Rz. 253

Bei Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Europäischen Gesellschaften) sowie bei Personengesellschaften i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 S. 2 EStG gehören alle Wirtschaftsgüter, die diesen Gesellschaften gehören, zum Betriebsvermögen.[1] Diese Gesellschaften haben also nach dem Gesetzeswortlaut kein aktives Privatvermögen, selbst wenn bestimmte Wirtschaftsgüter nicht betrieblichen, sondern privaten Zwecken dienen und damit im Zusammenhang stehende Aufwendungen und Erträge die Höhe des Einkommens bzw. des Gewinns nicht beeinflussen dürfen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Eine Personengesellschaft ist Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das sie einem Gesellschafter unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt. Obwohl es sich bei dem Grundstück und dem Gebäude ertragsteuerlich um notwendiges Privatvermögen handelt und die mit dem Objekt in Zusammenhang stehenden Aufwendungen dem Gewinn als Entnahmen hinzuzurechnen sind, gehört das Objekt bewertungsrechtlich zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft.

Demgegenüber geht R B 97.1 Abs. 1 ErbStR 2019 auch für das Gesellschaftsvermögen von Personengesellschaften von einer Bestandsidentität zwischen dem Betriebsvermögen im ertragsteuerrechtlichen und dem Betriebsvermögen im bewertungsrechtlichen Sinne aus. Hiernach wäre das privat genutzte Grundstück im Beispielsfall nicht in die wirtschaftliche Einheit des Betriebsvermögens einzubeziehen, sondern dem Grundvermögen zuzurechnen. Auch Forderungen der Personengesellschaften gegen ihre Gesellschafter sind nach der Verwaltungsauffassung nur insoweit in die Bewertung des Unternehmens einzubeziehen, als sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören.[3] Bei Darlehensforderungen setzt dies voraus, dass das Darlehen entweder zu fremdüblichen Konditionen (Zins, Laufzeit, Sicherheit) gewährt wird oder ein betriebliches Interesse an der Gewährung besteht. Soweit Darlehensforderungen hiernach nicht zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft gehören, sind sie nach der Verwaltungsauffassung als gesamthänderisch gehaltene Forderungen im Privatvermögen aller Gesellschafter zu behandeln.[4] Die Verwaltungsauffassung vermeidet zwar bei Personengesellschaften eine unterschiedliche Behandlung von Gesellschafts- und Sonderbetriebsvermögen einerseits (vgl. Rz. 254) und aktiven und passiven Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens andererseits (vgl. Rz. 258), lässt sich mit dem Gesetzeswortlaut aber nicht in Einklang bringen; denn § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1 BewG enthält im Verhältnis zu § 95 Abs. 1 BewG eine Spezialregelung.[5]

 

Rz. 254

Auch nach dem Gesetzeswortlaut gehören bei Personengesellschaften Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines, mehrerer oder aller Gesellschafter stehen, nur insoweit zum Betriebsvermögen, als sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören.[6] Zu diesem sog. Sonderbetriebsvermögen gehören zum einen Wirtschaftsgüter einschließlich Darlehen, die Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überlassen haben, zum anderen Wirtschaftsgüter, die die Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft zu fördern geeignet sind. Auch im Rahmen des Sonderbetriebsvermögens kann in gewissem Umfang gewillkürtes Betriebsvermögen gebildet werden.[7] Die Zurechnung zum Sonderbetriebsvermögen geht anderen Zurechnungen vor.[8] Diese Regelung ist für den Fall von Bedeutung, dass der Gesellschafter neben dem Anteil an der Personengesellschaft noch einen eigenen Gewerbebetrieb, freiberuflichen Betrieb oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält. Entsprechend der ertragsteuerlichen Beurteilung sind der Gesellschaft zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgüter daher auch dann als Sonderbetriebsvermögen zu erfassen, wenn sie anderenfalls Betriebsvermögen des eigenen Gewerbebetriebs, freiberuflichen Betriebs oder land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Gesellschafters wären.[9]

Optiert eine Personengesellschaft zur Körperschaftsteuer, wird sie nach der Option wie eine Kapitalgesellschaft besteuert; ihre Gesellschafter werden wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt.[10] Ertragsteuerlich gibt es damit nach der Option kein Sonderbetriebsvermögen mehr. Bewertungsrechtlich gilt das Gleiche, weil § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 2 BewG an die ertragsteuerliche Behandlung der Wirtschaftsgüter anküpft.[11] Wirtschaftsgüter des bisherigen Sonderbetriebsvermögens, die im Rahmen der Option nicht auf die Gesellschaft übertragen werden, sind daher bei der Wertfeststellung nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BewG nicht mehr zu berücksichtigen. Soweit diese Wirtschaftsgüter gemeinsam mit dem Anteil am Betriebsvermögen der optierenden Gesellschaft übertragen werden, sind sie daher bei der Ermittlung des erbschaft- oder schenkungsteuerlichen Erwerbs gesondert zu berücksichtigen.[12]

 

Rz. 255

Keinen Gewerbebetrieb bildet nach § 97 Abs. 1 S...

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