Revision eingelegt (BFH III R 2/15)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf eines Erlasses von Säumniszuschlägen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Erlass ist ein Verwaltungsakt, dessen Aufhebung sich nach den §§ 130, 131 AO richtet.

Da der Erlass den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis konstitutiv zum Erlöschen bringt, ist ein Widerruf nach § 131 AO selbst wenn Widerrufsgründe vorliegen nicht möglich, da der Widerruf nach § 131 Abs. 1 AO nur Wirkung für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit hat.

Möglich ist eine Aufhebung des Erlasses daher nur, wenn der durch den Erlass erloschene Anspruch rückwirkend wieder entsteht. Die Rücknahme eines (rechtswidrigen) Erlasses ist nur nach § 130 AO mit rückwirkender Kraft möglich, wenn die Voraussetzungen des § 130 AO vorliegen. Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 130 Abs. 2 AO ergibt sich, dass eine Rücknahme nur möglich ist, wenn eine der hierfür im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen gegeben ist.

 

Normenkette

AO §§ 130-131, 227, 240

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.03.2016; Aktenzeichen III R 2/15)

 

Tatbestand

Streitig ist der Erlass von Säumniszuschlägen.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger betreibt zusammen mit seinem Bruder die Firma V Transport OHG, deren Gesellschaftszweck der Betrieb eines Handelsgewerbes im Bereich der Güterbeförderung im Straßenverkehr ist. Die Klägerin ist bei der V OHG angestellt und bezieht aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem erzielt der Kläger als Schiffsführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Im Rahmen einer für die Jahre 2001 bis 2003 stattgefundenen Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass sehr hohe Einlagen ins Betriebsvermögen der OHG erfolgt sind, welche den Gesellschaftern jeweils zu gleichen Teilen gutgeschrieben wurden. Eine Steuerfahndungsprüfung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass als einzig mögliche Geldquelle für die ungeklärten Bareinlagen in das Betriebsvermögen die gewerbliche Schiffsführertätigkeit des Klägers in Betracht komme. Entsprechend hat der Beklagte für die Jahre 2002 bis 2005 geänderte Einkommensteuerbescheide erlassen, gegen die Einspruch eingelegt worden ist. Eine Begründung sollte nachgereicht werden (Bl. 1 f. Rb-Akte Bd. I - Schreiben vom 9. September 2008). Mit weiterem Schreiben vom 16. Oktober 2008 hat die damalige Bevollmächtigte um Stundung und Aussetzung der am 10. bzw. am 15. September 2008 fälligen Steuerbeträge gebeten (Bl. 10 Rb-Akte Bd. I).

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 lehnte der Beklagte die Aussetzung der Vollziehung ab, da die Einsprüche nicht begründet worden sind (Bl. 8 Rb-Akte I). Mit Schreiben vom 27. Oktober 2008 wiederholte die Steuerberaterin ihren Antrag auf Aussetzung und Stundung, die Begründung sollte wiederum nachgereicht werden (Bl. 11 Rb-Akte I). Aufgrund der Vollstreckbarkeit der Rückstände führte die Vollstreckungsstelle des Beklagten verschiedene Sachpfändungen durch, aufgrund derer am 25. November 2008 ein Gespräch an Amtsstelle mit der Steuerberaterin und Herrn S (rechtlicher Beistand) stattgefunden hat (Bl. 163 Vollstreckungsakten). In dem Vermerk ist ausgeführt, dass die gepfändeten Sachgegenstände bisher noch nicht verwertet seien und eine sofortige Verwertung auch nicht beabsichtigt sei, da dem Kläger noch Gelegenheit gegeben werden sollte, den Einspruch gegen die Ablehnung des AdV-Antrages zu begründen bzw. einen Antrag beim Finanzgericht einzureichen. Die Gegenstände sollten vorerst nur als Sicherungsmaßnahme dienen. Eine Verwertung dieser Gegenstände sollte dem Kläger vorher angedroht werden.

Mit Fax, das am 8. Dezember 2008 beim Beklagten eingegangen ist, wurde eine Einspruchsbegründung eingereicht. Als Herkunft der Gelder wurden Spielbankbesuche im grenznahen Ausland angegeben. Die Gewinne hieraus wurden in der Zeit von 1984 bis 1996 zwischen 1,8 Mio. und 2 Mio. DM geschätzt. Auf Wunsch der Klägerin habe der Kläger anlässlich der Eheschließung am 15. November 1996 seiner früheren Spielleidenschaft großteils ein Ende gesetzt. Weiterhin sei aus den beschlagnahmten Unterlagen ein Lottogewinn in Höhe von 10.000,-- € ersichtlich. Weitere Geldquellen seien Geschenke vom Patenonkel, Möbelverkauf, Verkauf von Briefmarken und Münzen sowie Hochzeitsgeschenke (Bl. 19 f. Rb-Akte Bd. I).

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 übersandte der Beklagte Aufstellungen der zu diesem Zeitpunkt ungeklärten Einlagen (Bl. 128 f. Rb-Akte I). Am 11. Mai 2010 fand ein Gespräch an Amtsstelle mit dem Prozessbevollmächtigten und Herrn S sowie dem Kläger statt, in dem u. a. erstmals Doppelbuchungen und weitere bisher nicht vorgetragene Möglichkeiten für die ungeklärten Einlagen vorgetragen wurden, die der Prozessbevollmächtigte vereinbarungsgemäß in Schriftsätzen für die Jahre 1998 bis 2001 vom 29. Mai 2010, eingegangen beim Beklagten am 21. Juni 2010 sowie für 2002 mit Schriftsatz vom 13. Juni 2010 zusammenfasste und anhand von Buchungsunterlagen und Kontoauszügen belegte (Bl. 29 f. Rb-Akte II). Dies führte dazu, dass der Beklag...

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