Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Umsatzsteuerpflicht von Kampfsportkursen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Umsätze aus dem Angebot von Kampfsportkursen sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei, wenn die private Kampfsportschule durch die zuständige Landesbehörde anerkannt ist im Sinne des Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL und die Kurse nicht der bloßen Freizeitgestaltung dienen, sondern Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die auch in Schulen und Hochschulen vermittelt werden.

2. Die Anerkennung einer Schule durch die zuständige Landesbehörde im Sinne des Art. 132 Abs. 1 lit. i MWStSystRL entfaltet insoweit indizielle Wirkung.

 

Normenkette

MWStSyStRL Art. 132 Abs. 1 lit.i; EWGRL 388/77 Art. 13; UStG § 4 Nr. 21a bb, § 19

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Umsätze aus dem Betrieb einer Kampfsportschule von der Umsatzsteuer befreit sind.

Der Kläger betreibt in G die Kampfsportschule "B". In den Streitjahren bot der Kläger folgende Lehrgangsinhalte/Kurse an (Bl. 68 d. PrA.):

  • Karate
  • Kickboxen
  • Brazilian Jiu Jitsu
  • Selbstverteidigung
  • Leitfaden für angehende Kampfsporttrainer
  • berufsvorbereitende Kurse für Fitness Fachleute und Sicherheitskräfte.

Bei der Kampfsportschule handelt es sich daneben um einen staatlich anerkannten Ausbildungsbetrieb (IHK) für Sport und Fitness Kaufmann/Kauffrau und Sport und Fitness Fachmann/Fachfrau. Hinsichtlich der einzelnen Lehrinhalte wird auf den Lehrplan der Kampfsportschule verwiesen (Bl. 68 ff. d. PrA.).

Im Rahmen der Kurse werden auch nicht alkoholische Getränke und die zwingend benötigte Kleidung zum Selbstkostenpreis während der Kursdauer angeboten bzw. verkauft (Bl. 20 d. PrA.).

Der Kläger erklärte in seinen Steuererklärungen die Umsätze zunächst zum allgemeinen Umsatzsteuersatz. Der Beklagte verarbeitete die Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2008 ohne Abweichung. Die Steuerfestsetzung erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 27. Oktober 2010 erteilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz eine Bescheinigung, ausweislich der die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

  • zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau
  • zum/zur Sport- und Fitnessfachmann/-frau
  • in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 26 d. PrA.). Die Bescheinigung wurde für den Zeitraum 1.1.2005 bis 31. Dezember 2010 erstellt.

Unter Vorlage der Bescheinigung der ADD beantragte der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2010, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 zu ändern (Bl. 1 d. USt-Akte, "Änderungsantrag"). Die berichtigten Jahresabschlüsse und die korrigierten Umsatzsteuererklärungen fügte er bei. In den berichtigten Umsatzsteuererklärungen erklärte er jeweils Umsätze zum allgemeinen Steuersatz und Vorsteuern in Höhe von 0 Euro.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. April 2010 den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 ab (Bl. 82 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Bescheinigung der ADD beschränke sich auf die dort genannten berufsvorbereitenden Maßnahmen. Der Kläger erziele jedoch überwiegend Umsätze, die nicht auf einen der dort genannten Berufe vorbereiteten, sondern vielmehr der Freizeitgestaltung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen dienten. Die Erlöse aus Lehrtätigkeit seien bereits als umsatzsteuerfreie Erlöse ausgewiesen. Es sei davon auszugehen, dass es sich hierbei um jene Umsätze handele, die von der ADD als steuerfrei bescheinigt worden seien.

Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein (Bl. 84 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Zur Begründung führte er aus, er biete nur Kurse mit mindestens zehn Lehrveranstaltungen an, die jeweils mit einem ordentlichen Abschluss endeten (Bl. 88 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Kurse seine keine Freizeitbeschäftigung bzw. Kinderbetreuung.

Am 1. März 2011 ergänzte die ADD ihre Bescheinigung dahingehend, dass neben den bereits mit Bescheinigung vom 27. Oktober 2010 genannten Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auch die zu Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 128 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag").

Mit Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 179 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a, aa UStG scheide aus, da es sich mangels Bescheinigung der Schulaufsichtsbehörde im Streitfall nicht um eine Ersatzschule i.S.d. der Vorschrift handele. Ebenso scheide eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG aus. Zwar liege eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vor, allerdings entbinde eine solche Bescheinigung die Finanzbehörde lediglich zu prüfen, ob die Leistungen des Unternehmers auf einen Beruf vorbereiten. Die Frage, ob e...

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