1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 26 ErbStG gewährt unter besonderen Voraussetzungen eine Ermäßigung der Steuer, sofern es zu einer vorzeitigen Aufhebung einer Familienstiftung oder eines Familienvereins kommt. § 26 ErbStG ist eine dem § 27 ErbStG verwandte Ermäßigungsvorschrift. Der Steuerzugriff wird auf ein eigentumsschonendes, verhältnismäßiges Maß beschränkt.[1] Nach der Grundkonzeption des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG soll die Besteuerung des in der Stiftung oder dem Familienverein gebundenen Vermögens nur alle 30 Jahre erfolgen, also jeweils in einem Generationenabstand.[2] Kommt es in einem kurzen zeitlichen Abstand nach einem solchen Besteuerungstermin zur vorzeitigen Aufhebung der Familienstiftung oder des Familienvereins, so wird der einer eigentumsschonenden Besteuerung des Stiftungs- bzw. Vereinsvermögens zugrunde gelegte Generationenabstand nicht eingehalten, das zunächst gebundene Vermögen wird erneut besteuert. Dies führt, gemessen an der Grundkonzeption des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, zu einer unverhältnismäßig hohen Belastung. Die Anrechnung eines Teils der Ersatzerbschaftsteuer[3] verwirklicht eine verfassungsrechtlich gebotene eigentumsschonende, verhältnismäßige Besteuerung.[4]

[1] Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 2021, § 26 Rz. 1; Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 26 Rz. 1.
[4] Gl. A. Eisele, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 26 Rz. 3; krit. Jochum, in Wilms/Jochum, ErbStG, § 26 Rz. 9.

2 Voraussetzungen

 

Rz. 2

Familienstiftungen und Familienvereine unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Ersatzerbschaftsteuer; die Steuer hierfür ist nach § 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG zu berechnen.[1] Kommt es zur vollständigen Aufhebung der Familienstiftung oder des Familienvereins, so gilt dieser Erwerb als Schenkung unter Lebenden.[2] Die Steuer hierfür ist nach § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG zu berechnen.[3]

 

Rz. 3

§ 26 ErbStG betrifft den Fall, dass es innerhalb eines kurzen Zeitraums nach Entstehung der Ersatzerbschaftsteuer zur Auflösung einer Familienstiftung oder eines Familienvereins kommt. Der Auflösung steht nach der gesetzlichen Fiktion in § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 3 ErbStG der Formwechsel eines rechtsfähigen Familienvereins in eine Kapitalgesellschaft gleich.[4] Der Zeitraum beträgt 2 Jahre (Buchst. a) bzw. 4 Jahre (Buchst. b). Ob diese Zeiträume gemessen am Generationenabstand von 30 Jahren ausreichend sind, ist rechtspolitisch zweifelhaft. Verfassungsrechtlich sind sie wohl nicht zu beanstanden; die Zeiträume liegen im Rahmen der Einschätzungsprärogative und der Typisierungbefugnis des Gesetzgebers. Maßgebend für die Fristberechnung ist der sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG[5] ergebende Zeitpunkt der Entstehung der Ersatzerbschaftsteuer.[6]

3 Anrechnung der Ersatzerbschaftsteuer

 

Rz. 4

Die Ersatzerbschaftsteuer wird auf die nachfolgend entstandene Schenkungsteuer[1] zur Hälfte angerechnet, wenn seit Entstehung der Ersatzerbschaftsteuer nicht mehr als 2 Jahre vergangen sind. Sind mehr als 2, aber nicht mehr als 4 Jahre vergangen, wird die Ersatzerbschaftsteuer zu einem Viertel angerechnet. Angerechnet wird die festgesetzte Steuer. Darauf, welche Steuer festzusetzen gewesen wäre, kommt es nicht an.

 

Rz. 5

Wird das Vermögen einer Familienstiftung oder eines Familienvereins im Fall der Auflösung auf verschiedene Personen verteilt, stellt jeder einzelne Erwerb aus dem Stiftungsvermögen einen eigenen Steuerfall dar. Es bedarf daher einer Aufteilung der nach § 26 ErbStG anrechenbaren Ersatzerbschaftsteuer auf die einzelnen Erwerber.[2] § 26 ErbStG enthält hierfür keine Regelung. Die Aufteilung ist im Verhältnis des Werts der einzelnen Erwerbe vor Abzug der persönlichen Freibeträge vorzunehmen. Ist einer der Erwerber steuerbefreit, entspricht es dem Sinn und Zweck der Vorschrift, das Anrechnungsvolumen auf die steuerpflichtigen Erwerber zu verteilen.[3]

[2] Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 26 Rz. 7 f.
[3] Ebenso Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 26 Rz. 7; Eisele, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 26 Rz. 6.

4 Trust

 

Rz. 6

§ 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 ErbStG stellt die Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts (Trust) sowie den Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse der Auflösung einer Stiftung bzw. eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, gleich.[1] Gleichwohl ist § 26 ErbStG auf die Auflösung eines Trusts oder den Erwerb durch Zwischenberechtigte nicht anwendbar. Angerechnet werden kann nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nur die Ersatzerbschaftsteuer; § 26 ErbStG nennt ausdrücklich nur § 15 Abs. 2 S. 3 ErbStG und verweist damit ausschließlich auf die in § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG genannten Familienstiftungen und Familienvereine.[2]

[2] Eisele, in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 26 Rz. ...

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