Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswirkungen der Aufhebung eines Aufhebungsbescheides

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein noch nicht formell bestandskräftiger Bescheid über die Aufhebung eines Steuerbescheides seinerseits aufgehoben, so tritt dadurch der ursprüngliche Steuerbescheid wieder in Kraft.

 

Normenkette

AO § 124 Abs. 1-2, § 125 Abs. 1, § 155 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.12.2004; Aktenzeichen VII R 16/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirkungen von Aufhebungsbescheiden und die Erstattung von Schenkungsteuer.

Die Klägerin zu 3/5 und der Kläger zu 2/5 sind die Erben ihres am 18. August 1991 verstorbenen Vaters R. F. Der Erblasser lebte mit seiner am 28. Februar 1998 verstorbenen Ehefrau A. F. bis Anfang Oktober 1981 im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Mit notarieller Urkunde vom 5. Oktober 1981 vereinbarten die Eheleute, dass für ihre Ehe fortan der Güterstand der Gütertrennung gelten solle. In einer privatschriftlichen Vereinbarung, die ebenfalls auf den 5. Oktober 1981 datiert ist, bezifferten die Eheleute den infolge der Aufhebung der Zugewinngemeinschaft entstandenen Anspruch der Ehefrau auf Ausgleich des Zugewinns mit 30.000.000 DM. Die Ehefrau stundete diese Zugewinnausgleichsforderung bis zum Tode ihres Ehemannes. In einer weiteren notariellen Urkunde vom 5. Oktober 1981 versprach die Ehefrau dem Erblasser, ihre gegen ihn gerichtete Zugewinnausgleichsforderung alsbald nach seinem Ableben „schenkweise“ an die Klägerin und den Kläger zu übertragen. In weiteren notariell beurkundeten Vereinbarungen vom 14. April 1982 und vom 6. November 1989 verband die Ehefrau ihr Versprechen, die Zugewinnausgleichsforderung nach dem Ableben des Erblassers an die Kläger zu übertragen, mit einem Nießbrauchsvorbehalt. Der Nießbrauch sollte ihr lebenslänglich an jeweils der Hälfte des geschenkten Anteils der Zugewinnausgleichsforderung zustehen. Nach dem Tode des Erblassers erklärte dann die Ehefrau, die in einem - ebenfalls am 5. Oktober 1981 beurkundeten - Erbvertrag die Klägerin und den Kläger als ihre Erben eingesetzt hatte, in einer privatschriftlichen Vereinbarung, die Anfang März 1992 zustande kam, dass sie den Klägern die nunmehr fällige Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 30.000.000 DM mit sofortiger Wirkung unter dem Vorbehalt erlasse, dass ihr der lebenslängliche Nießbrauch an Nachlassgegenständen mit einem Gesamtwert von 9.000.000 DM bzw. 6.000.000 DM eingeräumt werde.

Mit Erbschaftsteuerbescheiden vom 21. Februar 1992 setzte der Beklagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wegen des Erwerbs von Todes wegen nach dem Erblasser Erbschaftsteuer von 2.476.668 DM gegen die Klägerin und von 1.877.057 DM gegen den Kläger fest. Die Zugewinnausgleichsforderung der Ehefrau in Höhe von 30.000.000 DM wurde dabei als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt. Wegen des in der privatschriftlichen Vereinbarung von Anfang März 1992 erklärten Erlasses dieser Zugewinnausgleichsforderung erließ der Beklagte gegen die Kläger Schenkungsteuerbescheide vom 21. Mai 1992, in denen er Schenkungsteuer von 3.761.000 DM gegen die Klägerin und von 2.487.156 DM gegen den Kläger festsetzte. Die festgesetzte Schenkungsteuer wurde in Höhe von 672.882 DM bzw. von 739.806 DM gemäß § 25 Abs. 1 ErbStG gestundet. Der Ablösungsbetrag wurde für die Klägerin auf 415.571 DM festgesetzt. Die jeweils festgesetzte Erbschaftsteuer wurde von den Klägern gezahlt. Auch die sofort fällige Schenkungsteuer von (3.088.218 + 415.571 =) 3.503.789 DM bzw. 1.747.350 DM wurde von den Klägern im Juni 1992 entrichtet.

In der Folgezeit änderte der Beklagte seine Beurteilung der mit der Zugewinnausgleichsforderung zusammenhängenden Vereinbarungen des Erblassers und seiner Ehefrau und wertete sie nunmehr als Vertrag zugunsten Dritter, aufgrund dessen die Kläger mit dem Ableben des Erblassers einen Vermögensvorteil erwarben, der nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG als (weiterer) Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterliegt. Er änderte deshalb die Erbschaftsteuerfestsetzungen vom 21. Februar 1992 durch Bescheide vom 22. Oktober 1993 und erhöhte die Erbschaftsteuer auf 7.442.584 DM bzw. 4.234.580 DM, wobei er die festgesetzte Erbschaftsteuer wegen des der Ehefrau vorbehaltenen Nießbrauchs in Höhe von 821.500 DM bzw. 448.581 DM stundete.

Mit Verfügungen vom 17. Januar 1994 hob der Beklagte die Schenkungsteuerbescheide vom 21. Mai 1992 auf. Dazu heißt es im jeweiligen „Aufhebungsbescheid“, die Schenkungsteuerfestsetzung werde „hiermit gemäß § 174 Abs. 1 AO aufgehoben“, wobei „der erforderliche Antrag in dem Einspruch vom 23.11.1993 zu sehen“ sei; die bereits gezahlte Schenkungsteuer in Höhe von 3.503.789 DM bzw. 1.747.350 DM werde „auf die Erbschaftsteuerschuld angerechnet“. Gegen die Aufhebungsbescheide legten die Kläger mit Schriftsätzen vom 13. Februar 1994 Einsprüche mit der Begründung ein, es fehle für eine Änderung nach § 174 AO der dazu erforderliche Antrag. Die Einspruchsverfahren wurden vom Beklagten durch Bescheide vom 15. Juli 1994...

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