Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Berücksichtigung von Betreuungskosten für ein Enkelkind

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Wegen privater Mitveranlassung können Kinderbetreuungskosten nicht Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sein.
  2. Nichts anderes folgt daraus, dass sich die Kinderbetreuungskosten aufgrund der Konstellation des Sachverhalts weder bei der Klägerin (Großmutter) noch bei der Tochter (Kindesmutter) steuerlich auswirkten.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, § 70 Abs. 4; AO § 37 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.02.2012; Aktenzeichen III R 73/09)

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen eines Rückforderungsbescheides für das Jahr 2002 bei der Berechnung des Grenzbetrages die Berücksichtigung von der Tochter entstandenen Kinderbetreuungskosten für das Enkelkind der Klägerin.

Die Tochter der Klägerin, M (geboren am 10. Oktober 1978), befand sich im Streitjahr 2002 in Berufsausbildung. Sie ist allein erziehende Mutter des Kindes C (geboren am 16. November 2000). Für die Betreuung des vorgenannten Kindes - während ihrer Abwesenheiten im Rahmen der Berufsausbildung - sind der Tochter der Klägerin monatliche Aufwendungen an Zahlungen für eine Tagesmutter in Höhe von 325,00 € entstanden.

Die Tochter erzielte im Jahr 2002 Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. 8.466,02 € und Bezüge i.H.v. 2.859,65 €. Nach Abzug der Kostenpauschale i.H.v. 180,00 € betragen die anzurechnenden Bezüge 2.679,65 €. Die zwischenzeitlich unstreitigen Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit betragen 1.392,00 € (Entfernungspauschale) und 524,40 € (Aufwendungen aus Anlass des Besuchs der Berufsschule), insgesamt 1.916,40 €.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2003 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind M ab dem Monat Januar 2002 gemäß § 70 Abs. 4 EStG auf und forderte den für die Monate Januar 2002 bis Dezember 2002 gezahlten Kindergeldbetrag i.H.v. insgesamt 1.848,00 € gem. § 37 Abs. 2 AO zurück. Der hiergegen von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Einspruch führte nicht zum Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 04. September 2003 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung - soweit hier noch streitig - aus, die Aufwendungen für die Kinderbetreuungskosten könnten nicht in Ansatz gebracht werden, weil sie nicht zu den Werbungskosten gehörten.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18. September 2003 bei Gericht eingegangenen Klage. Sie trägt klagebegründend vor, die Entscheidung des Bundesfinanzhofes vom 12. April 2007 (VI R 42/03, BFH/NV 2007, 1999) betreffe einen anders gelagerten Sachverhalt. Dort hätten die Kläger die Aufwendungen für die in ihrem Haushalt lebenden Kinder als Werbungskosten geltend gemacht. Der Bundesfinanzhof habe grundsätzlich bestätigt, dass solche Kinderbetreuungskosten steuerlich zu berücksichtigen seien, wobei er ausgeführt habe, dass dies unter den Voraussetzungen der §§ 10 und 33 ff. EStG zu erfolgen habe. Vorliegend lebe die Tochter der Klägerin im eigenen Haushalt, die Kosten der Fremdbetreuung des Kindes entstünden nicht bei der Klägerin, sondern bei der Tochter. Der Klägerin sei es daher nicht möglich, die bei der Tochter entstehenden Betreuungskosten gem. §§ 10 und 33 ff. EStG berücksichtigen zu lassen. Auf Seiten der Tochter habe sich die Höhe der Betreuungskosten steuerlich bereits deswegen nicht ausgewirkt, weil der für den Kindergeldbezug belassene Freibetrag für Eigeneinkünfte des Kindes ohnehin weit unterhalb der Einkommensgrenze angesetzt sei, mit der nach der Grundtabelle eine Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer einsetze. Es könne jedoch nicht rechtens sein, dass sich somit die tatsächlich entstandenen Kosten der Fremdbetreuung des Kindes wegen der Ausbildungszeiten der Tochter weder auf Seiten der Klägerin steuerlich mindernd auswirken könnten noch bei der Bemessung des Einkommensfreibetrages für den Bezug des Kindergeldes. Dies widerspreche auch der gesetzgeberischen Intention, die den Gesetzesregelungen des Bundeskindergeldgesetzes zugrunde liege.

Die Klägerin beantragt, den Rückforderungsbescheid für das Jahr 2002 vom 20. Januar 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 04. September 2003 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt der Klage entgegen und führt klageerwidernd aus, dass nach dem BFH-Urteil vom 12. April 2007 Kinderbetreuungskosten nicht als Werbungskosten berücksichtigt würden. Kinderbetreuungskosten rechneten nicht zu den Erwerbsaufwendungen. Die Betreuung, auch wenn sie durch die Erwerbstätigkeit veranlasst sei, betreffe nicht die Erwerbsphäre, sondern die Privatsphäre der Steuerpflichtigen. Die Einkünfte und Bezüge des Kindes M würden auch nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge den Grenzbetrag von 7.188,00 € übersteigen.

Mit Beschluss des - damals noch zuständigen - 4. Senats des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. August 2005 ist auf Antrag der ...

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