OFD München, 3.12.2004, S 0624 - 1 St 312

 

1. Allgemeines

§ 364b AO sieht vor, dass das FA im Einspruchsverfahren dem Einspruchsführer in bestimmten Fällen eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen kann. Die Fristsetzung kann nur gegenüber einem Einspruchsführer, nicht jedoch gegenüber einem Hinzugezogenen ergehen (§ 360 AO).

§ 364b AO soll dem Missbrauch des Rechtsbehelfsverfahrens zu rechtsbehelfsfremden Zwecken entgegenwirken. Von der Möglichkeit des § 364b AO ist deshalb insbesondere in Einspruchsverfahren, die einen Schätzungsbescheid wegen Nichtabgabe der Steuererklärung betreffen, Gebrauch zu machen (vgl. AEAO zu § 364b Tz. 1). Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Finanzämter auch in anderen als geeignet erscheinenden Fällen eine Ausschlussfrist setzen.

 

2. Zuständigkeit im FA

Wegen des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zwischen der Fristsetzung nach § 364b AO und der Entscheidung über den Einspruch sollte die Fristsetzung nach § 364b AO grundsätzlich von der zur Fertigung der Einspruchsentscheidung befugten Stelle (in der Regel der Rechtsbehelfsstelle) durchgeführt werden.

In Fällen wiederholter Vollschätzung kann bereits die Arbeitseinheit nach Rücksprache mit der Rechtsbehelfsstelle die Frist nach § 364b AO setzen. Wird die Fristsetzung von der Arbeitseinheit durchgeführt, ist stets mit der Abgabe des Einspruchs an die Rechtsbehelfsstelle bis zum Ablauf der Präklusionsfrist zu warten, da der Einspruch gegen den Schätzungsbescheid nach Eingang der Steuererklärung ggf. durch Abhilfebescheid der Arbeitseinheit erledigt werden kann.

 

3. Zeichnungsrecht

Fristsetzungen nach § 364b AO sind als Vorgänge von rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeit vom Sachgebietsleiter zu unterzeichnen.

 

4. Bestimmtheit der Fristsetzung

Nach § 364b Abs. 1 AO kann das FA dem Einspruchsführer eine Frist setzen

  • zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO),
  • zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte (§ 364b Abs. 1 Nr. 2 AO),
  • zur Bezeichnung von Beweismitteln oder zur Vorlage von Urkunden, soweit er dazu verpflichtet ist (§ 364b Abs. 1 Nr. 3 AO).

Bei Fristsetzungen in Einspruchsverfahren zu Schätzungsbescheiden (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO), steht die UNIFA-Vorlage „Fristsetzung § 364b AO” (im Ordner Allgemein, Unterordner Rechtsbehelfe und im Ordner Rechtsbehelfsstelle) zur Verfügung.

Soweit eine Fristsetzung in anderen als geeignet erscheinenden Fällen vorgenommen wird, ist diese nur wirksam, wenn die vom FA für klärungsbedürftig angesehenen Punkte bzw. die vorzulegenden Beweismittel oder Urkunden so genau bezeichnet werden, dass es dem Einspruchsführer ohne weiteres möglich ist, der Aufforderung nachzukommen. Der Einspruchsführer muss aus der Formulierung erkennen können, mit welchen Beweismitteln etc. er nach Ablauf der Frist nicht mehr gehört werden kann. Es muss also konkret angegeben sein, welches Verhalten binnen welcher Frist der Einspruchsführer zu erbringen hat. Diesem Erfordernis wird z.B. nicht genügt, wenn der Einspruchsführer allgemein zu einer Stellungnahme oder pauschal zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert wird. Ist die Aufforderung inhaltlich unbestimmt, ist sie unwirksam (vgl. BFH-Urteil vom 25.4.1995, IX R 6/94, BStBl 1995 II S. 545). Die Fristsetzung nach § 364b ist außerdem unwirksam, wenn der Einspruchsführer über die Rechtsfolgen der Fristversäumnis nicht belehrt wurde.

Die Entscheidung, ob dem Steuerpflichtigen eine Frist zur Vorlage von Erklärungen und Beweismitteln gesetzt werden soll, liegt im Ermessen des Finanzamts. Es wird bei seiner Ermessensentscheidung zu berücksichtigen haben, ob der Einspruchsführer das Einspruchsverfahren erkennbar verzögern will. Bein Einspruchsverfahren zu Schätzungsbescheiden ist die Fristsetzung daher regelmäßig ermessensgerecht. Werden Einwendungen gegen die Fristsetzung erhoben, ist – soweit nicht abgeholfen wird – die Ermessensausübung im Rahmen der Entscheidung über den Einspruch gegen den Steuerbescheid darzustellen (vgl. auch Tz. 8).

 

5. Dauer der Frist

Der Gesetzgeber hat in § 364b AO bewusst davon abgesehen, eine Mindestfrist zu benennen. Dadurch soll es den Finanzämtern ermöglicht werden, eine auf den Einzelfall bezogene angemessene Frist zu setzen. Für die Abgabe von Steuererklärungen sollten zwischen sechs und acht Wochen vorgesehen werden, für Erklärungen über einzelne Punkte mindestens vier Wochen. Im Übrigen wird es in der Regel zweckmäßig sein, vor einer Fristsetzung nach § 364b AO den Einspruchsführer mit „einfacher” Fristsetzung zur Abgabe von Tatsachen und Beweismitteln aufzufordern.

Beantragt der Einspruchsführer vor Ablauf der nach § 364b AO gesetzten Frist deren Verlängerung, kann die Frist nach § 109 AO verlängert werden. Geht der Fristverlängerungsantrag allerdings erst nach Ablauf der Ausschlussfrist beim FA ein, kann nur nach § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (vgl. AEAO zu § 364b Tz. 4).

Wegen der Behandlung eines Ei...

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