rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zufluss von Arbeitslohn bei nachträglichem Wegfall der Voraussetzungen einer Steuerbefreiung von Zahlungen nach § 3 Nr. 62 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein Arbeitgeber aufgrund einer vermeintlichen Sozialversicherungspflicht eines Arbeitnehmers Zahlungen an einen Sozialversicherungsträger geleistet und stellt sich später die Sozialversicherungsfreiheit dieses Arbeitnehmers heraus, fließt dem Arbeitnehmer Arbeitslohn nicht bereits in den Jahren der Zahlung des Arbeitgebers an den Sozialversicherungsträger zu; dies ist erst dann anzunehmen, wenn nach dem Willen des Arbeitgebers im Zusammenwirken mit dem Arbeitnehmer die an sich dem Arbeitgeber zustehenden Erstattungsbeträge an den Arbeitnehmer i.w.S. weitergegeben werden, z.B. durch Verzicht des Arbeitgebers auf Rückzahlung gegenüber dem Sozialversicherungsträger und Umwandlung der bisherigen vermeintlichen Pflicht- in freiwillige Beiträge. Diese Beträge sind nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 3 Nr. 62

 

Tatbestand

Streitig ist die Behandlung von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialversicherung als steuerpflichtiger Arbeitslohn.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Neben unstreitigen Einkünften aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung erzielt der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer und die Klägerin als Prokuristin der Eisen- und Schrotthandelsgesellschaft B GmbH in T.

Nachdem der Beklagte die Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 1997 bis 2003 im Wesentlichen antragsgemäß durchgeführt hatte, wurde im Rahmen einer bei der o.g. GmbH in 2005 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung u.a. festgestellt, dass nach einer von dem Sozialversicherungsträger DAK vertretenen versicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin als Prokuristin diese keine eine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung auslösende abhängige Beschäftigung sei. Daher wurden die seit Beginn der Tätigkeit gezahlten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung in freiwillige Beiträge umgewandelt, die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung wurden an den Arbeitgeber zurückgezahlt. Diese Arbeitnehmeranteile wurden vom Arbeitgeber nicht an die Klägerin weitergegeben. Nach Auffassung des Prüfers führte die Feststellung des Sozialversicherungsträgers, die mit Schreiben vom 15.05.2002 mitgeteilt worden war, zum rückwirkenden Wegfall der bis dahin für die Klägerin angenommenen Versicherungspflicht. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG seien weggefallen. Die in freiwillige Beiträge umgewandelten Arbeitgeberanteile zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung seien im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum der Klägerin zugeflossen und als Arbeitslohn zu versteuern, ebenso die ab Juni 2002 gezahlten Zuschüsse des Arbeitgebers zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung. Demgegenüber liege, weil die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung an den Arbeitgeber erstattet worden seien und die Arbeitnehmeranteile nicht an die Klägerin ausgezahlt worden seien, in Höhe dieser Arbeitnehmeranteile eine Rückzahlung von Arbeitslohn im Zeitpunkt der Erstattung vor. Hieraus ergebe sich folgende Erhöhung der Bruttoarbeitslöhne der Klägerin:

Kalenderjahr

Kranken- und Pflegevers.

Rentenvers.

Arbeitslohnrückzahlung

Insgesamt

1997

3.753,05 DM

4.882,15 DM

8.635,20 DM

1998

4.807,25 DM

6.343,75 DM

11.151,00 DM

1999

4.883,75 DM

6.153,75 DM

11.037,50 DM

2000

4.843,75 DM

6.031,25 DM

10.875,00 DM

2001

4.870,88 DM

6.002,18 DM

10.873,06 DM

bis Mai 2002

1.056,05 €

1.245,10 €

ab Juni 2002

1.913,66 €

4.583,81 €

- 369,00 €

2003

2.939,60 €

201,87 €

2.737,73 €

Die Einkommensteuerveranlagungen der Kläger seien ab 1997 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern, die nachzuversteuernden Beträge seien gleichzeitig im Rahmen der Höchstbeträge abziehbare Vorsorgeaufwendungen (vgl. Prüfungsmitteilung vom 02.01.2006, Bl. 7-9 RB-Akten).

Der Beklagte folgte dieser Auffassung in den nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre 1997 bis 1999 bzw. nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden für 2000 bis 2002 und dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 2003, jeweils vom 03. April 2006 (Bl. 15-34 RB-Akten), für 2002 und 2003 erhöhte er wegen anderer unstreitiger Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung gleichzeitig den Bruttoarbeitslohn des Klägers um 961 Euro bzw. 605 Euro.

Die hiergegen erhobenen und mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der streitigen Bescheide verbundenen Einsprüche begründeten die Kläger im Wesentlichen damit, nach dem BFH-Urteil vom 06. Juni 2002, Az.: VI R 178/97, BStBl II 2003, 34 stelle die Entrichtung des gesetzlich geschuldeten Arbeitgeberanteiles zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung eines Arbeitnehmers k...

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