Rz. 200

Die Frage der Bereicherung richtet sich auch für das Schenkungsteuerrecht im Grundsatz nach den zivilrechtlichen Vorgaben. Dabei ist insbesondere dogmatisch von Bedeutung, dass die schenkungsrechtliche Bereicherung nicht mit dem bereicherungsrechtlichen Begriff der Bereicherung gleichgesetzt werden darf. Der Begriff der Bereicherung ist schenkungsrechtlich enger zu fassen als derjenige des erlangten "etwas" in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Die schenkungsrechtliche Bereicherung setzt nicht nur eine Vermögensmehrung oder Minderung der Passiva, sondern die Verschaffung eines Vermögensvorteils voraus. Deshalb kommt es für die schenkungsrechtliche Bereicherung nicht allein auf die dingliche Rechtslage, sondern auch auf die schuldrechtlichen Vereinbarungen mit dem Leistenden an. Ergibt die Auslegung der konkreten Parteiabrede, dass dem Empfänger rechtsgeschäftlich kein Vorteil eingeräumt werden sollte, liegt weder eine Schenkung noch eine freigebige Zuwendung vor. Dagegen wird im Bereicherungsrecht die konkrete Parteiabrede bzw. deren Wirksamkeit erst relevant, wenn es darum geht, festzustellen, ob der Bereicherungsschuldner den Bereicherungsgegenstand "ohne rechtlichen Grund" erlangt hat. Das zeigt sich am Beispiel der Übereignung von Treugut bei der fremdnützigen Treuhand. Aus Sicht des Bereicherungsrechts hat der fremdnützige Treuhänder "etwas", nämlich Eigentum und Besitz am Treugut als Bereicherung erlangt. Aus Sicht des Schenkungsrechts fehlt es daran, weil die Bereicherung i. S. d. § 516 BGB die Verschaffung eines Vorteils beim Empfänger voraussetzt. An einer Bereicherung im schenkungsrechtlichen Sinne fehlt es deshalb, weil es bei der fremdnützigen Treuhand in Bezug auf das erlangte Eigentum an irgendeinem Vermögensvorteil aufseiten des Empfängers fehlt.

 

Rz. 201

Dies ergibt sich aus der schuldrechtlichen Beziehung der Beteiligten, weil den Empfänger eine uneingeschränkte Rückgabepflicht bezüglich des Treuguts trifft. Diese Rückgabepflicht schließt die Bereicherung aus.[1] Hat der Treuhänder nach der vereinbarten Treuhandabrede allerdings das Recht, das Treugut als Sicherheit zu verwenden (sog. Sicherungsabrede), darf der Treuhänder den Gegenstand im Sicherungsfall berechtigterweise verwerten, sodass eine Rückgabepflicht nicht mehr besteht. Deshalb kann hier die Möglichkeit einer (aufschiebend bedingten) Bereicherung nicht von vornherein unter Hinweis auf das mögliche Aussonderungsrecht des Treuhänders, jedenfalls dann, wenn der Sicherungszweck später entfällt, kategorisch verneint werden. An einer freigebigen Zuwendung fehlt es bezogen auf die Bestellung der Sicherheit aber deshalb, weil der Sicherungszweck keine materielle, d. h. eine Vermögensverschiebung endgültig rechtfertigende Causa[2] darstellt.[3]

 

Rz. 202

Auch schenkungsteuerrechtlich liegt eine Bereicherung i. S. d. § 7 Abs. 1 ErbStG nur dann vor, wenn der Empfänger über den Zuwendungsgegenstand tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Hierfür kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise das übertragene Vermögen nach § 39 Abs. 2 AO zuzurechnen ist. Eine Bereicherung ist nicht gegeben, wenn der Empfänger zivilrechtlich zur Rückgewähr des Zuwendungsgegenstands verpflichtet ist.[4] Wird dem Empfänger also ein Vermögensgegenstand lediglich treuhänderisch übereignet, tritt keine Bereicherung ein. Ebenso verhält es sich, wenn der Empfänger rechtlich verpflichtet ist, den erhaltenen Gegenstand an Dritte (z. B. den Arbeitgeber) herauszugeben.[5]

 

Rz. 203

Ein Herausgabeanspruch kann auch nicht mit dem Hinweis verneint werden, der Empfänger etwa von Geldvermögen habe dieses nicht getrennt von seinem eigenen Vermögen verwaltet. Etwa hat der BFH[6] entschieden, dass allein die Einzahlung auf ein Einzelkonto des Lebensgefährten/Ehegatten nicht zwingend als Schenkung bzw. freigebige Zuwendung angesehen werden müsse. Wenn der Rechtsgrund der Zuwendung treuhänderischer Natur sei und deshalb eine Herausgabepflicht bestehe (§ 667 BGB), fehle es objektiv an einer endgültigen Bereicherung. Der BFH hielt den Vortrag des Klägers, die Einzahlung sei nur erfolgt, um den Partnern eine günstigere Geldanlage zu ermöglichen, für erheblich. Wird einem Ehegatten Geldvermögen vom anderen Ehegatten anvertraut, liegt keine freigebige Zuwendung vor, wenn es sich lediglich um ein Auftragsverhältnis handelt, aufgrund dessen der Empfänger den erhaltenen Geldbetrag später gem. § 667 BGB wieder herausgeben muss; unschädlich ist die Vermischung mit eigenem Geldvermögen.[7]

 

Rz. 204

Ein besonderes Problem stellt sich im Zusammenhang mit Gemeinschaftskonten bzw. Gemeinschaftsdepots von Ehegatten.[8] Wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung leben, bleibt das Vermögen der Ehegatten grundsätzlich voneinander getrennt. Nicht selten empfehlen insbesondere Banken den Ehegatten anstelle eines Einzelkontos mit einer Kontovollmacht für den anderen Ehegatten ein sog. Gemeinschafts- bzw. Oder-Kon...

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