, Rz. 42.
[7] FG Berlin-Brandenburg v. 9.12.2020, 10 K 1003/19, EFG 2021, 666, AZ beim BFH III R 2/21.
[8] Keß, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11; a. A. Franke/Gageur, BB 2008, 1704.
[9] Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11; Keß, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11.
[10] Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG Rz. 11.
[11] Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 2.7.2012, BStB...

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