Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung von Verlusten bei Feststellung fehlender Gewinnerzielungsabsicht nach insoweit vorläufiger Veranlagung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Finanzamt die vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Verluste nur vorläufig anerkannt, so kann es den Einkommensteuerbescheid ändern, wenn es die Gewinnerzielungsabsicht als nicht nachgewiesen ansieht.

Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf ein gleichzeitig anhängiges Klageverfahren, in dem es um die Rechtmäßigkeit der diesbezüglichen Ermittlungshandlungen geht, kommt dann nicht in Betracht, wenn die Versagung der Verlustanerkennung auch ohne die dabei getroffenen Feststellungen rechtmäßig ist.

 

Normenkette

AO § 165 Abs. 2 Nr. 1; AO § 367 Abs. 2 S. 2; FGO § 74

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.05.2010; Aktenzeichen VIII B 72/09)

 

Tatbestand

Die Kläger, die seit 2000 als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden, sind Diplom-Ingenieure und Architekten. Nach den für die Jahre 1998 bis 2006 vorliegenden Einkommensteuerakten erzielte der Kläger - teilweise neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bzw. aus einer Beteiligung an einem Web-Design-Unternehmen (E und S, M) seit 1998 Verluste aus selbständiger Arbeit als Architekt. In seinen Gewinnermittlungen für 1999 bis 2004 hatte er dabei u.a. Kosten für betriebliche Fahrten in Höhe von jährlich stets 3.500 km geltend gemacht. Für die Jahre ab 2000 hatte er angegeben, keine Betriebseinnahmen erlöst zu haben.

Auch die Klägerin erzielte lt. den vorliegenden Einkommensteuererklärungen in 2000 und 2004 - neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit - Verluste aus selbständiger Arbeit als freie Architektin bei Betriebseinnahmen von ebenfalls jeweils 0,00 DM/Euro.

Seit 2000 sind die Kläger Eltern einer Tochter. Für die Jahre 1999 bis 2004 brachte der Kläger bzw. brachten die Kläger Kosten für ein - so die Kläger - 26 qm großes und damit ca. 30 % der Fläche ihrer insgesamt 86 qm großen Wohnung einnehmendes Arbeitszimmer als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers bzw. der Klägerin je zur Hälfte zum Abzug.

Mit ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre 2001 bis 2003 berücksichtigte das Finanzamt die Verluste des Klägers aus selbständiger Arbeit zunächst wie erklärt. Die Bescheide ergingen insoweit jedoch vorläufig, weil - so das Finanzamt - „zur Zeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden“ konnte.

Der Einkommensteuerbescheid für 2002 wurde in der Folgezeit in nicht streitbefangenen Punkten mehrfach geändert. Dabei wurde der o.g. Vorläufigkeitsvermerk stets erneut gesetzt.

Im Zuge des Veranlagungsverfahrens betreffend die Einkommensteuer 2004 nahm das Finanzamt den Umstand, dass seit 2000 aus der Tätigkeit als freie(r) Architekt(en) keine Einnahmen mehr erzielt wurden, zum Anlass, Ermittlungen dazu anzustellen, ob diese Tätigkeit(en) überhaupt noch ausgeübt wurde(n). Hierzu erteilte der zuständige Teilbezirk den Ermittlungsbeamten des Beklagten den Auftrag festzustellen, ob im Außenbereich des Gebäudes Hinweise auf den Geschäftsbetrieb zu finden seien, in welchen Räumen der Betrieb ausgeübt werde, ob Werbung gemacht werde und ob ein separates Geschäftskonto bestehe. Außerdem sollte überprüft werden, ob das „Arbeitszimmer“ dem Grunde nach überhaupt anerkannt werden könne und ob es Anhaltspunkte dafür gebe, in welchem Zusammenhang die lt. den Gewinnermittlungen betrieblichen Fahrten durchgeführt worden seien. Des Weiteren sollte festgestellt werden, welche Maßnahmen seitens der Kläger zur Verbesserung der Einnahmensituation getroffen worden seien.

Die Ermittlungsbeamten hielten zunächst Rücksprache mit dem Bauamt der Stadt N, dem die Kläger als Architekten nicht bekannt waren. Am 7. Dezember 2006 fand sodann eine Ortsbesichtigung in Anwesenheit der Klägerin statt, in deren Verlauf den Ermittlungsbeamten ein von diesen „eindeutig als Schlafzimmer“ bezeichneter Raum als Arbeitszimmer präsentiert wurde. Wegen des aus Finanzamtssicht dargestellten Verlaufes der Augenscheinnahme und der Feststellungen der Ermittlungsbeamten im Einzelnen wird auf den Bericht vom 8. Dezember 2006, Bl. 4 bis 7 ESt-Akten II, Hefter „Ermittlungsbericht“, Bezug genommen.

Darüber hinaus bat das Finanzamt die Kläger mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 (Bl. 15 bis 17 ESt-Akten II, Hefter „2004“) unter Hinweis darauf, dass es, da keine Einnahmen aus der selbständigen Arbeit erzielt worden seien, fraglich sei, welche Veranlassung für betriebliche Fahrten bestanden habe, um Angabe der Gründe für die lt. der Gewinnermittlung 2004 durchgeführten Fahrten sowie um die Einreichung einer Aufstellung für 2001 bis 2004, aus der der Zweck, das Datum und der jeweilige Kunde ersichtlich sein sollten. Außerdem forderte es die Kläger auf mitzuteilen, welche Arbeiten für die Jahre ab 2001 als Architekt(en) für welche Kunden ausgeführt worden seien, in welchen Räumlichkeiten Kundengespräche stattfänden, wann das letzte Kundengespräch erfolgt sei, ob und - fal...

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