Revision eingelegt (BFH X R 35/15)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Behandlung von rückerstatteten Krankenversicherungsbeiträgen nach der Rechtsänderung zum 01.01.2010

 

Leitsatz (amtlich)

Erstattete Krankenversicherungsbeiträge für Jahre bis 2009 sind auch nach dem Systemwechsel ab dem Veranlagungszeitraum 2010 mit den im Erstattungsjahr geleisteten Krankenversicherungsbeiträgen zu verrechnen. Es besteht eine Gleichartigkeit zwischen den rückerstatteten Beiträgen zur Krankenversicherung für die Jahre bis 2009 und den ab dem Jahr 2010 geleisteten Beiträgen.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3 Sätze 1a, 1b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.08.2016; Aktenzeichen X R 35/15)

BFH (Urteil vom 03.08.2016; Aktenzeichen X R 35/15)

 

Tatbestand

Strittig ist die Kürzung der als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung um für die Vorjahre erhaltene Erstattungen von zu Unrecht gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen.

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 2010 und 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Renteneinkünfte. Er war gesetzlich krankenversichert.

Im Jahr 2010 erstattete die Krankenkasse dem Kläger (vgl. Schreiben der Krankenkasse vom 23.04.2010, Bl.46f d. Prozessakte - PA -) für die Jahre 2008 und 2009 zu viel gezahlte Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.329,64 € nach § 231 SGB V (= Erstattung von Beiträgen des Versicherten, wenn aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Einnahmearten insgesamt beitragspflichtige Einnahmen über die Beitragsbemessungsgrenze hinaus zu Beiträgen herangezogen worden sind).

Im Erstveranlagungsbescheid zur Einkommensteuer für das Streitjahr 2010 kürzte das beklagte Finanzamt die Aufwendungen des Klägers für die Krankenversicherung um den Erstattungsbetrag von 1.329 €, so dass im Rahmen des Sonderausgabenabzugs zu berücksichtigende Versicherungsbeiträge der Kläger (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Haftpflichtversicherung) in Höhe von insgesamt 4.612 € verblieben. Die durchzuführende Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG a.F. ergab, dass die Ermittlung der abziehbaren Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage 2004 zu einem günstigeren Ergebnis führte. Dieser Bescheid wurde aus hier nicht streitigen Gründen geändert. Der Änderungsbescheid vom 14.11.2011 wurde bestandskräftig.

Im Jahr 2011 erstattete die Krankenkasse dem Kläger für die Jahre 2005 bis 2011 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 6.124,23 €. Dieser Erstattung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger hatte eine Rente aus einem privaten Vorsorgevertrag bezogen. Hierbei handelte es sich ursprünglich um eine Direktversicherung, die im Verlauf der Beitragszahlungsphase privat vom Kläger als Versicherungsnehmer fortgeführt worden war. Die Rentenzahlungen erfolgten ab dem Jahr 2005. Noch während des Jahres 2009 machte der Kläger von der Möglichkeit Gebrauch, sich die ursprüngliche Direktversicherung als einmalige Kapitalleistung auszahlen zu lassen. Daraufhin erfolgte die beitragsmäßige Erfassung der Kapitalleistung nach der sog. "1/120stel"-Methode gemäß § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V.

Mit Schreiben vom 09.05.2011 teilte die Kasse dem Kläger mit, dass nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Kapitalleistung einer Direktversicherung, die nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis privat vom Arbeitnehmer als Versicherungsnehmer fortgeführt worden sei, nicht in vollem Umfang mit Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung belegt werden dürfe. Der Teil der Kapitalabfindung, der auf Beiträgen beruhe, die der Arbeitnehmer in seiner Stellung als Versicherungsnehmer privat geleistet habe, sei entsprechend der Regelung zu Leistungen aus privaten Lebensversicherungsverträgen frei von Beiträgen zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung (Bl.51f der PA). Dem Schreiben waren entsprechende korrigierte Beitragsberechnungen für die Jahre 2005 bis 2011 beigefügt, die folgende Erstattungen auswiesen:

Jahr

Krankenversicherung

Pflegeversicherung

Summe

2005

995,40 €

119,16 €

1.114,56 €

2006

922,95 €

109,23 €

1.032,18 €

2007

1.121,55 €

119,16 €

1.240,71 €

2008

1.149,60 €

127,92 €

1.277,52 €

2009

1.065,48 €

136,68 €

1.202,16 €

2010

1.044,48 €

136,68 €

1.181,16 €

2011

271,62 €

34,17 €

305,79 €

Summe:

6.571,08 €

783,00 €

7.354,08 €

Aufgrund der Heranziehung geringerer beitragspflichtiger Einkünfte wurden die Beitragsbemessungsgrenzen (überwiegend) wieder unterschritten mit der Folge, dass sich nach Verrechnung der bereits an den Kläger für die Jahre 2008 und 2009 im Jahr 2010 rückvergüteten Beträge von 1.329,64 € ein Erstattungsanspruch der Krankenkasse in Höhe von 1.234,71 € ergab. Letztlich wurde dem Kläger ein Betrag in Höhe von 6.124,23 € im Jahr 2011 von der Krankenkasse erstattet (vgl. Schreiben der Krankenkasse vom 09.05.2011, Bl.51f der PA).

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