Entscheidungsstichwort (Thema)

Busfahrer übt keine Einsatzwechseltätigkeit aus

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Busfahrer, der einen Bus an unterschiedlichen Einsatzstellen zu übernehmen hat, übt keine Einsatzwechseltätigkeit aus, wenn ihm die verschiedenen Einsatzstellen bekannt sind und ihre Anzahl überschaubar ist. Auch die gelegentliche Übernahme von Notdiensten für den beeinträchtigten Schienenverkehr steht dem nicht entgegen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen VI R 15/04)

 

Tatbestand

Die Kläger wurden im Streitjahr 1998 gem. § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Busfahrer und die Klägerin als Krankenschwester Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger ist bei den Stadtwerken F. als Busfahrer angestellt. Den Bus übernimmt er nach wechselndem Dienstplan und Fahrtlinien an unterschiedlichen Fahrzeugdepots. In der Einkommensteuererklärung 1998 machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten u.a. die Fahrten von seiner Wohnung zu den verschiedenen Fahrzeugdepots geltend und beantragte hierfür die Berücksichtigung von 7.376 km mit 0,52 DM/km = 3.835,52 DM und 21.859 km mit 0,35 DM/km = 6.750,65 DM. Im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 18. Oktober 1999 kürzte der Beklagte die geltend gemachten Fahrtkosten um 1/3, da er die angegebenen Entfernungen für überhöht hielt, und ließ Fahrtkosten i.H.v. 7.658,00 DM zum Werbungskostenabzug zu.

Hiergegen erhoben die Kläger Einspruch. Während des Einspruchsverfahrens einigten sich die Parteien anlässlich einer persönlichen Vorsprache des Klägers am 16. November 2001 hinsichtlich der Entfernung zwischen Wohnung und den einzelnen Einsatzstellen wie folgt (Bl. 84 EStA):

Betriebshof (R.):

59 km x 148 Tage =

8732 km einfach

Südbahnhof: 

61 km x 45 Tage =

2745 km einfach

Güterplatz:

58 km x 9 Tage =

522 km einfach

H..... 

8 km x 5 Tage =

340 km einfach

B.  

65 km x 2 Tage =

130 km einfach

G. 

64 km x 11 Tage =

704 km einfach,

d.h. insgesamt

13.173 km.

Diese Fahrten sind nach Ansicht der Kläger nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen.

In der Einspruchsentscheidung vom 28. Januar 2002 berücksichtigte der Beklagte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 0,70 DM pro Entfernungskilometer, d.h. mit insgesamt 13.173 km x 0,70 DM = 9.222,00 DM. Zur Begründung führte er aus (Bl. 102 ff. EStA):

Der Kläger übe keine Einsatzwechseltätigkeit aus. Er habe aufgrund des von ihm eingegangenen Arbeitsverhältnisses den Omnibus abwechselnd an verschiedenen Fahrzeugdepots zu übernehmen. Diese Einsatzstellen seien ihm von vornherein bekannt, denn sein Arbeitgeber habe nur eine begrenzte Anzahl von Fahrzeugdepots an verschiedenen Orten in F.. Den Fahrten des Klägers fehle das Moment des Unvorhersehbaren, das Dienstreisen und Einsatzwechseltätigkeiten häufig eigentümlich sei und den Arbeitnehmer daran hindere, seinen Wohnsitz so zu legen, dass er seinen Fahrtaufwand möglichst gering halten könne. Auch der Umstand, dass der Kläger für das Aufsuchen der Betriebsstätten seines Arbeitgebers von diesem keinen Zuschuss erhalten habe, spreche dafür, dass die Depots mit Arbeitsstätten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG vergleichbar seien. Die Fahrtaufwendungen eines Arbeitnehmers würden in der Regel nur dann vom Arbeitgeber übernommen oder bezuschusst, wenn der Arbeitnehmer sich im Interesse des Arbeitgebers an einen anderen Ort als eine Betriebsstätte des Arbeitgebers begebe, weil regelmäßig nicht erwartet werde, dass der Arbeitnehmer die dadurch entstehenden Aufwendungen aus seinem Arbeitslohn decke. Demgegenüber würden Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zu einer Betriebsstätte des Arbeitgebers von diesem üblicherweise nicht ersetzt, weil der Arbeitnehmer solche Orte im Allgemeinen aufsuche, um dort die ihm obliegende Arbeitsleistung zu erbringen. In diesem Zusammenhang entstehende Aufwendungen seien vom Arbeitnehmer zu Lasten seines Arbeitslohnes zu bestreiten. Beim Kläger sei die gewisse zeitliche Nachhaltigkeit gegeben, denn er könne aufgrund der vorhandenen Fahrzeugdepots immer kalkulieren, in welchem Bereich er eingesetzt werde, und auch an der Anzahl der Tage der jeweils aufgesuchten Fahrzeugstandorte sei dies zu sehen. Dem Kläger sei darin zuzustimmen, dass es sich bei dem Stadtgebiet F. nicht um eine großräumige Arbeitsstätte handele. Dies sei aber hier nicht entscheidungserheblich. Maßgebend sei vielmehr, dass der Kläger berufstypisch und mit Regelmäßigkeit die verschiedenen Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsuche und von dort aus die geschuldete Arbeitsleistung auf einem Fahrzeug erbringe. Der Kläger habe einen festen Bestand an Fahrzeugdepots anzufahren, der keinem Wechsel unterworfen sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass er die verschiedenen Fahrzeugdepots in wechselnden Abständen und Häufigkeiten anfahren müsse. Da sich die Lokalitäten der Einsatzstellen des Klägers nicht in von vornherein ...

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