Revision eingelegt (BFH X R 11/19)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages bei Anschaffung bzw. Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aber unterbliebener Hinzurechnung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Investitionsabzugsbetrag kann auch bei Anschaffung bzw. Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aber unterbliebener Hinzurechnung rückgängig gemacht werden.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.12.2019; Aktenzeichen X R 11/19)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte einen Investitionsabzugsbetrag rückgängig machen durfte.

Der Kläger ist Installateurmeister und betreibt seit 2003 ein Einzelunternehmen in der Branche Heizungs- und Sanitärinstallationen. Seinen Gewinn ermittelt er nach § 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 EStG.

In seinen Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen für 2008 (Eingang beim Beklagten am 1. Februar 2010) erklärte er einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 212.860 €. In der Anlage zur Anlage GSE mit der Überschrift "Überleitungsrechnung vom Ergebnis der Handelsbilanz zum steuerlichen Ergebnis" (Blatt 29 der Bilanzakte) machte er (u.a.) einen außerbilanziell in Abzug zu bringenden Investitionsabzugsbetrag (IAB) nach § 7g Abs. 1 EStG in Höhe von 12.491 € geltend, ohne allerdings zu erläutern, für welches Wirtschaftsgut bzw. für welche Wirtschaftsgüter der IAB gebildet werden solle.

Im Erstveranlagungsbescheid zur Einkommensteuer 2008 (vom 10. März 2010) und über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 (vom 9. März 2010) - beide Bescheide ergingen ohne Vorbehalt der Nachprüfung - wurde der Gewinn erklärungsgemäß in Ansatz gebracht. Aus nicht streitigen Gründen wurde der Einkommensteuerbescheid 2008 am 8. April 2010 geändert (zu versteuerndes Einkommen 192.915 €).

Im Jahr 2009 erwarb der Kläger (u.a.) einen PKW (Mittelklasse), ein Aquarium und einen Drucker. In der am 20. Dezember 2010 eingegangenen Einkommensteuererklärung 2009 erklärte er einen Gewinn seines Gewerbebetriebes in Höhe von 208.674 € (Blatt 51 Rs. und Blatt 54 der Einkommensteuerakte), wobei die Anschaffungskosten für die drei genannten Wirtschaftsgüter um 40 % (= insgesamt 12.491 €) aufwandswirksam mit dem Hinweis auf § 7g Abs. 2 EStG gemindert wurden (Blatt 41, 51,54 und 55 der Bilanzakte). Eine gewinnerhöhende Auflösung des IAB nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG erfolgte hingegen nicht, wie der Anlage zur Anlage GSE mit der Überschrift "Überleitungsrechnung vom Ergebnis der Handelsbilanz zum steuerlichen Ergebnis" (Blatt 54 der Einkommensteuerakte) zu entnehmen ist.

Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 28. Januar 2011 erging ebenfalls ohne Vorbehalt der Nachprüfung (zu versteuerndes Einkommen 184.215 €) und übernahm den erklärten Gewinn aus Gewerbebetrieb.

Im Rahmen einer die Veranlagungszeiträume 2010-2012 umfassenden Betriebsprüfung teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Anfrage des Prüfers mit, dass der im Jahr 2008 gebildete IAB drei Wirtschaftsgüter betroffen habe, die im Jahr 2009 angeschafft worden seien, und zwar einen PKW der Mittelklasse, ein Aquarium und einen Drucker. Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung und des Anlageverzeichnisses 2009 habe der Kläger die entsprechenden Anschaffungskosten transparent um 40 % aufwandswirksam mit dem Hinweis auf § 7g Abs. 2 EStG gemindert. Nach Sachlage habe er jedoch versehentlich versäumt, den Gewinn nach § 7g Abs. 2 EStG entsprechend zu erhöhen. Dies sei dem Beklagten wohl entgangen, denn im Einkommensteuerbescheid 2009 sei der Gewinn erklärungsgemäß in Ansatz gebracht und der Bescheid endgültig erlassen worden. Die Prozessbevollmächtigte vertrat die Auffassung, dass dieser Fehler nicht mehr korrigiert werden könne, und zwar weder durch Erlass eines Änderungsbescheides für 2009 noch durch Rückgängigmachung des IAB in 2008. § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG sei nicht einschlägig, weil die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers nur solche Fälle erfassen solle, in denen das Wirtschaftsgut tatsächlich nicht angeschafft worden sei.

Mit Aktenvermerk vom 19. Dezember 2014 (Blatt 6 der BP-Berichtsakte) unterrichtete die Betriebsprüfung die Veranlagungsstelle über den Sachverhalt und teilte mit, dass eine Änderungsmöglichkeit des fehlerhaften Einkommensteuerbescheides 2009 nach Auffassung der BP nicht bestehe, es sei denn, der Steuerpflichtige würde noch vor Eintritt der Festsetzungsverjährung einen Antrag auf Änderung stellen. Der IAB sei bei nicht erfolgter Hinzurechnung nach § 7g Abs. 3 Satz 1 im Jahr der Inanspruchnahme (2008) rückgängig zu machen.

Daraufhin änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 1. September 2016 den Einkommensteuerbescheid 2008 unter Berufung auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 unter Berufung auf § 35 b Abs. 1 GewStG und erhöhte den Gewinn unter Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrages auf 225.351 € (212.860 € + 12.491 € IAB). Zur Begründung führte der Beklagte aus, der IAB sei bisher nicht hinzugerechnet worden, sodass er rückgängig zu m...

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