Entscheidungsstichwort (Thema)

Unangemessenheit einer Gesamtgestaltung bei steuerlicher Zulässigkeit der einzelnen Gestaltungselemente

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Vermeidung der Anwendung des § 17 EStG durch Übertragung von Anteilen an einer schweizerischen AG auf Kinder, der jahrelange Verzicht auf Gewinnausschüttungen bei gleichzeitiger Gewährung von Darlehen an die Gesellschafter und der Verkauf der Anteile an eine KG, an der die Gesellschafter ebenfalls beteiligt sind, vor der Vornahme einer Gesamtausschüttung (damit die KG anschließend eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung vornehmen kann) führt jedenfalls dann nicht zur Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs, wenn nicht erwiesen ist, dass die Gestaltung auf einem von Anfang an gefassten Gesamtplan beruht.

 

Normenkette

AO § 42; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 17 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.05.2003; Aktenzeichen IV R 54/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Übertragung schweizerischer Aktien eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO vorliegt.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Komplementär ist die J GmbH mit einer Einlage von Null DM; einziger Kommanditist ist A J mit einer Einlage von 100.000 DM. Gegenstand des Unternehmens ist der „Handel mit Fahrzeugen, geschäftsleitende Holding“. Die Klägerin hält mehrere Beteiligungen an Unternehmen der Landmaschinenbranche. Die in den Streitjahren erzielten Umsatzerlöse beruhen allein auf der Vermietung von Grundbesitz; ein aktives Handelsgeschäft wurde nicht betrieben.

Mit Kaufvertrag vom 3. April 1995 erwarb die Klägerin Aktien an der W AG, ... (Schweiz), wie folgt:

von

Anteile

Kaufpreis in CHF

A J (A.J.)

14

350.000

M J

2

45.000

S J-H

2

45.000

S J-E

2

45.000

gesamt:

20

485.000

Die Kaufpreise wurden teilweise entrichtet, indem die Klägerin die Darlehensverbindlichkeiten des A. J. gegenüber der W AG übernahm. Im Übrigen gewährten die Verkäufer der Klägerin Darlehensforderungen (A. J. in Höhe von 55.710,72 DM; die anderen Verkäufer in Höhe von je 54.666,00 DM).

Der Erwerb entsprach einem Drittel der gesamten Aktien der W AG. Am 15. April 1995 wurde die Klägerin in das Aktienregister der W AG eingetragen.

Gegenstand des Unternehmens der W AG war der Vertrieb elektronischer Orgeln. Deren Schwestergesellschaft W GmbH & Co. KG mit Sitz in H, die die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb elektronischer Orgeln zum Gegenstand hatte, fiel im Jahr 1992 in Konkurs. An der W GmbH & Co. KG war A. J. zu 1/3 als Kommanditist beteiligt. Die beiden weiteren zu je 1/3 beteiligten Kommanditisten hielten im gleichen Verhältnis die übrigen Anteile an der W AG. Im Wirtschaftsjahr 1992/93 stellte auch die W AG ihren aktiven Geschäftsbetrieb ein.

Die W AG hatte lt. Bilanz zum 28. Februar 1995 Darlehensforderungen an ihren Aktionär A. J. in Höhe von insgesamt 304.140 CHF (30.000 CHF bezeichnet als Darlehen I und 274.140 CHF bezeichnet als Darlehen II). Gegenüber den beiden weiteren Aktionären hatte sie Darlehensforderungen in gleicher Höhe.

In der Gesellschafterversammlung der W AG vom 3. Mai 1995 wurde die Ausschüttung einer „Superdividende“ in Höhe von insgesamt 1.450.000 CHF und deren Verrechnung mit den Darlehensforderungen an die Aktionäre beschlossen. Auf die Klägerin entfiel eine Bruttodividende in Höhe von 483.000 CHF (Nettodividende 386.4000 CHF zuzüglich erstattete schweizerische Verrechnungssteuer 96.600 CHF).

Die Dividendenforderung wurde in der Bilanz der Klägerin zum 31. Oktober 1995 mit 582.884,40 DM ausgewiesen, was dem Umrechnungskurs am Ausschüttungstag von 1,2068 DM entspricht.

Die Auszahlung der Dividende wurde wie folgt abgewickelt:

Wirtschaftsjahr

1994/95

Anspruch auf Nettodividende

466.307,52 DM

./. Verrechnung mit Darlehen an A. J.

369.469,27 DM

Restforderung

96.838,25 DM

1995/96

Restforderung

96.838,25 DM

./. 15 % einbehaltene Schweizer Steuer auf Dividende

87.432,66 DM

./. Zinsen W 1994/95 verrechnet mit Forderung

26.738,80 DM

./. Verrechnungskonto A. J.

12.683,83 DM

Verbindlichkeit

30.017,04 DM

Die übernommene schweizerische Steuer auf die Dividende von 15 %, die einbehalten wurde, wurde dem Verrechnungskonto des A. J. in voller Höher weiter belastet. Die schweizerische Verrechnungssteuer von 20 % (116.576,88 DM) wurde der Klägerin mit Wertstellung 15. Mai 1996 erstattet.

Der in der Bilanz der Klägerin zum 31. Oktober 1995 ausgewiesene Wert der Beteiligung an der W AG (20 Aktien) betrug nach Vornahme einer Teilwertabschreibung in Höhe von 506.041,21 DM 83.136,78 DM. Dabei wurde von einem Substanzwert pro Aktie von 3.515 CHF ausgegangen bei einem Umrechnungskurs von 118,26 DM pro 100 CHF.

In der Bilanz zum 31. Oktober 1996 wurde die Beteiligung auf 1,00 DM abgeschrieben. Dazu gab die Klägerin in ihrem Bilanzbericht folgende Erläuterung:

  • „Im Wirtschaftsjahr1994/95 wurde bereits eine Abwertung vorgenommen. Aufgrund einer nochmaligen Prüfung wurde der Bewertungsansatz neu ermittelt.

    Betrachtet man die Bilanz der W AG zum 29. Februar 1996, so ist festzustellen, dass in den erfassten Aktiva...

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