Rz. 341
Nach § 202 Abs. 1 S. 1 BewG ist zur Ermittlung des Betriebsergebnisses von dem Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auszugehen. Die früher in R 99 Abs. 1 S. 4 ErbStR 2003 vorgesehene Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen i. S. d. §§ 7 und 8 KStG kommt nach neuem Recht nicht mehr in Betracht, weil Einzelunternehmen und Personengesellschaften anders als Kapitalgesellschaften kein zu versteuerndes Einkommen haben.
Rz. 342
Gewinn i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ist der unter Berücksichtigung der steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften ermittelte Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres vermehrt um den Wert der Entnahmen[1] und vermindert um den Wert der Einlagen.[2] Die Anknüpfung an das Steuerbilanzergebnis hat zur Folge, dass außerhalb der Bilanz vorzunehmende Korrekturen – z. B. wegen der Steuerfreiheit bestimmter Einnahmen oder der nach § 4 Abs. 1 S. 8 EStG zu berücksichtigenden Einschränkungen des Betriebsausgabenabzugs[3] – die Ausgangsgröße nicht berühren.[4] Unabhängig von ihrer ertragsteuerlichen Behandlung beeinflussen sie den zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Ertrag und müssen deshalb im Rahmen der Ertragswertermittlung erfasst werden.[5] Maßgeblich für die Ermittlung des Betriebsergebnisses ist die zutreffende, nicht die tatsächliche ertragsteuerrechtliche Behandlung.[6]
Rz. 343
Die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Ableitung des Jahresertrags ist in der Lit. auf Kritik gestoßen. Nach Ansicht von Rohde/Gemeinhardt steht sie im Widerspruch zu den anerkannten Grundsätzen der Unternehmensbewertung.[7] Schulte befürchtet, dass sich die im Ertragsteuerrecht zu beobachtende Tendenz, Aufwendungen unter Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips in Gewinn umzuwandeln, im Erbschaftsteuerrecht vollen Umfangs fortsetzt.[8]
U.E. ist die Anknüpfung an das Steuerbilanzergebnis im Hinblick auf den mit den §§ 199–203 BewG verfolgten Vereinfachungszweck vertretbar.[9] Abweichungen gegenüber dem Handelsbilanzergebnis ergeben sich allein aus den steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften, z. B. aus dem Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen gem. § 5 Abs. 4a EStG oder den Vorschriften über die Bemessung von Pensionsrückstellungen gem. § 6a EStG.[10] Außerhalb der Bilanz vorzunehmende Korrekturen – die Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben und der Abzug steuerfreier Einnahmen – wirken sich hingegen nicht auf die in § 202 Abs. 1 S. 1 BewG genannte Ausgangsgröße aus.
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