Rz. 130

Die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 4 AStG[1] ist der erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 2 AStG angeglichen. Bei Wegzug eines unbeschränkt Stpfl. in ein einkommensteuerrechtliches Niedrigsteuergebiet wird unterstellt, dass oftmals auch die Erbschaftsteuer entsprechend niedrig gehalten ist. Ist Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG gegeben, tritt die erweitert beschränkte Steuerpflicht über den dort bezeichneten Umfang hinaus für alle Teile des Erwerbs ein, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c Abs. 1 EStG wären.[2] Die erweitert beschränkte Steuerpflicht setzt also die beschränkte Steuerpflicht voraus.

 

Rz. 131

§ 4 AStG knüpft mit seinen Anwendungsvoraussetzungen an einkommensteuerliche Beurteilungsmerkmale[3] an. Die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht tritt ein, wenn

  • der Erblasser oder Schenker (nicht der Erwerber) in den letzten 10 Jahren vor seiner Auswanderung als Deutscher insgesamt mindestens 5 Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig gewesen ist,
  • er in einem niedrig besteuerten Land ansässig ist[4] und
  • wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hat[5],
  • die Anwendung des § 1 Abs. 1 AStG nicht aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ausgeschlossen ist,
  • im Ausland eine der deutschen Erbschaftsteuer entsprechende Steuer für die § 4 AStG unterliegenden Teile des Erwerbs zu entrichten ist, die weniger als 30 % der auf dieses Vermögen entfallenden deutschen Erbschaftsteuer beträgt und
  • dem Grunde nach die beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG wegen Erwerbs von Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG vorliegt.
 

Rz. 132

Die Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 AStG überschneiden sich mit denen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b ErbStG. Die beschränkte Steuerpflicht ist jedoch gegenüber der unbeschränkten subsidiär. Daher tritt die Steuerpflicht aus § 4 AStG erst ein, wenn der die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht auslösende 5-Jahreszeitraum abgelaufen ist. Auf die Person des Erwerbers kommt es bei der Anwendung des § 4 AStG nicht an. Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht kommt nur in Betracht, wenn der Erwerber nicht Inländer ist; anderenfalls ist schon die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gegeben.

 

Rz. 133

Ob bei dem Erblasser oder Schenker die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AStG erfüllt sind, ist regelmäßig schon bei der Einkommensteuer zu entscheiden. Zu beachten ist allerdings, dass die Maßstäbe des Einkommensteuerrechts für die Erbschaftsteuer an die auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung[6] auszurichtende Stichtagsbetrachtung anzupassen sind.

 

Rz. 134

Von der erweiterten beschränkten Steuerpflicht wird – über § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i. V. m. § 121 BewG hinausgehend – das sog. erweiterte Inlandsvermögen erfasst. Es erstreckt sich auf alle Vermögenswerte, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c Abs. 1 EStG wären.[7] Dieses erweiterte Inlandsvermögen ist allerdings nur dann der Besteuerung unterworfen, wenn beim Erblasser bzw. Schenker auch Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG vorhanden war (ist).[8]

 

Rz. 135

Die erweiterte beschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht erstreckt sich über das in § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i. V. m. § 121 BewG genannte Inlandsvermögen hinaus auf[9]:

  • Kapitalforderungen gegen Schuldner im Inland
  • Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland
  • Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften, Investmentfonds und offenen Immobilienfonds sowie Geschäftsguthaben bei Genossenschaften im Inland
  • Ansprüche auf Renten und andere wiederkehrende Leistungen gegen Schuldner im Inland sowie Nießbrauchs- und Nutzungsrechte an Vermögensgegenständen im Inland
  • Erfindungen und Urheberrechte, die im Inland verwertet werden
  • Versicherungsansprüche gegen Versicherungsunternehmen im Inland
  • bewegliche Wirtschaftsgüter, die sich im Inland befinden
  • Vermögen, dessen Erträge nach § 5 AStG der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegen
  • Vermögen, das nach § 15 AStG dem erweitert beschränkt Stpfl. zuzurechnen ist
 

Rz. 136

Nicht der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegen z. B. ausländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, sonstiges im Ausland belegenes unbewegliches Vermögen und Sachinbegriffe und in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätten.

 

Rz. 137

Bei der Ermittlung der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Erwerbe kommt ein Abzug von Schulden und Lasten nur insoweit in Betracht, als diese in einer wirtschaftlichen Beziehung zu diesen Erwerben stehen (§ 10 Abs. 6 ErbStG). Für die Berücksichtigung negativen Vermögens gilt Folgendes: Ergibt sich infolge des Abzugs der Schulden und Lasten ein negatives erweitertes Inlandsvermögen, so kann dieses mit dem positiven Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG verrechnet werden. Ein negatives Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG kann im umgekehrten Fall mit einem...

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