Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafverteidigungskosten wegen Vorteilsannahme keine Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorteilsannahme ist nicht allein deshalb eine berufsbezogene Straftat (die zum Abzug von Strafverteidigungskosten als Werbungskosten führen könnte), weil sie nur aufgrund der beruflichen Stellung des Angeklagten verübt werden kann. Vielmehr erfolgt die Vorteilsannahme gerade nicht in Ausübung der Dienstpflichten, so dass der Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist.

 

Normenkette

EStG §§ 9, 12 Nr. 4

 

Tatbestand

Strittig ist, ob Strafverteidigungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bzw. als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.

Der mit der Klägerin verheiratete Kläger, geboren am 10. Juni 1931 (Bl. 3 ESt-A Bd. IX), ist promovierter Diplom-Kaufmann (Bl. 41 Rb-A). Bis 1990 arbeitete er bei verschiedenen inländischen und ausländischen Unternehmen in leitender Position (Bl. 41 Rb-A). Durch Anstellungsvertrag mit der Treuhandanstalt übernahm er mit Wirkung vom 15. Januar 1991 in der Niederlassung N den Posten als Direktor der Privatisierungsabteilung (Bl. 56 Rb-A) mit einem monatlichen Bruttogehalt von 20.800 DM (Bl. 57 Rb-A). Das von Anfang an befristete Arbeitsverhältnis endete zum März 1993 (Bl. 144 Rb-A und Bl. 67 PA). Danach arbeitete er als Vorstandsmitglied bei der Firma T AG (Bl. 4 und 75 ESt-A).

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1993-1995 machten die Kläger im Hinblick auf ein damals schwebendes Strafverfahren gegen den Kläger wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit bei Firmenverkäufen Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Beträge: 44.000 DM für das Jahr 1993 (Bl. 32 ESt-A), 66.735 DM für das Jahr 1994 (Bl. 89 ESt-A), und 21.020 DM für das Jahr 1995 (Bl. 159 ESt-A). Der Beklagte folgte diesen Erklärungsangaben zunächst und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 am 17. November 1995 (Bl. 34/35 ESt-A), für das Jahr 1994 am 25. Juli 1996 (Bl. 90/91 ESt-A), sowie für das Jahr 1995 am 18. Februar 1997 (Bl. 160/161 ESt-A). Die Einkommensteuerbescheide enthielten in Bezug auf die Strafverteidigungskosten jeweils folgende Nebenbestimmung: “Der Bescheid ergeht weiterhin vorläufig hinsichtlich der Anerkennung der außergewöhnlichen Belastungen, da der Ausgang des Strafverfahrens noch nicht feststeht“ (Zitat).

Im Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 31. Mai 1999 (Bl. 195/196 ESt-A) erkannte der Beklagte die in Bezug auf den Kläger erklärten Strafverteidigungskosten in Höhe von 50.873 DM (Bl. 162/163 ESt-A) und die in Bezug auf die Klägerin erklärten Strafverteidigungskosten in Höhe von 6.983 DM (Bl. 162/163 ESt-A) hingegen nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Die Abweichungen zu den Erklärungsangaben sind diesbezüglich wie folgt erläutert: “Der Bescheid ergeht vorläufig hinsichtlich der Anerkennung außergewöhnlichen Belastungen des Ehemannes, da im Falle eines Schuldspruchs die angefallenen Kosten steuerlich nicht berücksichtigt werden können und im Falle eines Freispruches sämtliche Kosten durch die Staatskasse ersetzt werden. Die außergewöhnlichen Belastungen wurden daher mit 0 DM angesetzt. Strafverteidigungskosten der Ehefrau wurden nicht berücksichtigt, da sie nur als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, wenn das Verfahren mit einem Freispruch endet, dies ist hier nicht der Fall“ (Zitat). Den gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch (Bl. 197/198 ESt-A) nahmen die Kläger am 27. August 1999 zurück (Bl. 220 ESt-A).

Für den Veranlagungszeitraum 1998 gaben die Kläger in ihrer Steuererklärung an, im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Kläger ein Gutachten der Kienbaum Management Consultants GmbH zur Widerlegung des Vorwurfs der Bestechlichkeit im Amt eingeholt und dafür 31.836,20 DM aufgewandt zu haben (Bl. 15 ESt-A Bd IX). Diese Aufwendungen setzten sie nunmehr erstmals als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers an (Bl. 13/14 ESt-A Bd. IX). Eine Berücksichtigung der erklärten Aufwendungen für das Gutachten lehnte der Beklagte im Einkommen▸steuerbescheid 1998 vom 16. Oktober 2000 (68-70 ESt-A Bd IX) mit dem Argument ab, Kosten eines mit einer Verurteilung endenden Strafprozesses seien keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Gleichfalls am 16. Oktober 2000 erteilte der Beklagte - gestützt auf § 165 Abs. 2 S. 1 AO - für die Jahre 1993-1995 sowie 1997 geänderte Einkommensteuerbescheide (1993: Bl. 72/73; 1994: Bl. 101/102; 1995: Bl. 179/180 und 1997: Bl. 232/233 ESt-A). In den Änderungsbescheiden vom 16. Oktober 2000 machte er die Anerkennung der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastungen rückgängig und erklärte die Änderungsbescheide diesbezüglich zugleich gemäß § 165 Abs. 2 S. 2 AO für endgültig.

Sowohl gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1993-1995 sowie 1997 als auch gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 legten die Kläger mit...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge