6.6.5.1 Überblick

 

Rz. 545

Das Sachwertverfahren kommt nach § 182 Abs. 4 BewG immer dann zur Anwendung, wenn bei Wohnungs- und Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäusern geeignete Vergleichswerte fehlen (Nr. 1) und wenn sich bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken auf dem örtlichen Grundstücksmarkt keine übliche Miete ermitteln lässt (Nr. 2); darüber hinaus ist es allgemein auf die Bewertung sonstiger bebauter Grundstücke anzuwenden (Nr. 3). Will die FinVerw unter Berufung auf § 182 Abs. 4 Nr. 1 oder 2 BewG vom Vergleichs- bzw. Ertragswertverfahren abweichen, hat sie das Fehlen geeigneter Vergleichswerte oder die Unmöglichkeit der Ermittlung einer üblichen Miete nachzuweisen.[1] Die Gegenauffassung[2], der Stpfl. habe zur Abwendung einer Bewertung im Sachwertverfahren Vergleichspreise oder übliche Mieten mitzuteilen, ist mit der Gesetzessystematik und den sich daraus ergebenden Grundsätzen der Feststellungslast unvereinbar.

Bei Anwendung des Sachwertverfahrens ist der Wert der Gebäude (Gebäudesachwert) getrennt vom Bodenwert nach Herstellungskosten zu ermitteln.[3] Vereinfachend sieht § 189 Abs. 4 S. 1 BewG vor, dass der Wert der baulichen Außenanlagen und sonstigen Anlagen grundsätzlich mit dem Gebäude- und dem Bodenwert abgegolten ist. Nur für besonders werthaltige bauliche Außenanlagen und sonstige Anlagen sind nach § 189 Abs. 4 S. 2 BewG besondere Wertansätze erforderlich. Als besonders werthaltig gelten Außenanlagen, wenn die in der Tabelle zu R B 190.5 ErbStR 2019 dargestellten Größenmerkmale erreicht werden. Von besonders werthaltigen Außenanlagen ist auch auszugehen, wenn die Summe ihrer Sachwerte (Regelherstellungskosten für Außenanlagen nach Alterswertminderung) 10 % des Gebäudewerts übersteigt.[4]

Zur Ermittlung des Gebäudesachwerts sind die durchschnittlichen Herstellungskosten des Gebäudes mit dem Regionalfaktor nach § 190 Abs. 5 BewG sowie dem Alterswertminderungsfaktor nach § 190 Abs. 6 BewG zu multiplizieren.[5] Die durchschnittlichen Herstellungskosten des Gebäudes ergeben sich durch Multiplikation der Regelherstellungskosten nach § 190 Abs. 1 und 2 BewG mit der jeweiligen Brutto-Grundfläche des Gebäudes und dem Baupreisindex nach § 190 Abs. 4 BewG.[6]

Der Bodenwert ist wie der Wert des unbebauten Grundstücks nach § 179 BewG zu ermitteln.[7] Ebenso wie beim Ertragswertverfahren bleibt dabei außer Acht, dass ein bebautes Grundstück deshalb nicht mit einem unbebauten Grundstück zu vergleichen ist, weil der Erwerber in seiner baulichen Nutzung nicht mehr frei ist. Falls er es einer abweichenden Nutzung zuführen wollte, müsste er zusätzlich zu dem Kaufpreis Abriss- und Freilegungskosten aufwenden. Dies dämpft nach gängiger Meinung den Bodenwert.[8] Ein Abschlag vom Bodenwert nach § 179 BewG kommt nur in Betracht, wenn die tatsächliche Bebauung hinter der zulässigen zurückbleibt und keine Möglichkeit besteht, das Maß der zulässigen baulichen Nutzung auszuschöpfen.[9]

Der Bodenwert und der Gebäudesachwert ergeben den vorläufigen Sachwert des Grundstücks.[10] Dieser ist zur Anpassung an den gemeinen Wert mit einer Wertzahl nach § 191 BewG zu multiplizieren.[11]

 

Rz. 546

Nach den §§ 189191 BewG vollzieht sich die Bewertung im Sachwertverfahren nach folgendem Schema:

 
Bodenwert[12] Gebäudesachwert[13]
  Regelherstellungskosten
  ×
  Bruttogrundfläche
Bodenrichtwert

x

Baupreisindex

=

durchschnittliche Herstellungskosten des Gebäudes

x

Regionalfaktor
× x
Grundstücksfläche Alterswertminderungsfaktor
= =
Bodenwert Gebäudesachwert
+
= vorläufiger Sachwert
×
Wertzahl
=
Grundbesitzwert
[2] FG Köln v. 12.2.2014 K 3081/13, EFG 2014, 818; ebenso Halaczinsky, in Rössler/Troll, BewG § 182 Rz. 8.
[4] R B 190.5 S. 4 ErbStR 2019.
[8] Tremel, DStR 2008, 753, 757.
[9] Pauli, Beilage zu FR 11/2009, 2, 13.

6.6.5.2 Regelherstellungskosten des Gebäudes

 

Rz. 547

Nach § 190 Abs. 1 S. 1 BewG ist bei der Ermittlung des Gebäudesachwerts von den Regelherstellungskosten des Gebäudes auszugehen. Dies sind die durchschnittlichen Herstellungskosten je Flächeneinheit.[1] Dass die Ermittlung des Gebäudesachwerts nicht auf der Grundlage tatsächlicher, sondern gewöhnlicher Herstellungskosten erfolgt, trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Erwerber den Wert des Gebäudes nicht nach den historischen Herstellungskosten, sondern nach den Kosten bemessen wird, die er unter gewöhnlichen Umständen für die Herstellung eines entsprechenden Gebäudes aufwenden müsste. Auch § 36 Abs. 2 S. 2 ImmoWertV geht bei der Ermittlung der Herstellungskosten von sog. Normalherstellungskosten aus.

 

Rz. 548

Die Regelherstellungskosten des Gebäudes sind in Anlage 24 zum BewG enthalten.[2] Die Flächenpreise, die in der mit dem ErbStRG in Kraft getretenen Fassung ausgewiesen waren, beruhten auf den Normalherstellungskosten 2000 und wurden anhand d...

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