Rz. 92

Kreditinstitute refinanzieren ihre Ausleihungen regelmäßig mit Fremdkapital. Vor diesem Hintergrund besteht aus wirtschafts-, kredit- und währungspolitischen Gründen ein Interesse daran, dass sich Kreditinstitute zur Sicherung ihrer Liquidität langfristig refinanzieren. Um dies zu fördern, begrenzt § 19 Abs. 1 GewStDV die Höhe der zu berücksichtigenden Schulden. Dies führt bei Kreditinstituten im Regelfall dazu, dass keine Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG vorzunehmen sind.

 

Rz. 93

Berechnet wird der Höchstbetrag der zu berücksichtigenden Schulden nach § 19 Abs. 1 GewStDV wie folgt:

 
  Werte von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens laut Steuerbilanz grundsätzlich auf den Schluss des Wj.
  Grundstücke und Gebäude
+ Betriebs- und Geschäftsausstattung
+ Schiffe
+ Anteile an Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen
+ Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter
+ Forderungen aus Genussrechten
+ zu aktivierende Forderungen gegen Unternehmen, mit denen eine gewerbesteuerliche Organschaft besteht, sofern die Unternehmen nicht zu einem Unternehmen gehören, auf das § 19 GewStDV anwendbar ist,
./. Eigenkapital laut Steuerbilanz auf den Schluss des jeweiligen Wj.
= maßgebende Schulden

Dabei müssen aufgrund des Wortlauts von § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter und aus Genussrechten nicht zum Anlagevermögen gehören.[1] Nicht zu berücksichtigen sind Gegenstände, über die Leasingverträge abgeschlossen worden sind.

 

Rz. 94

Wirtschaftsgüter sind dem Anlagevermögen zuzurechnen, wenn sie dem Betrieb dauernd zu dienen bestimmt sind. Ist ein Betriebsgrundstück in der Zwangsversteigerung zur Rettung einer Forderung erworben worden und dient es betriebsfremden Zwecken, kann das Grundstück in den ersten 3 Jahren nach dem Erwerb nicht dem Anlagevermögen, sondern muss dem Umlaufvermögen zugerechnet werden.[2] Die dreijährige Frist beginnt mit dem Tag des Erwerbs des Grundstücks.[3] Die Vergünstigung tritt ein, wenn die für die GewSt-Veranlagung maßgebenden Bilanzstichtage in die dreijährige Frist fallen.[4]

 

Rz. 95

Bei der Berechnung des Höchstbetrags sind neben Anteilen an Kreditinstituten auch Anteile an sonstigen Unternehmen zu berücksichtigen. Unter Anteilen an sonstigen Unternehmen sind Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften zu verstehen. Unter den Begriff Anteile fallen auch Mitgliedschaften bei Genossenschaften und bei öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Hierbei ist es gleichgültig, ob die Mitgliedschaft freiwillig ist oder nicht. Auch auf die Form des Anteilserwerbs kommt es nicht an. Es kann sich um die Übernahme von Anteilen oder um den Eintritt als Gesellschafter handeln. Dabei ist dauernder Aktienbesitz eines Kreditinstituts auch dann als Beteiligung i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV anzusehen, wenn keine Beteiligung i. S. d. HGB vorliegt.[5] Gewährt werden müssen dem Beteiligten aber mit den Rechten eines Aktionärs, Gesellschafters oder Mitunternehmers vergleichbare Rechte. Daher stellen mangels gesellschaftsrechtlicher Stellung z. B. Anleihen öffentlich-rechtlicher Körperschaften, Industrieobligationen, Pfandbriefe und Rentenbriefe keine Anteile im genannten Sinne dar. Gleiches gilt z. B. für Anteile an Investmentfonds.[6] Auch sie gewähren dem Anteilseigner keine mit den Rechten eines Aktionärs, Gesellschafters oder Mitunternehmers vergleichbare Stellung.

 

Rz. 96

Zu den Forderungen aus Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter rechnen sowohl typische als auch atypische stille Beteiligungen.[7] Vermögenseinlagen als stiller Gesellschafter müssen nicht zum Anlagevermögen gehören.[8] Ihre Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen reicht aus.

 

Rz. 97

Bei den Forderungen aus Anlagen in Genussscheine kann es sich sowohl um Genussrechte mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter als auch um Genussrechte mit überwiegendem Eigenkapitalcharakter handeln. Von einem Kreditinstitut gehaltene Genussrechte sind auch dann bei der Ermittlung des Betrags der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung einzubeziehen, wenn die Genussrechte nicht dem Anlagevermögen, sondern dem Umlaufvermögen angehören.[9]

 

Rz. 98

Forderungen gegen Unternehmen, mit denen eine gewerbesteuerliche Organschaft besteht, sind den in § 19 Abs. 1 S. 1 GewStDV genannten Wirtschaftsgütern nach § 19 Abs. 1 S. 2 GewStDV hinzuzurechnen. Gleichgültig ist, ob die Forderung zwischen Organgesellschaften oder zwischen Organträger und Organgesellschaft besteht. Es muss sich aber immer um ein Unternehmen desselben Organkreises handeln. Ob die Forderung zum Anlage- oder Umlaufvermögen gehört, ist ebenso ohne Bedeutung wie der Rechtsgrund der Forderung. Die Hinzurechnung ist für jede Forderung einzeln zu prüfen. Die Höhe der Hinzurechnung der Forderung ist begrenzt durch den Betrag, mit dem sie in der Steuerbilanz zum Schluss des Wj. anzusetzen ist. Ein Gläubigerwechsel innerhalb des Organkreises schließt die Hinzurechnung der Forderung nicht aus.[10] § 19 Abs. 1 S. 2 GewStDV findet allerdings dann keine Anwendung, wen...

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