Rz. 160

Kommt § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB zur Anwendung bzw. ist gesellschaftsvertraglich eine echte Fortsetzungsklausel vereinbart, scheidet der verstorbene Gesellschafter im Todeszeitpunkt aus der Gesellschaft aus. In diesem Zeitpunkt erlischt auch sein Mitgliedschaftsrecht.[1] Die Fortsetzung führt unmittelbar zu einem Anwachsungserwerb bei den verbleibenden Gesellschaftern ohne Durchgangserwerb der Erben. Aufseiten der verbleibenden Gesellschafter kommt es über § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 738 BGB zur gesetzlich zwingenden dinglichen Anwachsung der gesamthänderischen Beteiligung des Verstorbenen auf die übrigen Gesellschafter. Aus Sicht des verstorbenen Gesellschafters fallen zugunsten seiner Erben die Ansprüche aus § 738 Abs. 1 S. 2 BGB in den Nachlass. Der Abfindungsanspruch des oder der Erben richtet sich nach dem anteiligen Verkehrswert des Unternehmens[2] und ist die Kehrseite der Fortsetzungsklausel bzw. des § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB. Dies kann zu Liquiditätsengpässen in der Gesellschaft führen und bildet in der kautelarjuristischen Praxis den Hintergrund z. B. für Abfindungsbeschränkungsklauseln bzw. für Ratenzahlungsvereinbarungen. Nach der Rspr. des BGH ist es für den Fall des Ausscheidens durch Tod sogar zulässig, den Abfindungsanspruch des oder der Erben vollständig auszuschließen.[3]

 

Rz. 161

Da die Fortsetzung allein unter den Altgesellschaftern dazu führt, dass das personengesellschaftsrechtliche Mitgliedschaftsrecht des verstorbenen Gesellschafters nicht in den Nachlass fällt, ergeben sich gewisse Brüche zum Erbrecht. Auch dann, wenn Abfindungsansprüche der Erben ausgeschlossen werden sollten, sind im Zweifel etwaige Forderungen des Erblassers/Gesellschafters aus Privatkonten, Darlehenskonten usf. wie etwaige Forderungen von Drittgläubigern Bestandteil des Nachlasses. Im Übrigen führt das Anwachsungsprinzip des BGB-Gesellschaftsrechts, welches nicht dispositiver Natur ist, dazu, dass die mit dem Tod des Personengesellschafters beendete Mitgliedschaft am Nachlass des Verstorbenen vorbeigesteuert wird.

 

Rz. 162

Hinsichtlich der erbschaftsteuerrechtlichen Konsequenzen der Fortsetzungsklausel ist zwischen den Erben einerseits und den verbleibenden Gesellschaftern andererseits zu unterscheiden. Da die Erben des verstorbenen Gesellschafters bei einer Fortsetzungsklausel nicht unmittelbar in den Gesellschaftsanteil des Erblassers einrücken, sondern allein einen schuldrechtlichen Anspruch auf Abfindung erwerben, kann für die Erbschaftsbesteuerung allein der Wert dieses Abfindungsanspruchs maßgebend sein. Die durch die Fortsetzungsklausel von der Nachfolge in die Personengesellschaft ausgeschlossenen Erben haben damit den Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt. Der Zahlungsanspruch ist gem. § 12 BewG grundsätzlich mit dem Nennwert zu bewerten. Im Fall einer langfristigen Stundung findet keine Abzinsung statt, soweit die Stundung ihren Rechtsgrund im Gesellschaftsvertrag und nicht in einer freiwilligen Vereinbarung mit dem Erben hat.[4] Die Betriebsvermögensbegünstigungen finden keine Anwendung.

 

Rz. 163

In der Praxis wird es oft so liegen, dass die an die Erben des verstorbenen Gesellschafters zu zahlende Abfindung geringer ist als der gemeine Wert dieser Beteiligung. In solchen Fällen liegt zulasten der verbleibenden (bereicherten) Gesellschafter der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG (Rz. 431 ff.) vor, soweit die an die Erben für die nicht in den Nachlass fallende Beteiligung zu zahlende Abfindung niedriger ist als der gemeine Wert der Mitunternehmerposition. Insoweit sollen die verbleibenden Gesellschafter für Zwecke der ErbSt unentgeltlich bereichert sein. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG wirft zahlreiche Zweifelsfragen auf (Rz. 431 ff.). Für die Anwendung der §§ 13a, 19a ErbStG ist bei den verbleibenden Gesellschaftern von der Fiktion des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG auszugehen, die bei der Fortsetzungsklausel eine Schenkung auf den Todesfall bewirkt. Der Erwerb der verbleibenden Gesellschafter ist also qua Fiktion ein Erwerb von Todes wegen und damit als solcher nach §§ 13a, 19a ErbStG begünstigt, weil die beiden Normen auf alle Erwerbe von Todes wegen rekurrieren.[5] Nach Lüdicke/Fürwentsches (DB 2009, 12, 15 f.) soll die Anwendbarkeit der §§ 13a, 19a ErbStG nicht zweifelsfrei sein. Denn es sei nicht auszuschließen, dass die FinVerw versuchen könnte zu argumentieren, hier gehe nicht unternehmerisches Vermögen über, sondern es würde nur die Bereicherung in Form der anteiligen Werterhöhung der bereits vorhandenen Anteile besteuert, und dies sei ein aliud. Eine vergleichbare Auffassung habe die FinVerw im Hinblick auf Treuhandverhältnisse vertreten und die Anwendung des § 13a ErbStG a. F. verneint, weil ausschließlich auf die zivilrechtliche Lage abzustellen sei und Übertragungsgegenstand z. B. bei einer Treuhandkommanditbeteiligung der zivilrechtliche Herausgabeanspruch des Treugebers gegen den Treuhänder sei, nicht dagegen eine Kommanditbeteiligung.[6] Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass d...

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