Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkunftserzielungsabsicht bei jahrelangem Leerstand von Wohnungen

 

Leitsatz (amtlich)

Stehen Räumlichkeiten/Wohnungen ohne vorausgegangene Vermietung über nahezu drei Jahrzehnte leer, so können die während der Zeit des Leerstands anfallenden Kosten unter dem Gesichtspunkt vorab entstandener Werbungskosten nur dann bei der Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ abgezogen werden, wenn sich an Hand objektiver Umstände einwandfrei feststellen lässt, dass der feste Entschluss, einen Überschuss aus Vermietungstätigkeit von konkreten Räumlichkeiten zu erzielen, endgültig und ernsthaft gefasst ist. Hierzu reicht es nicht aus, dass die Klägerin wegen der von ihr abgezogenen Vorsteuern aus Rechnungen für Bauarbeiten im Obergeschoss des Anwesens nur „gewerbliche“ Mieter im Sinne des § 9 UStG sucht und deshalb ein Maklerunternehmen nur mit der Suche nach einem gewerblichen Mieter beauftragt hat.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.06.2009; Aktenzeichen IX R 54/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die verwitwete, am 28. Februar 1920 geborene Klägerin im Streitjahr 2003 die einkommensteuerlich relevante Absicht hatte, als Vorbehaltsnießbraucherin die seit 1976 bzw. 1988 leer stehenden Räumlichkeiten im 1. und 2. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss des Gebäudes B, W-Straße ..., zu vermieten.

Die in ihren Einkommensteuererklärungen sich als „Teilhaberin“ bezeichnende Klägerin - sie bezieht neben den Einkünften aus Vermietung u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen von rd. 29.693,00 € - hatte das vorgenannte, damals bereits leer stehende Anwesen im Jahr 1970 gekauft, das dort befindliche 3-geschossiges Wohngebäude im Jahr 1973 abgerissen und im Jahr 1976 für rd. 900.000,00 DM einen Neubau erstellt. Dieser beinhaltet im Erdgeschoss ein Ladengeschäft mit 344 qm Nutzfläche sowie zwei Lager- und einen Personalraum im Keller bzw. 1. Obergeschoss (Nutzfläche insgesamt: 166 qm). Im 1. Obergeschoss befindet sich neben dem Personalraum eine 3-Zimmer-Wohnung von 119,46 qm. Weitere Wohnungen sind im 2. Obergeschoss mit 197,63 qm und im 3. Obergeschoss (Dachgeschoss) mit 103,26 qm vorhanden (vgl. Wohnflächenberechnung, Bl. 27 bis 29 EW-Akte). Das Ladengeschäft, die Lagerräume sowie der Personalraum, insgesamt also eine Fläche von 510 qm, sind seit ihrer Fertigstellung in 1976 zu gewerblichen Zwecken vermietet. Die als Wohnungen bezeichneten Räumlichkeiten stehen seit 1976 durchgängig leer. In den Jahren ab 1988 hatte die Klägerin an einzelnen Räumen des Obergeschosses Innenausbauarbeiten vorgenommen und dieserhalb den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen; die Räume sollten - was bislang nicht geschehen ist - unternehmerisch an andere Unternehmer vermietet werden (vgl. Bericht vom 6. März 1992 über die Umsatzsteuersonderprüfung, Bl. 12 Hefter). In diesem Zusammenhang hatte die Klägerin ein in E belegenes Maklerunternehmen mit Zweigstelle in G bzw. L beauftragt, die „oberen Räume“ im Anwesen W-Straße „gewerblich“ zu vermieten. Auf Zeitungsanzeigen vom 22. September 1989 und 19. Februar 1993 hatten ein Bauunternehmen sowie ein Augenarzt Mietinteresse bekundet, aber von einer Anmietung wegen der nicht ebenerdigen Lage der Mieträume (1. Obergeschoss) abgesehen (Bl. 16 bis 20 Hefter).

In der Folgezeit übertrug die Klägerin das Eigentum am Anwesen sukzessive - zuletzt am 28. Dezember 2002 - auf ihre beiden Kinder, behielt sich aber den unentgeltlichen lebenslänglichen Nießbrauch am Gesamtobjekt vor. Am 3. Dezember 2003 führte das Finanzamt eine Ortsbesichtigung der Obergeschosse durch, deren Ergebnis im Aktenvermerk des Finanzamts vom 4. Dezember 2003 (Bl. 25 Hefter) niedergelegt ist. Hierauf wird verwiesen.

Das Finanzamt gelangte zu der Auffassung, dass eine ernsthafte Vermietungsabsicht für die leerstehenden Räumlichkeiten im 1. bis 3. Obergeschoss des Anwesens nicht nachgewiesen worden sei und versagte mit Einkommensteuerbescheid 2003 vom 11. Juli 2005 den Werbungskostenabzug für die anteilig auf diese Räume entfallenden Aufwendungen.

Mit ihrer nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens (Einspruchsentscheidung vom 29. September 2005 (Bl. 39 ESt-Akte 2003) hiergegen erhobenen Klage führte die Klägerin aus, dass aus dem jahrelangen Leerstand der besagten Räumlichkeiten nicht auf fehlende Vermietungsabsicht geschlossen werden könne. Sie habe - allerdings vergeblich - seit Jahren gewerbliche Mieter für die beiden Stockwerke gesucht und zu diesem Zweck einen fachspezifischen Makler beauftragt. Insoweit werde auf dessen Schreiben vom 2. Dezember 2005 (Bl. 10 PA) hingewiesen. Die Wohnungen befänden sich in einem durchaus vermietbaren Zustand. Potentielle Mieter müssten lediglich noch tapezieren und Teppichboden legen, also Arbeiten übernehmen, die nicht notwendigerweise zu den Obliegenheiten eines Vermieters zählten.

Die Klägerin beantragt,

  • den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 11. Juli 2005 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 29. September 2005 dahin zu ändern, dass...

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