Rz. 49

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG sind die Erwerbe von Eltern, Adoptiveltern, Stiefeltern und Großeltern steuerbefreit, sofern diese Personen erwerbsunfähig oder durch die Führung eines gemeinsamen Hausstands mit erwerbsunfähigen oder in Ausbildung befindlichen Abkömmlingen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert sind und der Erwerb zusammen mit dem übrigen Vermögen des Erwerbers den Betrag i. H. v. 41.000 EUR nicht übersteigt. Ist dieser Betrag überschritten, wird nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 ErbStG die Steuer lediglich insoweit erhoben, als sie aus der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gezahlt werden kann. Die Vorschrift gilt für Erwerbe von Todes wegen i. S. d. § 3 ErbStG und Zuwendungen unter Lebenden i. S. d. § 7 ErbStG.[1]

 

Rz. 50

Die Voraussetzung der Erwerbsunfähigkeit bzw. der verhinderten Erwerbstätigkeit und die Freigrenze i. H. v. 41.000 EUR sind für jeden Erwerber gesondert zu prüfen. Die erforderliche Erwerbsunfähigkeit muss auf dauerhafte körperliche oder geistige Gebrechen zurückzuführen sein, worunter auch eine fortgesetzte Altersschwäche fällt.[2]

 

Rz. 51

Ein entsprechender Erwerb ist steuerfrei, wenn der Erwerb zusammen mit dem weiteren Vermögen des Erwerbers den Betrag i. H. v. 41.000 EUR nicht übersteigt. Ist diese Freigrenze auf der Basis der jeweiligen Steuerwerte gem. § 12 ErbStG und unter Außerachtlassung des persönlichen Freibetrags nach § 16 ErbStG überschritten[3], entfällt die Steuerbefreiung insgesamt. Zu dem übrigen Vermögen zählen nicht der Hausrat i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG[4] und andere bewegliche Gegenstände i. S. d. § 111 Nr. 10 BewG a. F. Um die mit dem vollständigen Wegfall der Steuerbefreiung verbundenen Härten abzumildern, wird bei einem Übersteigen der Freigrenze nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 ErbStG die Steuer auf den Erwerb nur insoweit erhoben, als sie aus der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gezahlt werden kann.

 
Praxis-Beispiel

Der Erwerb der Eltern i. S. d. § 13 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG von ihrem Sohn beträgt 30.000 EUR, das übrige Vermögen der Eltern hat einen Wert von 15.000 EUR. Die reguläre Steuer auf den Erwerb beläuft sich aufgrund der Steuerklasse II bei Anwendung eines Freibetrags gem. § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG i. H. v. 20.000 EUR und einem Steuersatz von 30 % auf 3.000 EUR (= 30.000 EUR ./. 20.000 EUR = 10.000 EUR × 30 %). Die Steuer auf den Erwerb wird jedoch gem. § 13 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 ErbStG lediglich in Höhe der Hälfte des die Wertgrenze von 41.000 EUR übersteigenden Betrags erhoben. Bei einer Summe von Erwerb und übrigem Vermögen i. H. v. 45.000 EUR (= 30.000 EUR + 15.000 EUR) beträgt die Steuer lediglich 2.000 EUR als die Hälfte des 41.000 EUR übersteigenden Betrags (= 45.000 EUR ./. 41.000 EUR = 4.000 EUR × 50 %).

 

Rz. 52

Die Relevanz der Vorschrift ist mit Blick auf die persönlichen Freibeträge nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG in der Praxis eingeschränkt. Eltern, Adoptiveltern und Großeltern steht seit der Reform des ErbStG durch das Gesetz vom 24.12.2008[5] mit Wirkung zum 1.1.2009 bei einem Erweb von Todes wegen bereits ein persönlicher Freibetrag i. H. v. 100.000 EUR (vormals 51.200 EUR) zu.

 
Hinweis

Maßgebliche Anwendungsbereiche des § 13 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG sind Zuwendungen unter Lebenden an Eltern, Adoptiveltern und Großeltern, da hierfür lediglich ein persönlicher Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG i. H. v. 20.000 EUR (vormals 10.300 EUR) gilt, und Erwerbe von Todes wegen durch Stiefeltern, die einem Freibetrag in gleicher Höhe unterliegen.[6] Es empfiehlt sich daher, im Hinblick auf die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG eine Unterstützung der Eltern zur Sicherung des Unterhalts in Form laufender Zahlungen vorzunehmen.[7]

[1] Michel, DStR 1981, 218, 221.
[2] BFH v. 11.7.1967, III 130/64, BStBl III 1967, 551; Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 13 Rz. 88; S. Viskorf, in V/S/W, ErbStG, 2023, § 13 Rz. 98.
[3] Hessisches FG v. 19.8.1975, III 12–14/75, EFG 1976, 239, (rkr.).
[5] BGBl I 2008, 3018.
[6] Michel, DStR 1981, 218, 221; Jochum, in Wilms/Jochum, ErbStG, § 13 Rz. 98.
[7] Rz. 71 ff.; Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 2021, § 13 Rz. 46.

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