Rz. 70

Ehegatten setzen sich häufig zur gegenseitigen Absicherung als Alleinerben ein. Meist treffen sie dann ergänzend noch eine Regelung, mit der Sie einen Erben nach dem Überlebenden einsetzen, meist die gemeinsamen Abkömmlinge. Durch solche gemeinsamen Verfügungen, die auch dem eingetragenen Lebenspartner (Rz. 71) offenstehen, wollen sie sicherstellen, dass nach dem Tod des ersten von ihnen das gemeinsame Vermögen zunächst dem Überlebenden verbleibt und dann nach dessen Ableben auf den gemeinsam bestimmten Dritten übergeht.

Grundsätzlich bestehen 3 Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Vor- und Nacherbfolge (sog. Trennlösung): Hier hält der Vorerbe nach dem Erbfall 2 getrennte Vermögensmassen, nämlich sein Eigenvermögen und den Nachlass des Verstorbenen.
  • Voll- und Schlusserbfolge (sog. Einheitslösung): Hier wird der Ersterbende Vollerbe, was zu einer Vereinigung seines Vermögens mit dem Nachlass des Erstverstorbenen zu einem einheitlichen Vermögen führt.
  • Vollerbfolge und Nießbrauchsvermächtnis: Hier erbt sofort ein Dritter und der überlebende Ehegatte erhält ein Nießbrauchsvermächtnis.

Obwohl zunächst die Trennlösung als Berliner Testament bezeichnet wurde, wird der Begriff heute für die ersten beiden Varianten oder sogar – entgegen dem historischen Hintergrund – insbesondere für Fälle der Einheitslösung verwendet; und zwar gerade auch, wenn auf § 15 Abs. 3 ErbStG Bezug genommen wird.

Welche dieser Gestaltungsmöglichkeiten gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Erst wenn danach nicht zu behebende Zweifel bestehen, kommt § 2269 Abs. 1 BGB zur Anwendung, wonach ein Fall der Einheitslösung anzunehmen ist.[1] Die Voll- und Schlusserbfolge liegt also vor, wenn diese ausdrücklich angeordnet oder wegen nicht zu beseitigender Zweifel anzunehmen ist.

[1] Weidlich, in Grüneberg, 2022, BGB, § 2269, Rz. 1–5 m. w. N. und Erläuterungen.

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