Entscheidungsstichwort (Thema)

Wesentlichkeit einer Betriebserweiterung i.S.d. § 269 HGB - Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 7 g EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Nicht jede Erweiterung des Geschäftsbetriebs kann eine Aktivierung der Aufwendungen nach § 269 HGB rechtfertigen. Die Anschaffung und das Betreiben einer Fotovoltaikanlage stellt jedenfalls dann keine wesentliche Betriebserweiterung dar, sofern die hiermit erzielten Umsätze 10 % der Gesamtumsätze des bisherigen Gewerbebetriebes nicht übersteigen.

 

Normenkette

EStG § 7g; HGB § 269

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.09.2010; Aktenzeichen X R 21/08)

BFH (Urteil vom 15.09.2010; Aktenzeichen X R 21/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 7 g EStG vorliegen.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt seit 1990 ein Elektroinstallationsunternehmen in 1.

Für 2004 ermittelte er seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG mit 22.699 €. Dabei stellte er u.a. eine Rücklage nach § 7 g EStG in Höhe von 32.000 € für die Anschaffung einer Fotovoltaikanlage (40 % von 80.000 €) gewinnmindernd ein.

Die Stromeinspeisung wurde ihm am 23.07.2004 von dem VERSORGUNGSUNTERNEHMEN genehmigt. Er fragte bei der A am 02.03.2005 wegen eines Angebots an und bestellte die Anlage mit einer Leistung von 19.440 Wattpeak dort am 02.05.2005. Die Fotovoltaikanlage wurde bis Juni 2005 geliefert und vom Kläger installiert. Die Anschaffungskosten betrugen 80.135,99 €.

Die wirtschaftlichen Umsätze des Unternehmens entwickelten sich wie folgt:

Umsatz

2002

127.040

2003

110.042

2004

177.375

2005

188.443

Im Jahr 2005 verkaufte und installierte er bei Kunden zwei Fotovoltaikanlagen für insgesamt 104.565 €. Für den eingespeisten Strom aus seiner Anlage erhielt er 2005 3.719 € und 2006 10.224 € vergütet.

Das Finanzamt erkannte die Rücklage im Bescheid vom 26.04.2006 nicht an, da eine wesentliche Erweiterung des bestehenden Betriebes vorliege, denn es werde ein neuer Geschäftszweig eröffnet bzw. es werde die Produktpalette um ein verschiedenartiges Produkt (Stromerzeugung) erweitert. Es erhöhte den Gewinn 2004 auf 54.699 €. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Die Kläger haben Klage erhoben und vorgetragen, dass die Prognose des künftigen Investitionsverhaltens am Ende des Wirtschaftsjahres konkretisiert gewesen sei. Einer verbindlichen Bestellung zu diesem Zeitpunkt bedürfe es nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Die Rechtsprechung habe dieses einengende Kriterium nur für eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte "Besteuerung nach Wahl" eingeführt, sofern die Rücklage gleichsam "ins Blaue hinein" gebildet werde. Im Streitfall sei die Ernsthaftigkeit der Investition durch Einholung von Angeboten und Verhandlungen mit Herstellerfirmen dokumentiert; insbesondere sei ein Stromeinspeisungsvertrag mit dem VERSORGUNGSUNTERNEHMEN geschlossen worden. Es gehe hier nicht um die ungerechtfertigte Inanspruchnahme einer steuerlichen Förderung, wie in den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen zu Investitionsvorhaben, die in keinem Verhältnis zu den bestehenden Betrieben gestanden hätten und die letztlich auch nicht im Investitionszeitraum verwirklicht worden seien. Das "Stromkraftwerk" des Klägers sei nicht wegen der möglichen Umsätze aus Stromerzeugung, die allenfalls 5-10 % des Gesamtumsatzes betragen würden, errichtet worden, sondern zur Sicherung des Elektroinstallationsunternehmens durch Verkauf und Installation einer zukunftsträchtigen Technologie.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger noch vorgetragen, dass es ihm 2005 gelungen sei, zwei Fotovoltaikanlagen zu verkaufen und zu installieren; hierfür seien ca. 80.000 € und 22.000 € erlöst worden.

  • Die Kläger haben beantragt, den Einkommensteuerbescheid vom 26.04.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2007 dahin zu ändern, dass die beantragte Rücklage nach § 7 g Abs. 3 und 6 EStG in Höhe von 32.000 € gewinnmindernd berücksichtigt wird.

    Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat es vorgetragen, dass die Fotovoltaikanlage die wesentliche Betriebsgrundlage für die neue, bisher nicht ausgeübte gewerbliche Tätigkeit der Stromerzeugung darstelle und deshalb eine wesentliche Betriebserweiterung nach der Definition der BFH-Rechtsprechung und dem BMF-Schreibens vom 16.11.2004 vorliege. Für diesen Fall sei jedoch eine verbindliche Bestellung am Ende des Wirtschaftsjahres zu fordern. Das Verhältnis der Umsätze sei unerheblich, da sich die Anlage aus den garantierten Stromverkaufseinnahmen amortisiere.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Investitionsabsicht für die Fotovoltaikanlage war am 31.12.2004 hinreichend konkretisiert.

Nach § 7 g Abs. 3 bis 5 EStG in der im Streitjahr 2004 geltenden Fassung können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Anspa...

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