Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.07.1993; Aktenzeichen 2 BvR 773/93)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den unbeschränkten Abzug von Berufsausbildungskosten.

Der ledige, am 29. Juni 1967 geborene Kläger ist Jurastudent. Er wohnt bei seinen Eltern in M.. Im Streitjahr 1989 erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Die dem Kläger im Zusammenhang mit dem Studium entstandenen Aufwendungen von 2.065,00 DM ließ der Beklagte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1989 lediglich in Höhe von 900,00 DM als Sonderausgaben zum Abzug zu (Einkommensteuerbescheid 1989 vom 18. März 1991, Blatt 63 ESt-Akte). Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 1991, die dem Kläger am 17. Mai 1991 zugestellt wurde, zurück (Blatt 78; 82 ESt-Akte). Am Freitag, dem 07. Juni 1991, erschien der Kläger in den Amtsräumen des Beklagten und gab in einem unverschlossenen Briefumschlag (Blatt 26 Proz.-Akte) eine an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz adressierte – nicht unterschriebene – maschinenschriftliche Klage in zweifacher Ausfertigung ab. In der Klageschrift heißt es u.a. „Hiermit erhebe ich, … K. Klage gegen das Finanzamt … vertreten durch seinen Vorsteher, wegen Festsetzung der Einkommensteuer für 1989.” Auf dem die Klageschrift umschließenden Briefumschlag ist handschriftlich vermerkt: „SteuerNr. 26/042/0330/6 (E. König) Rechtsbehelfs-Nr. B 173/90, Klage in zweifacher Ausführung”.

Der Beklagte leitete beide Ausfertigungen der Klageschrift zusammen mit dem Briefumschlag an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz weiter, wo sie am Montag, dem 17. Juni 1991, eingingen. Am folgenden Tag wies der Berichterstatter des Senats den Vater des Klägers, …, (der Kläger war zu Hause nicht erreichbar) telefonisch darauf hin, daß die Klageschrift nicht unterschrieben sei und regte die möglichst umgehende Nachholung der Unterschrift durch den Kläger an. In der Felge gingen beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz ein am:

18. Juni 1991:

Telekopierte Klage mit der Unterschrift „R. K.” und dem Zusatz: „Für … K. Im Auftrag”

20. Juni 1991:

Originalschriftsatz der vorbezeichneten Telekopie und eine Klageschrift vom 18. Juni 1991 mit der von Hand geschriebenen Unterschrift des Klägers

04. September 1991:

Hilfsweise gestellter Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Der Kläger ist der Auffassung, die Klage sei wirksam innerhalb der Klagefrist erhoben worden. Einer Unterschrift bedürfe es nicht, zumindestens sei die mangelnde Form durch Nachholung der Unterschrift geheilt worden. Hilfsweise werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Der Beklagte hätte ihn – den Kläger – nach Treu und Glauben auf die fehlende Unterschrift hinweisen müssen. Im übrigen beinhalte die Rechtsbehelfsbelehrung zur Einspruchsentscheidung keinen Hinweis auf die Notwendigkeit einer von Hand verfaßten Unterschrift. Der Kläger meint, die in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) enthaltene Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten sei verfassungswidrig. Es gäbe keinen vernünftigen Grund dafür, daß Berufsfortbildungskosten unbeschränkt, Aufwendungen für die Berufsausbildung dagegen nur beschränkt abzugsfähig sind. Neben Art. 3 GG sei auch das Sozialstaatsprinzip verletzt. Durch die Regelungen im Bundesausbildungsförderungsgesetz werde das Existenzminimum eines Auszubildenden festgelegt. Im übrigen sei die Grenze von 900,00/1.200,00 DM realitätsfremd. Die Begrenzung verstoße daher gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Die ihm entstandenen – über den Betrag von 900,00 DM hinausgehenden – Aufwendungen seien zumindestens als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Sämtliche Kosten für die Berufsausbildung seien zwangsläufig.

Der Kläger beantragt,

unter – hilfsweiser – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Einkommensteuerbescheid 1989 vom 18. März 1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 1991 dahin zu ändern, daß weitere 1.165,00 DM als Sonderausgaben, hilfsweise als außergewöhnliche Belastungen, abgezogen werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Klage sei innerhalb der Klagefrist mangels Unterschrift des Klägers nicht wirksam erhoben worden. Eine nachträgliche Heilung sei nicht möglich. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne wegen Versäumnis der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 FGO nicht gewährt werden. Auch in der Sache selbst könne die Klage keinen Erfolg haben. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sei mit der Verfassung vereinbar. Das Existenzminimum eines Auszubildenden werde durch den Grundfreibetrag hinreichend berücksichtigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die innerhalb der Frist von einem Monat (§ 47 Abs. 2 FGO) nach Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (am 17. Mai 1991) beim Finanzgericht am 17. Juni 1991 eingegangene Klage vom 07. Juni 1...

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