Rz. 9

Nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 ErbStG gilt die Vorschrift nur für Erwerbe von Todes wegen. Diese Aussage beschränkt sich eindeutig auf den Letzterwerb. Eine Begünstigung des Vorerwerbs scheidet – auch im Billigkeitswege – aus.[1] Für den Vorerwerb fehlt eine entsprechende Einschränkung. Insoweit kann als Vorerwerb sowohl ein Erwerb von Todes wegen als auch eine Schenkung unter Lebenden vorliegen.

 

Rz. 10

Die Beschränkung des § 27 Abs. 1 ErbStG auf solche Letzterwerbe, die von Todes wegen erfolgen, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig und verstößt, soweit damit Schenkungen unter Lebenden nicht erfasst sind, auch nicht gegen § 1 Abs. 2 ErbStG[2]; insoweit ist durch § 27 Abs. 1 ErbStG bezüglich § 1 Abs. 2 ErbStG "etwas anderes bestimmt". Für diese Auslegung spricht, dass anderenfalls § 27 ErbStG – entgegen seiner Zielrichtung – gezielt zur Steuerermäßigung eingesetzt werden könnte. Hiergegen wird sich auch kaum mit Erfolg die Verpflichtung des Gesetzgebers anführen lassen, für eine angemessene Besteuerung in den Fällen zu sorgen, in denen der Stpfl. durch Unterlassen der Schenkung die Besteuerung hätte vermeiden können.[3] Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei Mehrfacherwerben in der Steuerklasse I bereits aufgrund der Freibeträge sowie der Gestaltung des Steuertarifs eine steuerliche Entlastung eintritt.

[1] BFH v. 25.9.2018, II B 13/18, BFH/NV 2019, 25; das BVerfG v. 12.8.2018, 1 BvR 2680/17, StED 2018, 274 hat die Sache nicht zur Entscheidung angenommen.
[3] So Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Aufl. 2021, § 27 Rz. 4.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge