Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1994

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.03.2002; Aktenzeichen VI R 28/00)

 

Tenor

I. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 02. September 1996 wird die Einkommensteuer für 1994 durch Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1994 vom 25. März 1996 anderweitig festgesetzt. Die Berechnung wird dem Finanzamt übertragen (§ 100 Abs. 2 FGO).

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger für seine drei Kinder je 1/2 Kinderfreibetrag zu gewähren ist.

Der Kläger ist von Beruf Diplom-Ingenieur und erzielt aus seiner Tätigkeit bei der Firma … in … Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wurde im Streitjahr geschieden und lebt seit 1993 von seiner früheren Ehefrau getrennt. Für seine drei Kinder machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für 1994 je 1/2 Kinderfreibetrag geltend. Nach den vorgelegten Lohnabrechnungen wurden im Wege der Gehaltspfändung im Streitjahr von dem Kläger 9.362,07 DM an Unterhalt für seine Kinder gezahlt. Die geschiedene Ehefrau machte jeweils die vollen Kinderfreibeträge in ihrer Einkommensteuererklärung geltend, weil nach ihren Angaben der Kläger seiner Unterhaltsverpflichtung nicht oder nur zu einem unwesentlichen Teil nachgekommen sei. Auf Nachfrage des Beklagten legte der Kläger einen Beschluß in der Familiensache der damaligen Eheleute 3 F 78/94 EA. I vor, nach dem der Kläger mittels einstweiliger Anordnung ab 11. April 1994 monatlich 1.405,– DM Unterhalt für seine drei Kinder zahlen sollte (Bl. 21 Einkommensteuerakten).

Im Einkommensteuerbescheid vom 25. März 1996 hat der Beklagte die Kinderfreibeträge nicht berücksichtigt, da der Kläger seiner Unterhaltspflicht für 1994 nicht ausreichend nachgekommen sei.

Mit der Klage trägt der Kläger vor, daß für ihn ab dem 01. März 1994 eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber den drei Kindern in Höhe von monatlich 1.405,– DM bestanden habe. Somit habe er in 1994 für 10 Monate Unterhalt geschuldet, also insgesamt 14.050,– DM. Gezahlt habe er 12.129,83 DM. Wie sich aus nunmehr beigefügten Unterlagen ergebe, habe er im Juli 1994 3.151,– DM noch gezahlt, also insgesamt 12.129,83 DM. Die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen Kindern im Sinne von § 32 Abs. 6 Einkommensteuergesetz –EStG– richte sich nach bürgerlichem Recht. Die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt beginne materiell entsprechend § 1613 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –. Da er zur Zahlung von Unterhalt ab dem 01. März 1994 verpflichtet worden sei, sei er dieser Zahlungsverpflichtung im wesentlichen nachgekommen. Unzutreffend sei die Rechtsauffassung des Beklagten, nach der er bereits ab dem 01. Januar 1994 Unterhaltsleistungen habe erbringen müssen. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 1613 BGB könne Unterhalt für die Vergangenheit nur in bestimmten Ausnahmefällen gefordert werden, die hier nachweislich nicht vorgelegen hätten. Demzufolge habe der vom Kläger gezahlte Unterhalt auch nicht auf die Monate Januar und Februar mit angerechnet werden dürfen. Mit einer solchen Vorgehensweise würde die Regelung des § 1613 BGB unterwandert werden. Denn, wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 11. Dezember 1992 ausführe, habe sich der Gesetzgeber ausdrücklich dafür entschieden, daß bei Anwendung der Vorschrift des § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG der Zeitraum, für den der Unterhalt gezahlt werde, maßgeblich sein sollte.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 02. September 1996 den Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 25. März 1996 dahin zu ändern, daß ihm für seine drei Kinder je 1/2 Kinderfreibetrag gewährt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, daß der Unterhaltsanspruch gegenüber den Kindern als rechtliche Verpflichtung während des ganzen Jahres bestanden habe. Er entstehe nicht erst mit der Titulierung durch den Beschluß des Amtsgerichts … vom 30. Mai 1994. Deshalb komme die Gewährung der halben Kinderfreibeträge nicht in Betracht, da der Kläger weniger als 75 % der Unterhaltspflicht erfüllt habe. Für die Inanspruchnahme des Kinderfreibetrages, d.h. für die Frage, ob der Kläger der Unterhaltsverpflichtung im wesentlichen nachgekommen sei, komme es auf die abstrakte Erfüllung des Unterhaltsanspruches „für das Kalenderjahr” (= Gesetzeswortlaut) an und nicht darauf, ob der ab der gerichtlichen Geltendmachung festgesetzte Unterhaltsanspruch zu mehr als 75 % erfüllt worden sei. § 1613 BGB besage ausdrücklich, daß der Berechtigte „Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung” für die Vergangenheit nur unter bestimmten Voraussetzungen fordern könne. Die Vorschrift besage gerade nicht, daß die Unterhaltsverpflichtung für die Vergangenheit wegfalle.

Mit Beschluß vom 12. Mai 1997 ist die frühere Ehefrau des Klägers, Frau … dem Verfahren beigeladen worden.

Die Parteien haben...

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