Rz. 13

Mit Eintritt des Vorerbfalls hat der Vorerbe den vollen Wert des Erbanfalls zu versteuern. Die Bewertung seines Erwerbs erfolgt unabhängig von den zivilrechtlichen Beschränkungen i. S. d. §§ 2112 ff. BGB, die sich weder in Form eines Abschlags noch als Schuld bereicherungsmindernd auswirken. Über vereinzelt in der Lit. geäußerte verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf diese stringente Behandlung des Vorerben als Vollerben[1] hat sich der BFH wiederholt und unmissverständlich hinweggesetzt.[2] Die Besteuerung des Vorerben als endgültiger Vollerbe bedeutet umgekehrt jedoch auch, dass sich der Wegfall des Nacherbenanwartschaftsrechts – z. B. durch Ausschlagung der Nacherbschaft – aufseiten des Vorerben nicht bereicherungserhöhend auswirkt.

 

Rz. 14

Schuldner der Erbschaftsteuer ist nach § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG der Vorerbe, der nach § 20 Abs. 4 ErbStG die durch die Vorerbschaft veranlasste Steuer aus den Mitteln der Vorerbschaft zu entrichten hat (§ 20 ErbStG Rz. 40 ff.). Auch wenn der Vorerbe die Erbschaftsteuer zulasten der Nachlasssubstanz aufbringen muss, handelt es sich um eine eigene Verbindlichkeit des Vorerben[3], die nach § 10 Abs. 8 ErbStG nicht abzugsfähig ist (§ 10 ErbStG Rz. 290 ff.). Der Vorerbe haftet für diese eigene Verbindlichkeit auch mit seinem gesamten Privatvermögen.[4] Stirbt der Vorerbe, ist die Steuer für den Vorerbfall nach dem Tod des Vorerben regelmäßig gegen den Nacherben und nur ausnahmsweise gegen den Erben des Vorerben festzusetzen.[5]

 

Rz. 15

Erfüllt der Vorerbe freiwillig ein Vermächtnis, mit dem nach Anordnung des Erblassers der Nacherbe belastet ist, stellt das Vermächtnis aufseiten des Vorerben ebenfalls keine Nachlassverbindlichkeit i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG dar, da kein betagtes, sondern ein befristetes Vermächtnis vorliegt, auf das auch § 6 Abs. 3 ErbStG nicht analog Anwendung findet.[6]

[1] Curdt, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 6 Rz. 18 m. w. N.
[3] Gottschalk, in T/G/J/G, ErbStG, § 6 Rz. 35.
[4] RFH v. 7.11.1935, III e A 28/35, RStBl 1935, 1509.
[6] FG Hamburg v. 3.10.1969, II 187/66, EFG 1970, 226, rkr.; Curdt, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 6 Rz. 21.

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