Rz. 9a

Das FG Düsseldorf hatte mit Urteil vom 12.1.2011[1] entschieden, dass die fehlende Differenzierung der Steuersätze in den Steuerklassen II und III für das Streitjahr 2009 nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstößt. Dieser Einschätzung ist der BFH in seinem Vorlagebeschluss an das BVerfG gefolgt.[2]

Nach Ansicht des BFH ist die Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III im Jahr 2009 verfassungsrechtlich hinzunehmen. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, Erwerber der Steuerklasse II besser zu stellen als Erwerber der Steuerklasse III.

Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei auch nicht zu beanstanden, dass die Erwerber der Steuerklasse II nur für das Jahr 2009 den Erwerbern der Steuerklasse III völlig gleichgestellt wurden, während sie für die Jahre zuvor und danach besser als diese behandelt wurden bzw. werden. Der Gesetzgeber war danach nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, die Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG zugunsten der Erwerber der Steuerklasse II durch das WachstBeschlG rückwirkend auf Erwerbe vorzunehmen, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entstanden ist. Ferner seien wiederholte Gesetzesänderungen innerhalb eines kürzeren Zeitraums nach der ständigen Rspr. des BFH als solche nicht verfassungswidrig.[3]

Damit ist nach Auffassung des BFH die fehlende Differenzierung der Steuersätze zwischen den Steuerklassen II und III genauso verfassungsgemäß wie der Umstand, dass nur im Jahr 2009 die Unterscheidung zwischen Steuerklasse II und III völlig gefehlt hat (Problem der Gleichheit in der Zeit).

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 17.12. 2014[4], zwar § 19 ErbStG als Schlüsselnorm zur Verfassungswidrigkeit der seitherigen Verschonung bewertet. Die Norm selbst musste jedoch nicht angepasst werden; lediglich die Regelungen zur Betriebsvermögensverschonung waren zu überarbeiten. Durch das entsprechende Gesetz vom 4.11.2016[5] kam es daher auch zu keiner Änderung der Norm.

Nach Auffassung des BFH führt die starke Privilegierung des Betriebsvermögens auch nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Besteuerung des Privatvermögens – und damit auch des Tarifs nach § 19 ErbStG –, selbst falls eine erbschaftsteuerliche Überbegünstigung des Betriebsvermögens zu verzeichnen wäre. Auch wenn die begünstigte Besteuerung des Betriebsvermögens nach dem Recht der EU eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstellen sollte, berührte dies nicht die nationale Rechtmäßigkeit der Besteuerung des erbschaftsteuerlichen Erwerbs von Privatvermögen.[6]

Die Prozenttarife der Erbschaftsteuer sind auf den gesamten Erwerb anzusetzen. Eine Aufspaltung des steuerpflichtigen Erwerbs in Teilbeträge mit unterschiedlichen Steuertarifen findet nicht statt. Der Härteausgleich kompensiert Nachteile durch Progressionssprünge abschließend. Mit dieser klaren Aussage hat der BFH[7] Bedenken der Lit. im Hinblick auf die Eindeutigkeit und die verfassungsrechtliche Bestimmtheit der Norm verworfen. Die Erwägungen des BFH im Urteil zu § 33 Abs. 3 EStG[8] sind auf den Tarif des § 19 Abs. 1 ErbStG nicht anwendbar.

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