Entscheidungsstichwort (Thema)

GmbH-Beteiligung als notwendiges / gewillkürtes Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens: Bilanzielle Fortführung einer von einem Betriebsprüfer vorgenommenen (irrtümlichen) Aktivierung eines Wirtschaftsgutes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Behandlung einer GmbH-Beteiligung eines Einzelunternehmens als gewillkürtes Betriebsvermögen spricht - auch dann wenn dies auf einem offensichtlich falschen Ansatz eines Betriebsprüfers erfolgt - dass das Unternehmen die GmbH-Beteiligung auch nach einem von einer Betriebsprüfung umfassten Zeitraum in der Bilanz als Betriebsvermögen ausweist (entgegen BFH I R 143/66 vom 2.7.1969).

2. Stellt ein Einzelunternehmer seine bei einer GmbH bestehende Machtstellung in den Dienst seines Einzelunternehmens, rechtfertigt dies bereits die Qualifikation der Beteiligung an der GmbH als notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens.

3. Zur weiteren Prüfung, ob und inwieweit die Dauer der betrieblichen Förderung, das Vorhandensein eines eigenen Geschäftsbetriebs und die Intention beim Beteiligungserwerb Einfluss auf eine GmbH-Beteiligung als Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens haben und inwiefern einem Gericht die Befugnis zusteht, für die Ermittlung eines Entnahmewertes von einem Gutachten abzuweichen.

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.06.2019; Aktenzeichen X R 38/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und in welcher Höhe im Streitjahr 2010 in der Einzelfirma des Klägers ein steuerpflichtiger Entnahmegewinn entstanden ist. In diesem Zusammenhang besteht Streit zwischen den Beteiligten, ob sich Anteile der Kläger GmbH (im Folgenden: GmbH) zuvor im Betriebsvermögen der Einzelfirma des Klägers befunden haben.

Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

An der GmbH waren im Streitjahr zunächst der Kläger und die Klägerin zu je 45%, die gemeinsame Tochter C zu 10% beteiligt. Mit notariellem Vertrag vom 15.10.2010 übertrug der Kläger seine GmbH-Anteile im Rahmen einer Schenkung an seine Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder C und D.

Nach einer Betriebsprüfung (vgl. den BP-Bericht vom 27.11.2012) erließ das Finanzamt am 11.02.2013 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 sowie einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 2010. Den bislang bestehenden Vorbehalt der Nachprüfung hob es jeweils auf.

Den Feststellungen der Betriebsprüfung, denen sich das Finanzamt angeschlossen hatte, lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Firma E1 e.K., die zu einem späteren Zeitpunkt in Fa. E e.K. umbenannt wurde, hatte der Kläger im Jahre 2003 gegründet. Als Geschäftszweck hatte er bei der Gewerbeanmeldung den Handel und den Versand von elektrischen Geräten angegeben.

Die Gründung des Einzelunternehmens E e.K. war insbesondere erfolgt, da der Einkaufsverband (F), dem die GmbH seinerzeit angehörte, einen Online-Handel nicht duldete. Ein neuer Einkaufsverband wurde im Sommer 2004 in Gestalt der Einkaufsgenossenschaft G e.G. gefunden. G hatte Kenntnis, dass E e.K. im Internetgeschäft tätig war und dort große Posten umsetzte. E e.K. wurde von G direkt beliefert.

Bis zur Fertigstellung der Lagerhallen im Juli 2004 erhielt E e.K. erhebliche Unterstützungsleistungen (Raumnutzung, Personalüberlassung, Warenbelieferung) durch die GmbH. Mangels eines in sich abgeschlossenen Arbeitsbereiches konnte E e.K. bis zu diesem Zeitpunkt weder Personal einstellen noch ihre Artikel abgesondert lagern.

So lieferte die GmbH im Jahr 2003 an E e.K. Waren, für die sie keinen Gewinnaufschlag vornahm; das Finanzamt nahm insofern eine vGA an. Erst ab 2004 wurde in der Regel ein Rohgewinnaufschlagsatz von 5% für die zwischenbetrieblichen Lieferungen berechnet.

Der von der GmbH gegründete Onlineshop „Z“ wurde von E e.K. unentgeltlich übernommen und fortgeführt.

Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt verwendete E e.K. den Namen der GmbH einmal für Werbezwecke (Lagerverkauf).

Die GmbH gewährte E e.K. auch ein ungesichertes Darlehen, das mit 5% verzinst wurde. So wies E e.K. gegenüber der GmbH zum 31.12.2004 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von über 1 Mio. € und sonstige Verbindlichkeiten (Verrechnungskonto GmbH) in Höhe von ca. 80 T€ aus.

Im Rahmen der für die Jahre 2003-2006 durchgeführten Vor-Betriebsprüfung (vgl. Prüfungsbericht vom 05.12.2008) hatte der Betriebsprüfer folgende Feststellungen getroffen:

„Zwischen dem Einzelunternehmen E und der […] GmbH bestanden intensive Geschäftsbeziehungen. Bis Juli 2004 wurden 95% des Wareneinkaufs der E über die […] GmbH bezogen. Der Aufbau des Geschäftsmodell[s] der E (Internet-Versandhandel) wurde in den Jahren vor Gründung des Einzelunternehmens von der […] GmbH vorbereitet. Für Lagerverkäufe der E wurde die eingeführte Firma der […] GmbH (unzutreffend) für Werbezwecke verwendet.

Weiterhin bestehen Kreditbeziehungen und wechselseitige Personalgestellungen zwischen den beiden Unternehmen. Im Zeitraum vor Fertigstellung des Hallenneubaus erfolgte der Warenversand und die Bestellabwicklung...

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